Zinsentscheid Verringert die EZB die Geldflut?

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Wem hilft die Geldflut und warum agiert die EZB so vorsichtig?

Wem hilft die Geldflut?

Staaten im Euroraum kommen dank Geldschwemme und Nullzinsen billiger an Geld. Das hilft auch starken Volkswirtschaften wie Deutschland. Nach Berechnungen der Deutschen Bank dürfte der deutsche Staat zwischen 2008 und 2016 fast 260 Milliarden Euro an Zinsen eingespart haben. Für Staaten könnte es künftig etwas teurer werden, sich Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Commerzbank-Ökonom Krämer argumentiert allerdings auch: „Die Phase der extrem lockeren Geldpolitik ist noch lange nicht vorbei. Die Staatsanleihen der hochverschuldeten Länder dürften daher kaum leiden.“

Warum agiert die EZB so vorsichtig?

Ein plötzliches Ende der milliardenschweren Anleihenkäufe und eine unerwartete Zinserhöhung könnten an den Kapitalmärkten massive Turbulenzen auslösen. Aktienkurse dürften dann in den Keller rauschen, die Renditen von Staatsanleihen in die Höhe schießen. Gerade für angeschlagene Eurostaaten würde es dann deutlich teurer, sich Geld am Markt zu leihen. Eine plötzliche Kehrtwende könnte zudem Verbraucher und Firmen verunsichern und so die Konjunkturerholung im Euroraum gefährden. Die EZB muss also behutsam vorgehen, traditionell legen Marktteilnehmer jedes Wort Draghis auf die Goldwaage.

Warum hat die EZB die Geldschleusen überhaupt so weit geöffnet?

Mit dem billigem Geld versucht die Notenbank seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die Notenbank eine jährliche Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das würde die Konjunktur abwürgen. Im September lag die Inflation im Euroraum bei 1,5 Prozent, die Konjunktur hat deutlich an Tempo gewonnen. „Wann, wenn nicht jetzt sollte der Ausstieg aus den „ungewöhnlichen Maßnahmen“ überhaupt noch gelingen?“, mahnte Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon jüngst.

Was sind die Risiken der ultralockeren Geldpolitik?

Beobachter befürchten, dass sich „Blasen“ beispielsweise an Aktien- oder Immobilienmärkten bilden - sprich: die Preise blähen sich an diesen Märkten über ein gesundes Maß hinaus auf. Deutsche-Bank-Chef John Cryan betonte jüngst, das viele billige Geld der Notenbanken habe den Finanzmärkten in den zurückliegenden Krisenjahren unbestritten geholfen, aber „die lockere Geldpolitik führt zu immer größeren Verwerfungen“. Zudem warnen Ökonomen, die Reformbereitschaft der Euroländer könnte erlahmen. „Kein Eurostaat ist zur Finanzierung seiner Defizite neben der EZB noch auf andere Kreditgeber angewiesen“, erläutert Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

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