An diesem Vormittag gibt es Streit. Boris Voelkel will 20 Tonnen Mirabellen kaufen, weil der Bauer sonst auf den Früchten sitzen bleibt. Sein Bruder Jacob möchte nur zehn Tonnen kaufen – so viele, wie die Firma tatsächlich benötigt. Boris leitet den Einkauf, Jacob die Produktion. Zwei der vier Brüder, die Deutschlands größten Biosafthersteller eines Tages übernehmen sollen. Wenn das mal gut geht.
Streit unter Firmenlenkern ist so eine Sache: Reibereien können das Unternehmen ins Schlingern bringen oder lähmen. Sie können aber auch Energie und Fortschritt erzeugen. Bei den Voelkel-Brüdern scheint Letzteres der Fall zu sein. Die angehenden Unternehmenserben haben ein Modell gefunden, aus ihren Unterschieden Energie zu ziehen und der Mission der Gründer treu zu bleiben.
Margret und Karl Voelkel, die Urgroßeltern der vier, wollten den Bauern im Wendland helfen, ihre Äpfel loszuwerden. Deshalb fuhren sie mit einer Saftpresse von Dorf zu Dorf. 1936 war das, und im 700-Einwohner-Dörfchen Höhbeck ging man nicht davon aus, dass die ortsansässige Safterei ein bundesweit bekanntes Unternehmen werden würde; dass bio nicht nur ein Kennzeichen bestimmter Produkte sein, sondern auch für einen Lebensstil stehen würde. Und dass die Kunden ein feines Gespür haben für jene Unternehmen, die diesen Stil nur imitieren, und jenen, die ihn tatsächlich leben.
Voelkel schaffte es über die Jahrzehnte, alle Konkurrenten hinter sich zu lassen. Der Familienbetrieb macht etwa 50 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Nun gilt es, dieses Unternehmen in die nächste Generation zu überführen und ein paar Widersprüche zwischen den Erben aufzulösen: Soll man idealistisch oder pragmatisch sein? Prinzipientreu oder effizient? Und welche Unternehmensform hilft bei der Antwort auf diese Fragen?
Obstanbau nach Mondphasen
Jacob Voelkel trinkt gerne Espresso. Auf seinem großen Schreibtisch steht ein Macbook Air, seine blonden Haare sind gegelt. Er sagt Sätze, die auch Manager jedes börsennotierten Konzerns sagen würden: „Die Implementierung moderner Managementsysteme war wichtig für uns.“ Oder dass nun Prozesse optimiert und Produktionskapazitäten erweitert werden würden.
Die Top 10 der Weltmarktführer im deutschen Mittelstand
Peri
Branche: Schalungen / Gerüste
Marken-Performance*: 54,9
Unternehmens-Performance*: 68,2
Gesamt-Performance²: 123,1
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Kaeser
Branche: Kompressoren
Marken-Performance*: 61,9
Unternehmens-Performance*: 63,1
Gesamt-Performance²:124,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Duravit
Branche: Badausstattung
Marken-Performance*: 65,0
Unternehmens-Performance*: 61,9
Gesamt-Performance²: 126,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Haver & Boecker
Branche: Drahtweberei / Maschinenbau
Marken-Performance*: 68,7
Unternehmens-Performance*: 60,6
Gesamt-Performance²: 129,3
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Grimme Landmaschinenfabrik
Branche: Landmaschinen
Marken-Performance*: 66,6
Unternehmens-Performance*: 64,6
Gesamt-Performance²:131,2
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Windmöller & Hölscher
Branche: Verpackungsmaschinen
Marken-Performance*: 72,7
Unternehmens-Performance*: 61,3
Gesamt-Performance²:134,0
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Delo
Branche: Industrieklebstoffe
Marken-Performance*: 69,2
Unternehmens-Performance*: 68,6
Gesamt-Performance²: 137,7
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Lürssen Maritime Beteiligungen
Branche: Schiffbau
Marken-Performance*: 74,7
Unternehmens-Performance*: 64,2
Gesamt-Performance²: 138,9
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Otto Bock
Branche: Prothesen
Marken-Performance*: 70,7
Unternehmens-Performance*: 73,1
Gesamt-Performance²: 143,8
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Herrenknecht
Branche: Tunnelbohrmaschinen
Marken-Performance*: 72,8
Unternehmens-Performance*: 76,6
Gesamt-Performance²: 149,4
* maximal 100 Punkte; ² maximal 200 Punkte; Quelle: Biesalski & Company
Sein Bruder Boris ist für den Einkauf der Früchte zuständig. In der Rohwarenhalle stehen mehrere Paletten, auf denen Kartons voller Zitronen gestapelt sind. Sie stammen aus einem Projekt in Südafrika, das den Einheimischen Arbeit und Geld bringen soll. Während sein Bruder stets von technischen Parametern spricht, steht für ihn der humanitäre Zweck von Voelkel im Mittelpunkt.
Deshalb entscheidet er sich immer für Früchte aus anthroposophischem Anbau, also angebaut nach der Lehre des Waldorf-Pädagogen Rudolf Steiner. Die Vorgaben sind deutlich strenger als bei der reinen Biozertifizierung. Die Landwirte wollen die Bodenfruchtbarkeit steigern, orientieren sich an Mondphasen oder verwenden Kräuterpräparate. Für die einen ist das High-End-Bio, für die anderen Hokuspokus. Unstrittig ist nur: Die entsprechenden Produkte sind teurer als konventionelle Ware.