10 Jahre Lehman, 10 Indikatoren So groß ist die Gefahr einer neuen Finanzkrise

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Die Banker-Boni in den USA explodieren wieder

8. Zinsen

Auch das Verhältnis von Kurzfrist- zu Langfristzinsen kann einen Hinweis darauf geben, ob eine erneute Krise ansteht. Normalerweise sind die Renditen für Langläufer höher, da bei ihnen auch das Risiko für die Anleger höher ist, etwa wegen möglicher Kapitalverluste durch Inflation. Wenn aber Anleger einen Konjunktureinbruch befürchten, ihr Geld daher vermehrt in langfristige Zinspapiere stecken und deren Renditen drücken, kann eine sogenannte „inverse“ Zinsstruktur entstehen. Dabei liegen dann die Kurzfristzinsen über den Langfristzinsen. Wirtschaftshistorisch war dies oft ein Frühindikator für Rezessionen.

Nach einem kräftigen Anstieg von Mitte 2016 bis Anfang 2018 stagnieren die Renditen von zehnjährigen US-Staatsanleihen. Die Kurzfristzinsen hingegen steigen an, vor allem wegen der Leitzinserhöhungen der amerikanischen Zentralbank Fed. Das heißt: Die Zinsdifferenz schrumpft und liegt aktuell nur noch bei etwa 0,25 Punkten. Geht der der Trend weiter, könnte sich die Zinsstruktur also bald umkehren.

Krisenfaktor: Mittel, abhängig davon, wie schnell die Zinsen anziehen und wie sich die Konjunkturerwartungen entwickeln.

9. Schulden in Dollar

In den Schwellenländern haben sich vor allem die Unternehmen stark in Dollar verschuldet, weil die Zinsen in den USA lange niedrig waren. Jetzt sind sie einem Zins- und einem Wechselkursrisiko ausgesetzt. Weil die US-Notenbank die Zinsen erhöht, ziehen immer mehr Anleger ihr Geld aus den Schwellenländern ab und legen es in den USA an. Das drückt den Wechselkurs der Schwellenländerwährungen gegenüber dem Dollar nach unten. Viele Unternehmen geraten daher in Schwierigkeiten, weil sie für die Bedienung ihrer Dollarkredite immer mehr eigene Währungseinheiten aufwenden müssen.

Die Folge könnten Insolvenzwellen sein, die die Kreditgeber, darunter auch Institute aus den Industrieländern, in Schwierigkeiten bringen. Manche Teilnehmer an den Finanzmärkten fürchten daher, dass die Schwellenländer zum Auslöser einer neuen Finanzkrise werden könnten. 

Krisenfaktor: Groß.

10. Boni

Es war der große Aufreger der Krise: Banker hatten teils zweistellige Millionengehälter kassiert, die Steuerzahler mussten die von ihnen ramponierten Institute anschließend mit Milliarden retten. Zumindest in Europa ist es mit dem ganz großen Boni-Wahnsinn mittlerweile vorbei. Die Regulierer haben festgelegt, dass die Zusatzzahlungen nur noch maximal doppelt so hoch ausfallen dürfen wie das Fixgehalt, das in vielen Fällen deshalb allerdings gestiegen ist.

So hat etwa die Deutsche Bank – auch wegen ihrer mauen Ergebnisse – zuletzt deutlich weniger an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet als vor der Krise: 2007 hatten die Investmentbanker insgesamt sieben Milliarden Euro kassiert, 2017 waren es 4,3 Milliarden. Auch an der Spitze geht es bescheidener zu: 2007 hatte Josef Ackermann 14 Millionen Euro verdient, sein mittlerweile schon wieder abgelöster Nach-Nachfolger John Cryan verzichtete wegen des schlechten Ergebnisses für 2017 auf eine Sonderzahlung und strich dadurch vergleichsweise magere 3,4 Millionen Euro ein.

Anders sieht es in den USA aus: Der Bonus eines Brokers an der Wall Street stieg 2017 um 17 Prozent auf im Durchschnitt rund 180.000 Dollar. Und auch an der Spitze geht es so üppig zu wie vor der Krise: JP-Morgan-Boss Jamie Dimon kassierte für 2017 fast 30 Millionen Dollar – für das Jahr 2007 hatte er 34 Millionen eingestrichen.

Krisenfaktor: In Europa gering, in den USA groß.

Auch wenn Ex-BIZ-Chef White die Indikatoren sieht und vor einer neuen Krise warnt, mahnt er gleichzeitig vor vorschnellen Untergangsphantasien. „Wir wissen nichts mit Sicherheit, alles könnte gut ausgehen“, sagt er in dem Bloomberg-Interview. „Aber es gibt genug Gefahren, um sich genau zu überlegen, was im schlechtesten Fall passieren könnte.“

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