Freytags-Frage
Drei Tage lang besprachen sich die Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrieländer auf dem diesjährigen G7-Gipfel. Das Ergebnis: sieben, sehr knapp gehaltene, Dokumente. Quelle: imago images

War der G7-Gipfel ein Erfolg?

Drei Tage lang besprachen sich die Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrieländer auf dem diesjährigen G7-Gipfel. Das Ergebnis: sieben, sehr knapp gehaltene, Dokumente.

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Am Dienstag dieser Woche endete der diesjährige G7-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft. Insgesamt drei Tage besprachen sich die Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrieländer – die Vereinigten Staaten (USA), Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Kanada, in Elmau nahe Garmisch-Patenkirchen. Hinzu kam die Präsidentin der Europäischen Kommission und als Gäste die Regierungschefs aus Indien, Südafrika, Indonesien, Argentinien und dem Senegal. Als weiterer Gast zugeschaltet war auch Präsident Selenskyj. Die Absprachen auf dem G7-Gipfel haben zwar nur informellen Charakter, aber sie geben Auskunft über die Stimmungslage und Haltung der Beteiligten.

Lange nicht wartete die Welt so angespannt auf das Ergebnis des G7-Gipfels wie in diesem Jahr. In der Tat steht viel auf dem Spiel. Neben den seit langem bestehenden Herausforderungen – Klimawandel, Pandemie und die daraus resultierenden Problem der Lieferketten – treten die Inflation in der Eurozone und in den USA, die wiederum durch die russischen Aggressionen geschürt (aber nicht verursacht) wird. Als wäre dies nicht genug, hat die russische Regierung mit ihrem entmenschlichten – unerklärten – Krieg gegen die Ukraine im Grunde die gesamte Zivilisation angegriffen. Die Reaktion der westlichen Welt, an der Spitze die G7, konnte nur eine kräftige sein.

Der russische Krieg gegen die Ukraine fordert die G7 genauso dabei heraus wie die Instrumentalisierung des Hungers in den ärmsten Ländern durch die russische Regierung – zumal letzteres in den Ländern gar nicht einmal durchgängig so interpretiert wird. Viele Menschen glauben, die Sanktionen gegen Russland seien für den Hunger verantwortlich. Die G7 müssen sowohl gegen den Hunger als auch gegen die russische Propaganda ankämpfen.

Schneller schlau: Die G7

Nun liegt das Ergebnis der Beratungen in Elmau auf dem Tisch. In insgesamt sieben Dokumenten, darunter ein sogenanntes G7 Leaders‘ Communiqué, (zuzüglich dessen Zusammenfassung) haben die G7 ihre Anstrengungen zur Lösung der drängenden Probleme aufgelistet. Zunächst wurde der Angriff auf ein Einkaufszentrum in Kremenchuk einhellig und scharf verurteilt. Das ist eigentlich selbstverständlich. Aber mit einem einzelnen – sehr knapp gehaltenen – Dokument – führt die G7 der Welt vor Augen, mit welchen Methoden der Kreml Krieg führt (und mit wem sich beispielsweise die Präsidenten Südafrikas und Indiens so bereitwillig einlassen!).

Eine ganz wichtige Rolle spielt naturgemäß die Unterstützung der Ukraine, sowohl im Krieg als auch danach. Es ist klar geworden, dass alles andere als ein ukrainischer Sieg und ein dauerhafter Frieden nicht im Interesse der G7 liegen kann. Die G7-Staaten haben sich überdies verpflichtet, große Summen für humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau der Ukraine bereitzustellen (darunter wohl auch die russischen Währungsreserven und andere Vermögen, sofern rechtlich statthaft). Außerdem wird russischen Dissidenten Asyl angeboten.

