Silicon Valley IT-Riesen fürchten Donald Trumps Rache

Die Techbranche ist Amerikas wichtigste Industrie. Nun muss sie mit Donald Trump klarkommen. Die wichtigsten IT-Konzerne haben Trump vehement bekämpft - droht ihnen nun eine Retourkutsche?

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Silicon Valley: Die Techbranche der USA wollte Donald Trump eigentlich verhindern. Quelle: Bloomberg

Noch in der Wahlnacht, als die wichtigsten Swing States – Florida und Ohio – an Donald Trump gehen und dessen Sieg einläuten, macht Shervin Pishevar ein Versprechen: Er will Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen lockermachen. Ziel: „Kalifornien soll sich von den USA abspalten“, twittert er. Der Gründer und Starinvestor will so eine Petition anschieben. Dem Anliegen stehen hohe juristische und politische Hürden im Weg. Aber: „Wir meinen das ernst“, schreibt Pishevar.

Die drastische Reaktion zeigt, wie sehr die Hightechbranche des US-Westens Trump fürchtet und wie tief der Riss zwischen ihr und den restlichen USA ist. Fast die gesamte Industrie, auch den Republikanern nahestehende Manager, hatte im Wahlkampf Hillary Clinton unterstützt. In keiner anderen Branche ist die Angst vor dem, was nun kommt, so groß. „Wenn ich Präsident werde, kriegen sie ein Problem“, hat Trump gedroht. Er hat Apple bepöbelt, es solle „seine verdammten Computer und diese Dinge“ in den USA herstellen. Mit Amazon-Chef Jeff Bezos führt er eine offene Fehde.

Wird der 45. Präsident der USA die dynamischste Branche seines Landes auseinandernehmen? Die Angst ist greifbar. Das Tal der Optimisten, die antreten, eine bessere Welt zu bauen, leidet jedenfalls derzeit unter Katerstimmung.

Donald Trump: Was die Wahl für die Silicon-Valley-Konzerne und ihre Aktien bedeutet

Pishevar ist, wie Apple-Ikone Steve Jobs, Googles Mitgründer Sergey Brin und viele andere Hightechgrößen, ein Kind von Immigranten. Seine Eltern flohen einst vor Ajatollah Khomeini aus dem Iran; sein Vater fuhr in den USA Taxi, aber er, der Sohn, wurde dort zum Hightechmultimillionär.

Trump aber will Zuwanderung begrenzen, Mexiko durch eine Mauer abschotten und hohe Strafzölle auf Importe einführen. Das mag in Pennsylvania und Michigan gut ankommen; die Industriestaaten im Norden haben die Wahl mit entschieden. Aber zwei Drittel der Ingenieure im Silicon Valley sind nicht in den USA geboren. Und ohne mexikanische Nannys, Müllfahrer und Kellner käme das wirtschaftliche Leben Kaliforniens, der sechstgrößten Volkswirtschaft der Erde, schnell zum Stillstand.

An der Börse fällt das Urteil bisher nicht so vernichtend aus: Nach dem ersten Schock haben sich die Kurse der IT-Giganten einigermaßen erholt; Amazon-Chef Bezos ist seit Trumps Wahlsieg dennoch um eine Milliarde ärmer auf dem Papier. „Wir müssen abwarten, was Trump wirklich umsetzt“, sagt Google-Manager Eric Schmidt. Schließlich, so Schmidt, seien die Republikaner sich intern auch nicht über Trumps handels- und globalisierungsfeindliche Programmpunkte einig.

Thiel wurde angefeindet wie nie zuvor

Schmidt trifft die Grundstimmung: abwarten und vorfühlen. „Es herrscht allgemeines Rätselraten im Valley“, sagt der Hedgefondsmanager Thomas Laffont aus Menlo Park. „Einerseits hat Trump viele der besonders kontroversen Punkte schon aus seinem Programm gestrichen; andererseits holt er Hardliner in sein Team.“ Trumps Aussagen zu wichtigen Themen wie Kartellrecht, Datenschutz oder ein spezielles Visaprogramm, das es qualifizierten Ausländern erlaubt, sehr lange in den USA zu arbeiten, sind widersprüchlich.

Tendenzen aber zeichnen sich ab: etwa dass das politische Machtzentrum des Valley nicht mehr im Google-Hauptquartier in Mountain View liegt, wo der Obama-Vertraute und Clinton-Berater Eric Schmidt sein Büro hat. Das neue ist ein vierstöckiger Backsteinbau in San Franciscos ehemaligem Militärdistrikt Presidio. In einem Büro mit dunklen Möbeln, hohen Decken, Glaswänden und traumhaftem Blick auf die Golden Gate Bridge residiert Peter Thiel. Der Facebook-Verwaltungsrat und PayPal-Mitgründer hatte sich als einziger Vordenker im Valley auf Trumps Seite gestellt und 1,25 Millionen Dollar für dessen Wahlkampf gespendet. Thiel wurde deshalb angefeindet wie nie zuvor – aber jetzt ist er der wichtigste Kontaktmann nach Washington.

Schon als Kind träumte der gebürtige Deutsche von einem Posten als Richter am Obersten US-Gerichtshof. Er wettert oft und gerne gegen die eigene Branche, die sich nur noch mit Werbe-Algorithmen statt mit den großen Themen unserer Zeit auseinandersetze. „Die Valley-Eliten leben in einer Blase“, sagt er. Auch wenn das im Valley keiner hören will: Thiels Argument verfängt bei den Wählern. Mögen sie in Kalifornien von allzeit vernetzten Menschen, selbst lernenden Maschinen und Wohlstand für alle schwärmen – vom dort produzierten Reichtum kommt bei den meisten Amerikanern nichts an. Stattdessen haben Taxifahrer und Hotelangestellte Angst vor Uber oder Airbnb, die ihre Jobs gefährden.

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