Frankreichs Präsident in den USA Macron stellt US-Präsident Trump neuen Iran-Deal in Aussicht

Donald Trump attackiert den Iran-Atomdeal als „verrückt“ – und Frankreichs Präsident Macron verspricht: Ein Ausbau des Abkommens sei möglich. Doch der Vorstoß ist riskant.

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„Ich werde diese Schuppen abwischen. Wir müssen ihn perfekt machen. Er ist bereits perfekt!“: US-Präsident Donald Trump hat seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron vor ihrem Presseauftritt Schuppen von der Schulter gewischt. Quelle: AP

Washington Die vielen Küsschen, Umarmungen und Schmeicheleien sprachen Bände. Beim USA-Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron wurde sichtbar, dass er und Donald Trump sehr gut miteinander klarkommen. „Wir werden immer für euch da sein“, versprach Trump am Dienstag, und schwärmte über Macron: „Er ist einfach perfekt“.

Macron nannte es eine „Ehre“, Trump „einen Freund nennen zu dürfen.“ Da trübte selbst ein kleiner Fauxpas des US-Präsidenten, der vor laufenden Kameras „ein paar Schuppen“ vom Anzug seines Gastes abputzte, die Stimmung kaum.

Doch in den großen Konfliktfeldern – Handelskrieg, Syrien, Iran – ist der US-Präsident offenbar trotz des guten Drahtes zu Macron nicht bereit, von seinen Positionen abzurücken. „Wenn der Iran uns droht, wird er einen Preis bezahlen, den nur wenige Länder jemals bezahlt haben“, sagte Trump am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Macron. Der Streit um das iranische Atomabkommen prägte das Treffen beider Präsidenten. Der Deal steht auf der Kippe, und die Zeit, ihn auch nur ansatzweise zu retten, wird knapp.

2015 hatten die USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland den Atomdeal gemeinsam mit dem Iran beschlossen. Darin verpflichtete sich das Mullah-Regime in Teheran, wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu reduzieren. Im Gegenzug wurde eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt. Das Abkommen war ein diplomatischer Erfolg, den es in dieser Form seit Jahrzehnten nicht gegeben hatte.

Die Frist für eine mögliche Verlängerung läuft am 12. Mai aus, Trump möchte den Deal am liebsten radikal stoppen. Am Dienstag wiederholte er, das Abkommen sei „irre“ und „lächerlich“. Teheran hat für den Fall eines Ausstiegs der USA bereits mit Gegenmaßnahmen gedroht und würde nach eigenen Angaben „sofort“ mit der Urananreicherung beginnen.

Mit Macrons Besuch kommt nun erstmals seit Monaten Bewegung in den Konflikt. „Wir möchten an einem neuen Abkommen mit dem Iran arbeiten“, versprach er an der Seite Trumps. Das waren neue Töne des französischen Präsidenten, der gemeinsam mit seinen europäischen Partnern Deutschland und Großbritannien lange auf ein Bewahren des Status Quo gedrängt hatte. Die offizielle Linie war bisher: Das Abkommen sei vielleicht nicht die ideale, aber die beste Option, um eine Aufrüstungsspirale im Nahen Osten zu verhindern.

Nun betonte Macron, dass zumindest er und seine EU-Partner offen seien für Zusatzvereinbarungen, „die die Sorgen der USA ernstnehmen“. Der französische Präsident betonte: „Es geht nicht darum, das bestehende Abkommen zu zerstören, sondern auf dessen Grundlage etwas Neues aufzubauen.“

Trump scheint nicht abgeneigt, darüber nachzudenken. Trotz seiner harschen Drohung gegen Teheran räumte er ein: „Wir müssen etwas Flexibilität an den Tag legen, vielleicht haben wir hier eine Gelegenheit dazu.“

Für Macron ist die Wendung nicht ungefährlich. Er war mit dem Auftrag in die USA gereist, seine guten Beziehungen zu Trump spielen zu lassen. Nun darf es nicht so wirken, als sei er vor Trump eingeknickt. Immerhin ist Macrons Vorstoß kein Alleingang. Frankreich, Großbritannien und Deutschland arbeiten seit Monaten an einem Kompromiss, der verhindern soll, dass der Atomdeal in Gänze platzt. Die Strategie scheint nun, die USA mit vereinten Kräften an Bord halten zu wollen – auch wenn das bedeutet, Trump weit entgegenzukommen.

