Post aus Harvard Die Missverständnisse der Trumponomics

Seite 2/2

Rückbesinnung auf eine Politik der Achtzigerjahre

Die entsprechend niedrigeren Grenzsteuersätze veranlassten damals die Steuerpflichtigen, mehr zu arbeiten und sich den Großteil ihres Einkommens in bar auszahlen zu lassen statt in Form von anderen, nicht steuerpflichtigen Vergütungen. Weil die Bürger auf die verbesserten Anreize reagierten, stiegen ihre realen Einkommen vor Steuern - und sogar die Steuereinnahmen!

Washington sollte sich unsere Politik der Achtzigerjahre jetzt zum Vorbild zu nehmen. In den drei Jahrzehnten seit Reagans Steuerreform sind die Steuersätze für Gutverdiener erheblich gestiegen. Der Spitzensteuersatz für Einkommen aus abhängiger Tätigkeit ist von 28 Prozent auf 39,6 Prozent gestiegen, und der für manche Kapitaleinkünfte auf mehr als 43 Prozent.

Das überparteiliche Finanzbüro des Kongresses hat ermittelt, dass die meisten Einkommensgruppen 2013 eine niedrigere effektive Steuerquote als 1984 hatten. Für Haushalte im untersten Fünftel der Einkommensskala betrug diese Steuerquote 2013 rund 3,3 Prozent, etwa die Hälfte des Durchschnitts der vergangenen 30 Jahre. Bei den mittleren drei Quintilen waren es 2013 13,8 Prozent, weniger als der 30-Jahre-Durchschnitt von 16,6 Prozent. Für die nächsthöheren 19 Prozent der Steuerzahler sank die effektive Steuerquote nur geringfügig. Doch für das oberste Hundertstel stieg die effektive Steuerquote um 3,4 Prozentpunkte auf 34 Prozent.

Was folgt daraus? Es wäre nur logisch, wenn der Kongress jetzt die Spitzensteuersätze senken und die Steuerbasis einkommensneutral verbreitern würde. Im Sinne der Steuergerechtigkeit, aber keineswegs als Konjunkturspritze. Denn es gibt zurzeit keinen Grund, eine Erhöhung der Gesamtnachfrage in den USA anzustreben. Die Wirtschaft hat im Wesentlichen Vollbeschäftigung erreicht; die Arbeitslosenquote lag im Oktober bei 4,9 Prozent. Der Verbraucherpreisindex ist im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent gestiegen. Die Löhne in der Industrie sind um 2,4 Prozent gestiegen und damit schneller als die Preise. Das ist auch der Grund, warum die Zentralbank Federal Reserve jetzt endlich mit Zinserhöhungen beginnen kann, ohne dass im Gegenzug Steuerimpulse zur Ankurbelung der Nachfrage nötig wären.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%