Mehr Erfolg mit Englisch
Quelle: imago images

Das können wir von Prinz Harrys Biografie „Spare“ für unser Englisch lernen!

Als Buch wurde „Spare“ aus dem Stand ein Weltbestseller, als englisches Wort ist „spare“ ziemlich kurios. Wie man es im englischsprachigen Alltag benutzt – und damit besser punktet als der Prinz. Eine Kolumne.

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Längst haben die einen genug vom Hype um Prinz Harry und sein Buch. Ihr Fazit: Spare me! Oder Spare us! – Lass mich/uns in Ruhe!

Die anderen, die nicht genug kriegen können aus dem Leben des frustrierten Königssohns, haben hingegen Grund zur Freude: For Harry didn’t spare any detail/he did not spare on details – weil er nicht mit Einzelheiten gespart hat.

Dabei ist die Veröffentlichung der Autobiografie „Spare“ gleich aus mehreren Gründen bemerkenswert – auch in dieser Kolumne und auch auf diesem Kanal, von dem ich annehmen möchte, dass ihn Menschen nutzen, die sich weniger für Gossip und mehr für Hard Facts interessieren.

Da ist zunächst die Sensation, dass von keinem anderen Sachbuch jemals mehr Exemplare am ersten Tag verkauft worden sind. Von der englischsprachigen Ausgabe alleine seien es mehr als 1,43 Millionen Exemplare gewesen, hat der Penguin Verlag in New York gemeldet. Er gehört übrigens dem deutschen Bertelsmann Konzern aus Gütersloh, wo man sich bestimmt königlich freut.

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Mit den vielen Ausgaben in anderen Sprachen dürfte der Absatz eines einzigen Tages ausgereicht haben, um den üppigen Vorschuss einzuspielen, den Autor Harry Windsor-Mountbatten und sein Ghostwriter John Moehringer erhalten haben. Kolportiert wurde eine Summe von rund 30 Millionen Dollar. (Der Prinz soll außerdem eine weitere, zweistellige Millionensumme für drei weitere Bücher erhalten haben.)

Dass man „Tantiemen“ auf Englisch royalties nennt, lädt zu einem Wortspiel ein, das ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen kann. Was sonst sollte einem Autoren zustehen, der Spross eines Königshauses ist – und wie kein anderer als Personifizierung von Royalty durchgeht?

Neben den außergewöhnlichen wirtschaftlichen Seiten des Buchs ist auch sein Titel eine Erwähnung wert. Das liegt daran, dass spare ein kurioses und kompliziertes englisches Wort ist. Das beginnt schon damit, dass es als Hauptwort, als Verb und als Adjektiv Verwendung finden kann. Zum Beispiel:

  1. The spare – der Ersatz oder die Reserve (für etwas)
  2. to spare something/someone – etwas (übrig) haben, leihen oder geben/jemanden verschonen
  3. spare key/cash/parts – Zweitschlüssel/Ersatzteile/verfügbares Geld

Dabei ist vor allem mit dem Verb to spare Vorsicht geboten. Das liegt daran, dass es zwei nahezu gegenteilige Bedeutungen hat, die ebenso freundlich und kollegial wie unfreundlich und feindlich aufgefasst werden können. In der alltäglichen Kommunikation führt es deshalb leicht zu Missverständnissen.

Da sind zunächst die gängigen Fragen nach etwas (niemals viel!) Zeit oder Geld:

Can you spare (me) a moment/minute – Hast du/haben sie einen Moment oder eine Minute (für mich)?
Can you spare (me) some time – hast du/haben sie ein bisschen Zeit?
Can you spare (me) a chewing gum – hast du/haben Sie ein Kaugummi (für mich)?
Can you spare some money/cash (for the office party) – Hast du/haben sie ein bisschen Geld/Kleingeld (für die Betriebsfeier)?

Wer die Frage beantworten will, vermeidet meistens to spare und sagt: Yes, I have a minute/some time/a chewing gum/spare cash (als Adjektiv).

