Martina Neeck ist sauer. Sonntagmorgen um 10.17 Uhr macht die Kundin sich auf der Facebook-Seite des Möbelhändlers Roller so richtig Luft.
Seit Monaten warte sie auf fehlende Teile für die beim Discount-Dickschiff gekaufte Vitrine. Der Service sei miserabel, hämmert sie in Großbuchstaben in die Tastatur. Keine Stunde später bietet ein Mitarbeiter in ruhigen Antworten Hilfe an.
Tessa Tessner, Geschäftsführerin beim Gelsenkirchener Möbelhändler Roller, schätzt soziale Netzwerke. Dass Facebook-Fans dort auch Ärger loswerden, hilft der für Marketing und E-Commerce zuständigen Managerin, „herauszufinden, wo wir was verbessern müssen“. Das wird dann auch geregelt. Und auf Wunsch der Chefin: Aber zackig.
Tessner, blond, schlank, sportlich, sanfte Stimme, starker Wille, arbeitet seit zehn Jahren im vom Vater Hans-Joachim aufgebauten Unternehmen. Offiziell ist der 70-Jährige bei Roller nicht mehr präsent. Er hält allerdings noch die Mehrheit an der Tessner Holding KG, zu der neben dem Möbelgeschäft auch Immobilien sowie Land- und Forstwirtschaft gehören.
Tochter Tessa und ihre Schwester Anke besitzen am Konglomerat jeweils Anteile „im zweistelligen Bereich“. Anke zog sich vom Unternehmen operativ zurück, Tessa stieg nach dem Studium ein und blieb.
Der Auftrag an die Betriebswirtin ist klar umrissen: online Marktanteile sichern. Roller gehört zu den preisaggressiven Möbelmarktketten in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2012/13 setzte das Unternehmen mit rund 5.000 Mitarbeitern 1,3 Milliarden Euro um. Hinter Platzhirsch Ikea ringt Roller vor allem mit den Konkurrenten Höffner und XXXLutz um Kunden. Rollers Online-Handel wächst beständig, schätzungsweise fünf Prozent vom Gesamtumsatz sind es heute, deutlich mehr als zehn Prozent sollen es werden. Zugleich fräst sich der Aldi der Möbelbranche auch stationär weiter durchs Land: Von 112 Filialen will Roller schnellstmöglich auf 160 Läden aufstocken.
Für Tessner sind Laden und Internet kein Widerspruch: „Wir betreiben seit zehn Jahren Online-Handel, bei uns kann man auf allen Wegen bestellen, liefern lassen oder abholen. Die Dichte des Niederlassungsnetzes hilft uns bei der Logistik“. Solche Themen diskutiert sie auch mit ihrem Vater. „Bei Familientreffen sitzt die Firma mit am Tisch“, sagt Tessner. Unternehmerkinder kennen es von klein auf nicht anders.
Tessner schätzt ihr karrieredominiertes Leben, auch wenn das Privatleben leidet. In ihrer Freizeit joggt sie gern mit ihrer Cockerspaniel-Münsterländer-Mischung Blacky, gerettet aus einem spanischem Tierheim. Auch beim Sport sei ihr Motto: „Es gibt keine Wunder. Nur hartes Training.“