Türkei Erdogan feuert Notenbank-Chef

Nachdem die Lira weiter im freien Fall ist hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan überraschend den Notenbank-Chef entlassen. Quelle: AP

Der türkische Präsident erlässt überraschend den Notenbank-Chef Murat Uysal. Zuvor war die türkische Lira erneut auf ein Rekordtief zum Dollar gefallen.

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat angesichts der anhaltenden Währungskrise überraschend Notenbank-Chef Murat Uysal entlassen. Zum Nachfolger bestimmte er per Erlass Ex-Finanzminister Naci Agbal, wie im Amtsblatt am Samstag mitgeteilt wurde. Während Analysten sich positiv zu Agbal äußerten, kritisierte die Opposition den Schritt. Dadurch erhöhe sich der Einfluss Erdogans auf die Geldpolitik des Landes. „Was noch fehlte, war eine an die Partei angeschlossene Zentralbank, jetzt ist es soweit“, sagte ein Abgeordneter der Republikanischen Volkspartei (CHP). Die Notenbank gehöre jetzt der AK Partei von Erdogan. Die nächste Zinsentscheidung steht am 19. November an.

Die türkische Lira war am Freitag erneut auf ein Rekordtief zum Dollar gefallen. Gegenüber der US-Währung hat sie in diesem Jahr um 30 Prozent nachgegeben. Erdogan hatte Uysal erst im Juli 2019 vom Vize-Chef an die Spitze der Notenbank befördert, nachdem er dessen Vorgänger Murat Cetinkaya im Streit über aus seiner Sicht zu hohe Zinsen gefeuert hatte. Uysal hatte anschließend mit Zinssenkungen begonnen.


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Im September zog die Notenbank aber im Kampf gegen die Liraschwäche überraschend die Zinszügel wieder an. Im Oktober verzichtete die Zentralbank dann aber entgegen der Erwartung von Investoren vorerst auf eine weitere Zinserhöhung zur Stabilisierung der Landeswährung. Sie beließ den geldpolitischen Schlüsselsatz bei 10,25 Prozent.

Treiber des freien Falls der Lira ist die hohe Inflation. Sie betrug zuletzt zwölf Prozent und liegt damit weit über dem angestrebten Ziel der Notenbank von fünf Prozent. Auch die stark geschmolzenen Währungsreserven des Landes haben die Talfahrt beschleunigt. Zudem lasten Spannungen im Verhältnis zur EU und den USA sowie die Sorge über mögliche Sanktionen auf der Währung des Schwellenlandes.

Obwohl Agbal zu den Verbündeten von Erdogan gehöre, genieße er den Ruf eines fähigen Managers, sagten Analysten. „Uysals Führung war wirklich desaströs“, twitterte Timothy Ash vom Beratungshaus BlueBay Asset Management. Das könne unter Agbal nicht schlimmer werden, er sei für das Amt qualifiziert. Agbal war von 2015 bis 2018 Finanzminister der Türkei. Seither gehörte er dem Rat für Strategie und Haushalt an. Agbal ist bereits der vierte Zentralbankchef in den letzten fünf Jahren.

Erdogan ist ein erklärter Zinsgegner. Er sieht sein Land in einem Wirtschaftskrieg gegen ein „Teufelsdreieck“ aus Zinssätzen, Wechselkursen und Inflation. Erdogan hatte sich von den von ihm maßgeblich mit angestoßen Senkungen mehr Anschubhilfe für die Wirtschaft erhofft.

Mehr zum Thema: Der Ex-Nationalspieler Mesut Özil wechselt in der Venture-Capital-Szene. Dort soll er helfen, Risikokapital in Schwellenländern einzusammeln.

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