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Generell gilt, dass wir uns nicht dazu verleiten lassen, spare wie das deutsche „sparen“ oder „einsparen“ zu verstehen und zu verwenden. Dennoch kann es „ersparen“ bedeuten, im Sinne von „verschonen“:

Spare me your (false) sympathy/pity/compassion! – Erspare mir Dein/verschon mich mit Deinem (falschen) Beileid/Mitleid/Mitgefühl! Dasselbe gilt für Entschuldigungen, Arschkriecherei, schlechten Geschmack, von fettem Essen, trockenem Brot oder kalten Kaffee ganz zu schweigen: Spare me your excuses/sycophancy/bad taste/ stale bread/cold coffee/greasy food …!

Ein anderer Zusammenhang, in dem to spare oft fällt, sind alles Arten von Personalmaßnahmen, egal ob schön, unschön oder schrecklich:
Many employees were sacked/made redundant but Peter was spared – vielen Angestellten wurde gekündigt, aber Peter wurde verschont.
Peter’s wasn’t spared disciplinary action – Peter wurde nicht vom Disziplinarverfahren verschont.
Many boys were drafted and Peter’s son was not spared – viele Jungen wurden zum Militärdienst eingezogen, auch Peters Sohn.

Kurz gesagt: Der Reiz des englischen Wortes spare besteht in einer gewissen Vielseitigkeit. Da sie sich oft nur aus dem Zusammenhang erschließt, setzt sie im Umgang mit englischsprachigen Colleagues immer auch Vorsicht voraus.

Dem Buchtitel „Spare“ wohnt unterdessen eine weitere Ambivalenz inne. Während er von den meisten Menschen als Ausdruck für die Rolle des Protagonisten in der britischen Thronfolge verstanden wird – weshalb er vom Verlag als „Reserve“ übersetzt worden ist –, hat er noch eine zweite Bedeutung, die sich an seinen Vater richtet, den heutigen König. Sie geht zurück auf eine alte Regel in aristokratischen Familien, die ohne Nachfahren aussterben würden: One heir and one to spare!

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Da dieser Imperativ selbstverständlich nicht für Babies gelten kann, richtet er sich an den Stammhalter der Familie, der eine ordentliche Ehe wenigstens zu dem einen Zweck führen muss, einen legitimen Erben (oder eine Erbin) – the heir – zu zeugen. Außerdem ist ein Ersatzerbe wünschenswert – one heir to spare. Oder auch: the spare heir.

Erst wenn diese Aufgaben erfüllt sind, ist es den unglücklichen Eheleuten gestattet, das zu machen, was sie wollen. War Prinz William, der Erstgeborene von Charles und Diana, hinreichend, um die Thronfolge zu sichern, bildete die Geburt von Henry Charles Albert David im Jahr 1984 die notwendige Bedingung für das private Glück. Während eine Thronfolge unwahrscheinlich geworden ist, hat seine Funktion als Spare die Ehe von Charles und Camilla – der heutigen Queen Consort – erst möglich gemacht.

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Aus diesem Grund hat das Buch etwas besseres als den ziemlich blutleeren und nach Militär klingenden Titel „Reserve“ verdient. Keine Frage: Der Anglizismus „Spare“ wäre auf einem deutschsprachigen Buchdeckel auch ungeeignet, weil er nach „Sparmarkt“ oder „Sparschwein“ klingt. Ich hätte deshalb den Titel Darling Boy gewählt: Charles’ tatsächlicher Kosename für den kräftig von seinem Schicksal geplagten Königssohn. Dass er sich überhaupt nicht wie ein Darling behandelt fühlt, ist immerhin eine Erklärung, warum er auf 400 Seiten Dampf ablässt – why he went spare!


Unser Kolumnist ist unter anderem Autor des Bestsellers „Hello in the Round! Der Trouble mit unserem Englisch und wie man ihn shootet“. Das Buch ist bei C.H. Beck erschienen

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