
Die bevorstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt könnten den Umfragen zufolge zu einem Desaster für die Bunderegierung werden. Nach einer aktuellen Umfrage hat in Sachsen-Anhalt die Alternative für Deutschland in der Wählergunst nun die SPD hinter sich gelassen. Die Umfrage kommt fast zeitgleich mit zwei anderen Nachrichten aus den Parteien, die die Leidtragenden dieser Entwicklung sind.
Die CDU-Spitzenkandidaten in Mainz und Stuttgart, Julia Klöckner und Guido Wolf, haben „nationale Schritte“ gefordert, um Einwanderungswillige ohne Asylgrund oder Schutzstatus an der Einreise zu hindern. Dass Klöckner dennoch von einem „Schulterschluss“ mit der Kanzlerin spricht, gehört zu den üblichen Verrenkungen der politischen Kommunikation. Die Botschaft an die Rheinland-Pfälzer ist jedenfalls eine andere, nämlich das Versprechen, sich gegen Angela Merkels Politik der offenen Grenzen zu engagieren. Der Unmut über Merkels Strategie der „europäischen Lösung“, die weiter entfernt als je zuvor scheint, ist sicher ein Hauptgrund für die katastrophalen Verluste der CDU in den Umfragen. Klöckner und Wolf scheinen darauf zu setzen, den neuen Konkurrenten AfD zu bekämpfen, indem sie auf die Interessen von deren potentiellen Wählern eingehen.
Wird die AfD langfristig erfolgreich sein?
Die Forschungsgruppe Wahlen hat zwischen September 2014 und Mai 2015 in Deutschland Wahlberechtigte befragt, ob sie glauben, die AfD werde langfristig erfolgreich sein.
Quelle: ZDF Politbarometer, Statista
Im September 2014, also ungefähr ein Jahr nach dem knapp verpassten Einzug in den Bundestag, glaubten nur 56 Prozent der Befragten, die AfD werde langfristig nicht erfolgreich sein.
Zwei Monate später stieg der Anteil derer, die der AfD keinen langfristigen Erfolg zutrauten, auf 63 Prozent.
Im Januar 2015 glaubten 69 Prozent nicht an den langfristigen Erfolg der Euro-Kritiker um Bernd Lucke.
Im Februar 2015 prognostizierten 64 Prozent der AfD keinen langfristigen Erfolg.
Im Mai 2015 stieg (unter dem Eindruck der internen Personaldebatte?) der Anteil derjenigen, die der Alternative für Deutschland keinen Erfolg auf lange Sicht hin zutrauen, auf den in der Umfrage bisher höchsten Stand von 76 Prozent.
Ganz anders reagieren die Berliner Granden der SPD auf ihr eigenes, noch katastrophaleres Umfragedesaster in den drei Bundesländern. Parteichef Sigmar Gabriel wirft Klöckner vor, die Verhandlungsposition der Kanzlerin zu schwächen – als ob die noch schwächer werden könnte. Vor allem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) antwortet wie schon in jüngerer Vergangenheit mit Angriffen auf die Profiteure der Wählerunzufriedenheit. Die AfD sei ein Fall für den Verfassungsschutz, da sie „menschenfeindliche Positionen“ vertrete. Er nimmt nicht die Gründe für die zu erwartende Wählerabwanderung in den Fokus, sondern feuert direkt mit schwerstem Kaliber auf den Feind. Die Hoffnung, deren Wähler für die SPD zu gewinnen, kann so erst gar nicht aufkommen. Die eigenen Reihen durch Demonstration moralischer Überlegenheit zu schließen, hat für Maas eindeutig Priorität. Das ist nicht nur wahltaktisch wenig klug.
Julia Klöckner und ihre Plänen in der Flüchtlingskrise
Eine Mischung aus beiden Strategien ist in der bundesrepublikanischen Geschichte bewährt, um rechtspopulistische Parteien klein zu halten. Das war bisher vor allem die Aufgabe der Union, die rechts von sich keine politische Kraft dulden wollte. In der Regel gelang es, durch seriöse Übernahme der entsprechenden Wählerinteressen bei gleichzeitiger systematischer Ausgrenzung der Parteien und ihres Personals, den Wählern klarzumachen, dass sie mit den bewährten Politprofis der etablierten Parteien besser fahren als mit unberechenbaren Leuten wie Franz Schönhuber. Zu Helmut Kohls Zeiten hat der so genannte Asylkompromiss, der die Zuwandererzahlen drastisch senkte, die Republikaner vernichtet, indem er sie in den Augen ihrer Wähler überflüssig machte. Nicht der Verfassungsschutz und öffentliche Empörung, sondern politische Antworten haben den Rechtspopulismus in Deutschland bisher zu einer quantité négligiable gemacht.