Gipfel-Reaktionen So reagieren Europas Spitzenpolitiker auf den Milliardendeal von Brüssel

Der französische Präsident spricht von einem „historischen Moment“, die Kanzlerin zeigt sich „erleichtert“ – die Gipfel-Reaktionen im Überblick.

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Nach dem Marathon-Gipfel zeigen sich Politiker über die Einigung auf die milliardenschweren Coronahilfen erleichtert. Quelle: dpa

Im Kampf gegen die Corona-Wirtschaftskrise haben sich die EU-Staaten auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte geeinigt: Es hat einen Umfang von 1,8 Billionen Euro. Der Kompromiss wurde nach mehr als viertägigen Verhandlungen am frühen Dienstagmorgen bei einem Sondergipfel in Brüssel von den 27 Mitgliedsstaaten angenommen.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erinnerte daran, dass die fast 100 Stunden Verhandlungen mehrfach am Rand des Scheiterns standen. „Das ist schon eine Achterbahn der Gefühle“, sagte von der Leyen, zog dann aber ein positives Fazit: Europa habe immer noch den Mut und die Fantasie, groß zu denken. „Wir sind uns bewusst, dass dies ein historischer Moment in Europa ist“, sagte sie. Es gelinge Europa, nach intensivem Ringen kraftvoll zu antworten.

EU-Ratschef Charles Michel bezeichnete die Einigung als einen entscheidenden Moment für Europa bezeichnet. „Das ist ein guter Deal, das ist ein starker Deal, und vor allem ist dies der richtige Deal für Europa jetzt“, sagte Michel. Es gehe hier nicht nur um Geld. Die Vereinbarung sei auch ein Zeichen des Vertrauens für Europa und die Welt.

In dem Paket wurde auch eine Klausel beschlossen, um die Auszahlung von EU-Geldern an Rechtsstaatlichkeit zu koppeln. Sowohl von der Leyen als auch Michel wiesen Vorwürfe zurück, dass hierbei eine starke Lösung zugunsten des Kompromisses geopfert wurde. Mit qualifizierter Mehrheit könnten bei Verstößen Maßnahmen ergriffen werden, sagte von der Leyen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erleichtert über die Einigung. Es sei darum gegangen, Entschlossenheit zu zeigen. „Das war nicht einfach“, sagte die CDU-Politikerin. Für sie zähle aber, „dass wir uns am Schluss zusammengerauft haben“. Neue Verhältnisse erforderten auch außergewöhnliche neue Methoden, sagte Merkel. Damit habe der Gipfel auch außergewöhnlich lange gedauert.

„Unterschiedliche Auffassungen von Europa“

„Der Haushalt ist ausgerichtet auf die Zukunft Europas“, sagte die Kanzlerin. Es gehe aber auch darum, dass der Binnenmarkt in einer der schwersten Krisen der Gemeinschaft weiter funktionieren könne. Sie sagte „sehr schwierige Diskussionen“ mit dem Europaparlament voraus.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte die Einigung als große Leistung. Macron schrieb am frühen Dienstagmorgen auf Twitter: „Historischer Tag für Europa!“ Der Franzose hatte sich gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel für das milliardenschwere Programm gegen die Coronakrise eingesetzt.

Er räumte allerdings ein, dass sich beim EU-Gipfel in Brüssel eine gewisse Spaltung der EU gezeigt hat. „Diese lange Verhandlung war geprägt von Schwierigkeiten, manchmal von Gegensätzen, von unterschiedlichen Auffassungen von Europa“, sagte Macron. Er sei aber erfreut darüber, dass er mit Merkel stets auf der „Seite der Ambition und Kooperation“ gestanden habe. Gemeint waren offenkundig Politiker wie Österreichs Kanzler Sebastian Kurz und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, die Widerstand gegen die Pläne für das riesiges Corona-Hilfspaket geleistet hatten.

Macron zeigte sich dennoch zufrieden über das mit Krediten 750 Milliarden Euro schwere Paket. „Der Aufbauplan (...) ist eine historische Veränderung für unser Europa und unsere Euro-Zone“, sagte der Franzose.

Italiens Regierungschef Giuseppe Conte bezeichnete den beschlossenen Wiederaufbauplan nach der Coronakrise als ehrgeizig und lobte ihn als „sehr konsistent“. „Wir sind zufrieden“, sagte er. Der Wiederaufbauplan entspreche den enormen Herausforderungen der Krise. „Es ist ein historischer Moment für Europa, es ist ein historischer Moment für Italien“, sagte er.

Conte sagte, ein „guter Teil“ der Hilfen werde nach Italien fließen, er nannte die Zahl von 28 Prozent. „209 Milliarden (Euro) sind für Italien vorgesehen“, sagte der parteilose Jurist. „Wir müssen uns jetzt beeilen, wir müssen das Geld für Investitionen und Strukturreformen ausgeben“, kündigte Conte an. Italien habe seine Würde und seine Autonomie bewahrt.

Auch die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, lobte die Resultate des Brüsseler Sondergipfels. Die Vereinbarung zeige, dass die EU dann, wenn es am nötigsten sei, Verantwortung übernehme und den Menschen in Europa gemeinsam helfe, erklärte sie am Dienstagmorgen auf Twitter.

Offenbar an die Gipfelteilnehmer gewandt erklärte Lagarde: „Danke für Ihre Ausdauer und Ihr entschlossenes Handeln in den vergangenen Tagen. Wir können die wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 nur durch Zusammenarbeit bekämpfen.“

Bundesfinanzminister Olaf Scholz wertet die Einigung als Wendepunkt zu einem stärkeren Europa. „Jetzt freue ich mich, diesen Plan mit meinen Finanzministerkollegen umzusetzen“, sagte der SPD-Politiker. Die Coronavirus-Pandemie sei eine beispiellose Herausforderung, die die EU meistere. „Wir kämpfen gegen diese Krise in Solidarität und mit vereinten Kräften.“

Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte die Einigung der EU-Staaten. „Auch wenn der Anlauf lang war: Am Ende sind wir weiter gesprungen, als uns viele zugetraut haben“, erklärte der SPD-Politiker. „Die Europäische Union zeigt, dass sie auch in der schwersten Wirtschaftskrise ihrer Geschichte in der Lage ist, entschlossen und solidarisch zu handeln“, sagte Maas einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes zufolge. Das sei „ein starkes Fundament, um alle Bürgerinnen und Bürger in Europa gut durch diese Krise zu bringen“.

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