Ethereum-Blockchain Krypto-Kunst, Computerkatzen, Klopapier: Wo NFTs schon heute die Preise treiben

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CryptoKitties: Geld für gute Gene

Wie macht man die Kryptotechnologie der breiten Masse zugänglich? Mit süßen Kätzchen natürlich. 2017 vom IT-Unternehmen Dapper Labbs entwickelt, gelten die pastellfarbenen „CryptoKitties“ zusammen mit den CryptoPunks als die ersten Bewohner des NFT-Universums. 

Bereits 2018 haben die einzelnen Kätzchen Rekordsummen von bis zu 200.000 Dollar eingebracht. In der ersten Woche nach Veröffentlichung von CryptoKitties machte der virtuelle Katzen-Handel sogar rund elf Prozent aller Transaktionen mit Ethereum aus. Zwischenzeitlich brachte der Hype um die Krypto-Katzen das weltweit zweitgrößte Blockchain-Netzwerk fast zum Stillstand: Die Ethereum Blockchain kam mit der Bearbeitung der Transaktionen nicht mehr hinterher und die Netzwerkgebühren schossen in den Himmel.

Das Zucht-Prinzip ist einfach: In einer Art digitalem Sammelspiel, das auf der Ethereum-Blockhain beruht, können Nutzer virtuelle Katzen kaufen, verkaufen oder miteinander paaren. Jede Kryptokatze ist als NFT gespeichert – damit ist jedes gezüchtete Tier einmalig und kann weder kopiert noch gelöscht werden.

Zudem hat jede „Cryptokitty“ einen individuellen Wert in Ether, der sich aus verschiedenen Kriterien wie etwa dem Aussehen oder dem Alter zusammensetzt. Je mehr besondere Eigenschaften – sogenannte „cattributes“ – die digitale Katze hat und je älter sie ist, desto höher ist ihr Marktwert.

Katzen der Generation Null sind besonders wertvoll. Von ihnen gibt es nur gut 50.000 Stück. Denn sie wurden nur im ersten Marktjahr alle 15 Minuten automatisch vom System geschaffen und an den Höchstbietenden verteilt. Damit ist die Anzahl der „Gen-0-Kitties“ begrenzt – alle anderen Generationen können die Spieler selbst und beliebig oft heranzüchten.

Allgemein gilt: Der Nachwuchs ist immer eine Generation höher als die ältere der beiden Erzeuger-Katzen. Paaren sich zwei Katzen der Generation null, erhält man eine Kitty der Generation eins. Der Nachwuchs ist demnach wertvoller als eine Katze der Generation zwei, die bei der Paarung zweier Gen-1-Kitties entstehen würde. Paart sich eine Katze der Generation drei mit einer Katze der Generation vier, zählt der Nachwuchs zur Generation fünf und ist mehr wert als eine Katze der Generation 17, die beispielsweise bei der Paarung einer Gen-2-Kitty mit einer Gen16-Kitty entstehen würde.

Gewinn erzielen demnach die Züchter, die für das Paaren einer Katze mehr Geld einnehmen, als sie für die Katzen ursprünglich bezahlt haben. Doch aufgepasst:  Je öfter eine Katze gedeckt wird, desto länger dauert es, bis sie sich wieder paaren kann. Außerdem kostet jede Paarung 0,008 Ether, also rund 30 Dollar. Die Besitzer müssen also abwägen, mit wem und wie oft sie ihre Lieblinge paaren – und wie viel Geld sie dafür nehmen oder ausgeben möchten. Mittlerweile sind Katzen über 4000 verschiedener Generationen auf dem Markt.

CryptoKitties der Generation null werden derzeit für bis zu über eine Millionen Dollar gehandelt. Aber auch Kitties höherer Generationen, die dafür umso mehr seltene Eigenschaften besitzen, erzielen bereits siebenstellige Beträge. So etwa das Kätzchen „Tekashi 89“ – das Tier zählt zur Generation hundert, ist aber trotzdem über eine Million Dollar wert. Der Grund: „Tekashi 89“ hat ganze zwölf „cattributes“, darunter ein Einhorn und Engelsflügel. Das billigste Kätzchen, „Honey B“, ein einfaches senffarbenes Tier mit grau getigertem Schweif, kostet hingegen nur vier Dollar.

