Musk hat Tesla groß gemacht. Doch seine jüngsten Eskapaden gefährden auch den Börsenerfolg des E-Auto-Pioniers (AP Photo/Jae C. Hong, File) Quelle: AP

BörsenWoche Editorial Kommt die Tesla-Dämmerung?

Elon Musk agiert zunehmend unkontrolliert – wie die Posse um seinen Twitter-Kauf zeigt. Das gefährdet auch den Börsenerfolg seiner größten unternehmerischen Leistung: Tesla.

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Als Elon Musk im April ankündigte, Twitter zu kaufen, habe ich im BörsenWoche-Podcast darauf hingewiesen, dass der Ausgang dieser Posse völlig unklar ist und deshalb tunlichst davon abzuraten, in irgendeiner Form darauf zu setzen.

Tatsächlich hat Musk sein Angebot seither einmal auf Eis gelegt und den Twitter-Aktienkurs abstürzen lassen. Nur um vergangene Woche, als der Fall vor Gericht verhandelt zu werden drohte, sein ursprüngliches Angebot wieder hervorzukramen und so den Kurs gen Norden zu schicken.

Ich prognostiziere mal: Das letzte Wort in der Sache ist nicht gesprochen, die Aktie wird auf absehbare Zeit unberechenbar und nicht investierbar bleiben.

Ein Milliardär übt Weltpolitik

Musk war aber vergangene Woche nicht nur in Sachen Twitter aktiv, sondern machte nebenbei auch ein wenig Weltpolitik. Der Milliardär unterbreitete eben auf Twitter einen Vorschlag für einen Frieden in der Ukraine, der in Russland viel und in der Ukraine wenig Anklang fand.

Er sah unter anderem vor, in den von Russland überfallenen Gebieten in der Ostukraine Referenden abhalten zu lassen über einen Beitritt zur russischen Föderation, nur diesmal echte, unter UN-Aufsicht. Musks Vorschlag erntete reichlich Kritik – und zeigt ein zentrales Problem des Phänomens Musk: seine Hybris.

Anders als mit Hybris ist kaum zu erklären, dass jemand, der bisher nicht als Experte für Russland oder die Ukraine aufgefallen war, glaubt, er könne vom fernen Kalifornien aus mit ein paar Zeilen einen Friedensplan für diesen komplizierten Krieg entwerfen. Dass Musk mit seinen Äußerungen die Unterstützung des Westens für die Ukraine unterminiert und Russland in die Hände spielt, tut ein Übriges.

Der Tesla-Chef agiert seit einigen Jahren zunehmend erratisch, scheint sich in vielen Fragen zu radikalisieren. Den kanadischen Premier Justin Trudeau etwa verglich er wegen seiner Anti-Corona-Maßnahmen mit Adolf Hitler. Vor diesem Hintergrund ist auch sein Twitter-Kauf zu sehen. Dem Netzwerk hatte Musk vorgeworfen, die freie Meinungsäußerung zu behindern, weil es gegen Hassbotschaften und Falschinformationen vorgegangen ist. Musk dagegen will alles erlauben: radikal eben.

Das sollte Tesla-Aktionäre beunruhigen. Ein Chef, der sich so aufführt, schadet dem Ansehen seiner Firma bei potenziellen Kunden. Zweitens stellt sich die Frage, wie viel Zeit Musks Nebentätigkeiten ihm für seine Rolle als Tesla-Chef lassen.

Dort wäre er eigentlich mehr als ausgelastet. Tesla plagen Probleme, von der Qualität über wachsende Konkurrenz bis hin zum autonomen Fahren. Seit Jahren sollten völlig selbst fahrende Teslas Realität sein. Das hat Musk immer wieder versprochen – und das Feature sogar verkauft. Allein: Es funktioniert nicht. Dabei ist das selbstfahrende Auto ein Grund dafür, dass Tesla an der Börse viel höher bewertet wird als alle anderen großen Autohersteller und noch immer gut 750 Milliarden Euro schwer ist.

Noch kann Musk darauf zählen, dass unter Kunden und Aktionären viele Fans sind. Das aber wird auf Dauer nicht reichen. Mich würde nicht wundern, wenn Tesla an der Börse seine beste Zeit hinter sich hat – zumindest in der jetzigen Form: mit dem Alleinherrscher Musk.

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