Schwarzwaldstube „Sterne-Küche ist realistischer geworden“

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Kulinarische Kompetenz

Wie sehr stört es, dass Gäste noch nach Harald Wohlfahrt fragen?
Das wäre ja schlimm, wenn mich das stören würde. Die Menschen haben 40 Jahre Kontakt mit Herrn Wohlfahrt gehabt und viele schöne Stunden hier erlebt. Das ist einer der großen Köche in unserem Land gewesen. Wir alle in der Traube können nicht verstehen, warum das so enden musste. Das geht auch Gästen so. Aber viele unserer Gäste sind auch Unternehmer und wissen, dass man irgendwann nach vorne gucken muss. Deswegen bin ich einfach froh, in solche Fußstapfen treten zu dürfen und versuche das fortzuleben.

Baiersbronn ist ja ein ganz eigenes Biotop als Kleinstadt mit zwei Drei-Sterne-Restaurants und zahlreichen weiteren Gourmet-Adressen. Wie sehr prägt Sie das?
Wir freuen uns in erster Linie für die Gäste, dass sie hier in der Gegend so viele Möglichkeiten haben. Befruchtend ist es für die gesamte Gastronomie. Sie glauben gar nicht, wie exquisit hier auch auf den Hütten und in den Gaststuben gekocht wird, weil die Gäste hier hohes Niveau erwarten. Wenn wir mit unserem Sohn Fleischküchle essen gehen, haben wir drei, vier sehr gute Anlaufstellen.

Prägt das auch die Gäste? Kommt da viel kulinarische Kompetenz zu Ihnen?
Die Gäste sind erfahrener als früher. Sie können eindeutig Qualitäten zuordnen. Es kann einem als Koch aber auch nichts besseres passieren.

Weil dann nicht mehr über Preise diskutiert wird?
Und weil die Berührungsängste geringer werden. Wir können Seeigel anschreiben oder Schnepfe. Die Gäste sind neugierig und wollen das gerne probieren.

Gibt es in der Küche einen Trend, den wir ernst nehmen sollten?
Ich tue mich mit der Begrifflichkeit Trend schwer. Ich möchte als Koch traditionelle Geschmacksbilder über Generationen hinweg transportieren, aber eben zeitgemäß interpretiert. Gerichte müssten ihren Charakter bewahren, aber man muss die Leute erreichen.  Unabhängig davon gilt: Der Fettanteil ist geringer als früher, die Portionsgrößen sind kleiner, auch Sättigungsbeilagen gibt es in dem Sinn nicht mehr.

Gibt es mehr Interesse an vegetarischen Dingen?
Das ist ganz eindeutig so. Wir haben uns sehr früh entschieden, dass wir das annehmen und nicht einfach nur die Taube vom Teller nehmen und sagen: Bitte. Da fühlt man sich als Vegetarier dann ja auch nicht ernst genommen.

Denn wirkt Ihre Karte mitunter wie Völlerei: Da gibt es Dutzende Muschel-Sorten, Kaviar, Austern – passt diese Opulenz in die Zeit?
Eine Speisekarte, die eine gewisse Opulenz ausstrahlt, ist doch ein schöner Rahmen. Das ist Teil unserer Auffassung von Gastlichkeit. Für unser Restaurant ist das gut.

Das sind die bestbewerteten Restaurants Deutschlands
Fischereihafen-Restaurant Quelle: TripAdvisor
Little London Bar & Grill Quelle: TripAdvisor
Restaurant Tim Raue, Berlin Quelle: TripAdvisor
Restaurant Bieberbau, Berlin Quelle: TripAdvisor
Vinpasa, München Quelle: TripAdvisor
FACIL, Berlin Quelle: TripAdvisor
Restaurant Stresa, Dresden Quelle: TripAdvisor

Sind Ihre Gerichte nicht manchmal zu füllig?
Es gibt schon Ausnahmen: Die Limfjord-Austern mit Imperialkaviar. Oder Sellerie mit Trüffel und Topaz-Apfel. Es gibt auch Drei-Komponenten-Gerichte für die Puristen unter unseren Gästen.

Wo holen Sie sich Inspiration?
Bei der Arbeit mit den Produkten.

Ihr Kollege Tim Raue aus Berlin hat mal gesagt: Je höher er gelobt wurde, desto schwerer fällt es ihm, noch neue Gerichte zu entwickeln – aus Angst, dem Druck nicht standzuhalten. Kennen Sie das Gefühl?
Ich rede mir das jetzt mal aus: Nein.

Sie haben hier eine Küche übernommen, die seit Jahren die beste des Landes ist. Was kann man da als Koch eigentlich noch erreichen?
Ich habe schon das Ziel, hier 50 Jahre 3 Sterne für die Schwarzwaldstube zu feiern.

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