Krypto-Kunst: Pixelhaufen, Katzen-Gifs und nackter Trump

Es scheint, als wäre alles wie immer auf dem Kunstmarkt. Werke werden zu Rekordsummen versteigert, ihre Motive und Preise sorgen außerhalb der Szene für Fassungslosigkeit.  Doch diesmal erhalten die Käufer keine Bilder in antiken Rahmen, sondern Digitaldateien in ihre Krypto-Wallets. Anfassen oder aufhängen kann man die virtuelle Kunst nicht, dafür aber für eine Menge Geld weiterverkaufen.

So etwa im Oktober 2020, als ein Kunstsammler aus Miami fast 67.000 Dollar für einen zehnsekündigen Videoclip ausgab. Zu sehen ist darin ein übergroßer Donald Trump, der nackt zusammengebrochen am Boden kauert. Ende Februar verkaufte der Sammler das animierte Video dann für 6,6 Millionen Dollar weiter. Oder das Kunstwerk „Everydays: The First 5.000 Days“ – eine digitale Collage, des US-Künstlers Mike Winkelmann alias Beeple, der auch das Trump-Video erschaffen hat. Beim renommierten Auktionshaus Christie’s hat es im März über 69 Millionen Dollar eingebracht. Das Digitalgemälde zeigt Beeple’s Arbeit der letzten 13 Jahre, in denen er jeden Tag ein Bild auf Instagram gepostet hat. Zusammengeflickt und als NFT verpackt zählt der Pixelhaufen nun zum teuersten je von einem lebenden Künstler versteigerten Kunstwerk. Der Künstler selbst kommentierte den Preis auf Twitter nur mit einem „Holy Fuck“.

Der Kauf markiert den bisherigen Höhepunkt des Hypes um digitale Kunst. Auf Online-Marktplätzen, die in der Kunstwelt bisher kaum jemand Kenntnis genommen hat, ist mittlerweile ein reger Handel entstanden. Die populärsten Portale für NFT-Kunst heißen Nifty Gateway, SuperRare, Foundation, MakersPlace, Rarible und Zora.

Auf ersterer ist unter anderem die kanadische Sängerin Grimes, zugleich Partnerin von Tesla-Chef Elon Musk, unterwegs. Zusammen mit ihrem Bruder Mac Boucher hat Grimes im März eine Kollektion namens „War Nymphs“ auf dem Portal Nifty Gateway teils verkauft, teils versteigert. Die Sammlung enthielt digitale Gemälde, aber auch Animationen und Videoclips – oder aber Werke, die alle drei Ausdrucksformen kombinieren. So enthielten etwa die animierten Sequenzen „Earth“ und „Mars“, die beide eine düstere, planetarischen Außenwelt darstellen, eigens komponierte Musik. Rund 400 Exemplare pro Darstellung hat Grimes verkauft. Einzelpreis: 7.500 Dollar.

Etwa hundert Bilder mit dem Namen „Newborn“ spielten der Künstlerin jeweils 20 Dollar pro Stück ein. Ihre zwei größten Gemälde hat die Kanadierin versteigert. Mit Erfolg: Bis zu 111.000 Dollar boten einzelne Auktionsteilnehmer. Insgesamt verkaufte sie digitale Objekte im Wert von 5,8 Millionen US-Dollar – innerhalb von 20 Minuten. Derweilen erzählen auch Künstler auf der Plauder-App Clubhouse, dass sie in fünf Minuten digitale Kunst für 1,4 Millionen Dollar verkauft haben. Summen, die man sich nicht erklären kann, wenn man mit der „Drop Culture“, eine spezielle Verkaufstaktik der NFT-Märkte, nicht vertraut ist.

Die Strategie lebt vom Hype. Der psychologische Trick besteht darin ein limitiertes Produkt oder eine Kollektion ohne große Vorankündigung herauszubringen. Die Grundidee ist es, ein Gefühl der Dringlichkeit und eine Illusion der Knappheit bei den Verbrauchern zu erzeugen.

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