So drängt der US-Präsident etwa darauf, das umstrittene iranische Raketenprogramm in den Atomdeal einzugliedern. Außerdem sollen die sogenannten Sunset-Regeln überarbeitet werden, die die Laufzeit einzelner Vereinbarungen beschränken. Trump will sogar mit Sanktionen gegen die Revolutionsgarden, die Elite des iranischen Militärs, vorgehen. All das sind Forderungen, auf die sich der Iran schon in früheren Verhandlungen kaum einließ – und es jetzt erst recht nicht tun dürfte.

Was die drei europäischen Länder den USA laut Macron anbieten, ist ziemlich umfangreich. Man will auch nach Ende der Laufzeit des Nukleardeals im Jahr 2025 kein militärisches Atomprogramm im Iran akzeptieren. Das Raketenprogramm, so eine Forderung, müsse eingestellt werden. Und der iranische Einfluss im Krisenherd Nahost, im Jemen, Irak, Libanon und Syrien, müsse schrumpfen.

Doch vieles an diesen Vorschlägen ist ungewiss. Selbst wenn sich die sogenannten „E3“, also die drei einflussreichsten EU-Staaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland, mit den USA einigen – was ist mit den anderen Involvierten, mit Russland, China und Iran? Bis alle Beteiligten einwilligen, könnten Jahre vergehen. Und der unberechenbare Trump, der jederzeit mit einer Aufkündigung drohen kann, wäre ein chronisches Risiko für neue, umfassende Verhandlungen.

Für den Moment setzt auch die Bundesregierung alles daran, noch zu einer Lösung zu kommen. Außenminister Heiko Maas (SPD) trifft am Dienstag in New York seinen iranischen Amtskollegen Mohammed Sarif. Der Streit um das Atomabkommen wird dabei das zentrale Thema sein. Auch beim geplanten Termin der Bundeskanzlerin mit Trump am Freitag in Washington wird man über das Iran-Problem sprechen.

In anderen Konfliktfeldern sind Macron und Trump offenbar kaum vorangekommen. Über seine Syrien-Strategie lässt der US-Präsident die Welt weiter im Dunkeln. Gemeinsam mit Großbritannien hatten französische und amerikanische Streitkräfte kürzlich Ziele des syrischen Diktators Baschar al-Assad bombardiert. Macron drängt darauf, die USA mögen ihre Truppen in Syrien halten, während Trump eher auf einen raschen Abzug setzt und von Frankreich mehr Engagement erwartet. Er bleibe dabei, dass die US-Truppen aus Syrien raus müssten, betonte Trump am Dienstag. Gleichzeitig wollten die USA „einen tiefen und nachhaltigen Fußabdruck in der Region hinterlassen“.

Auch im Handelsstreit gab es nichts zu verkünden. Dabei hat die EU nur noch eine Woche Zeit, die USA von einer Ausnahmeregel für Trumps geplante Strafzölle zu überzeugen. Als drittgrößter europäischer Handelspartner der USA wäre Frankreich ebenfalls von Handelsbarrieren betroffen, wenn auch nicht so massiv wie Deutschland.

Am Morgen war das Ehepaar Macron von 500 stramm stehenden US-Soldaten und militärischen Ehren auf der Südwiese des Weißen Hauses empfangen worden. Noch für keinen anderen ausländischen Gast hat Trump einen Staatsbesuch samt Bankett organisieren lassen, die höchste gesellschaftliche Auszeichnung für einen internationalen Partner.

Beide Präsidenten betonten ihre jahrhundertealten Allianzen in Kriegen und Konflikten, Macron war sichtlich bewegt von der Zeremonie. Einen kleinen Seitenhieb ersparte er seinem Gastgeber, der seine Nation aus dem Pariser Klimaabkommen führen will, allerdings nicht: Auch im Hinblick auf den Klimawandel „sind wir nicht immer einer Meinung, was Lösungen angeht“, sagte Macron, „aber das ist der Fall in jeder Freundschaft und Familie.“

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