Darüber hinaus wollen die G7-Staaten mithilfe von Sanktionen die Kosten des Krieges für die russische Regierung weiter hochhalten. Konkret soll auf den Kauf russischen Goldes verzichtet werden; dies dürfte eher symbolisch zu verstehen sein. Darüber hinaus planen die G7-Länder, einen Ölpreisdeckel zu vereinbaren und über die Transporteure durchzusetzen. Es sind erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des Instruments angebracht. Die Alternative wäre ein Zoll auf Öl- und Gasimporte aus Russland, der wie ein Optimalzoll wirken und Russland zur Preissenkung zwingen könnte, wollte es weiterhin Gas und Öl an den Westen verkaufen. Der geplante Ölpreisdeckel wirkt dagegen unzureichend.

Leider gelang es nicht, die Gäste aus Afrika, Asien und Lateinamerika davon zu überzeugen, bei den Sanktionen mitzuwirken. Immerhin haben diese einer gemeinsamen Erklärung zur Bedeutung und Resilienz der Demokratie im Grundsatz zugestimmt. Die Erklärung hebt die Bedeutung von demokratischen Strukturen sowohl für die Lösung globaler Probleme als auch für die interne Regierungsführung hervor.

Zur Bekämpfung des Hungers sind weitere Milliarden sowie zahlreiche andere Maßnahmen vorgesehen, darunter solche zur Steigerung der Produktivität. Es wird klar erklärt, dass Sanktionen gegen Russland sich nicht gegen Agrarexporte richten. Außerdem richten die G7 einen Appell and andere Länder, ihre Exportverbote aufzuheben. Im Abschlussdokument des Gipfels werden darüber hinaus weitere finanzielle Mittel und Impfstoff für den globalen Süden angekündigt.

Gleich zwei Dokumente sind dem Klimaschutz gewidmet. Natürlich ist es problematisch, in Zeiten steigender Energiepreise und ungewöhnlich hoher Inflation über die effektive Verteuerung fossiler Brennstoffe als Mittel der Klimapolitik zu verhandeln. Dennoch hat es die Bundesregierung vermocht, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen und sogar eine Vereinbarung zur Gründung eines Klimaklubs, also einer engen Koordination der klimapolitisch aktiven Staaten einschließlich handelspolitischer Maßnahmen gegenüber denjenigen, die keinen aktiven Klimaschutz betreiben, in Gang zu setzen. Schließlich ist zu erwähnen, dass sich die G7-Staaten dazu verpflichtet haben, erstens zur Mobilisierung von 600 Milliarden US-Dollar für Infrastrukturprojekte beizutragen und zweitens die globale Handelsordnung mit offenen Märkten zu stärken.

Naturgemäß sind die Vereinbarungen vage. Aber das ist ein Grundproblem des Formats des G7-Gipfels. Immerhin gibt es Ankündigungen für Aktionen, die mit Geldzusagen unterlegt sind. Es werden klare Aussagen zur Frage der demokratischen Haltung und zum Umgang mit Russland getroffen. Die Einigkeit der Gipfelteilnehmer ist durchgängig spürbar. Im Vorfeld hat Bundeskanzler Scholz als Gastgeber lange mit Präsident Biden gesprochen. Dabei wurden offenbar bilaterale Unklarheiten ausgeräumt.

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Vor diesem Hintergrund ist die zum Teil scharfe Kritik an den Ergebnissen des Gipfels auch nicht vollständig nachzuvollziehen. Im Gesamtpaket kann man nämlich ein überwiegend positives Urteil fällen. Dies gilt umso mehr, als dass der G7-Gipfel nur ein Teil eines kleinen Gipfelmarathon ist, auf dem wesentliche Fragen der zukünftigen Zusammenarbeit der westlichen Länder geklärt werden und die Teilnehmer von wenigen Ausnahmen abgesehen starke Einigkeit demonstrieren. Es wäre natürlich wichtig, dass die in den Dokumenten angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden. Dann hätten die G7-Staaten einen signifikanten Beitrag für Frieden und Wohlstand auf der Erde geleistet. Das würde sicherlich langfristig auch dort honoriert werden, wo man zur Zeit skeptisch hinsichtlich des Westens ist.

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