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Ungeachtet der Tatsache, dass Deutschland im internationalen Vergleich bereits heute mit die höchsten Einkommen- und Unternehmenssteuersätze aufruft, soll die Belastung hoher Einkommen weiter steigen und gleichzeitig eine Vermögensteuer eingeführt werden. Quelle: dpa

Schweizer würden Rot-Rot-Grün lieben

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die Steuerpläne von SPD, Grünen und Linken gehen von einer statischen Welt aus. In der dynamischen Realität treiben sie die besten Köpfe ins Ausland.

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Mit dem Trickle-down-Argument kann Armin Laschet nicht gewinnen. Kaum einer glaubt ihm die Geschichte, dass tiefe Steuern für die Wohlhabenden zu mehr Wirtschaftswachstum führen und es darum am Ende allen besser geht. Nur in konservativ-liberalen Kreisen zählt das Argument noch. Es sind Kreise, die unter anderem Friedrich Merz wie einen Popstar feiern.

Für SPD, Grüne und Linke sind das alte weiße Männer, die ökonomisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit argumentieren. Die Erzählung vom Segen der tiefen Steuern gehört für sie ins Reich der Legenden, so wie etwa die vom Ungeheuer im Loch Ness. Alle reden darüber, keiner hat es je gesehen.

Und so gilt die bevorstehende Wahl als möglicher Anfang einer fiskalischen Revolution. Ungeachtet der Tatsache, dass Deutschland im internationalen Vergleich bereits heute mit die höchsten Einkommen- und Unternehmenssteuersätze aufruft, soll die Belastung hoher Einkommen weiter steigen und gleichzeitig eine Vermögensteuer eingeführt werden.

Seit die SPD in den Umfragen davonzieht und gar eine rot-rot-grüne Koalition denkbar erscheinen lässt, wirkt die Umsetzung der Pläne gar nicht mehr so fern. Doch wie so oft in der deutschen Politik wird die Rechnung in einer statischen Welt gemacht. In dieser Welt nehmen Bürgerinnen und Bürger eine höhere Besteuerung wie Schafe hin. Die dynamische Realität aber funktioniert völlig anders. Höhere Steuern treffen überproportional viele hochqualifizierte Angestellte und Unternehmer, die überdurchschnittlich mobil sind. Früher brachten sie oft ihr Schwarzgeld ins Ausland. Heute gehen sie selbst. Mancher nimmt die Firma gleich mit.

Ob der Trickle-down-Effekt existiert oder nicht, kann also nicht entscheidend in der Steuerdiskussion sein. Die Coronalasten übrigens auch nicht, eine hohe Verschuldung ist ja laut SPD und Co. gar kein Problem. Dass dagegen der Braindrain eine besondere Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes darstellt, lässt sich kaum bestreiten.

Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung wandern gut ausgebildete und junge Naturwissenschaftler und ITler bevorzugt in Länder mit tiefen Steuern und einem attraktiven Forschungsumfeld ab. Oft für immer. Großbritannien, die Schweiz oder die USA danken den Deutschen schon heute für diese Talente. Rot-Rot-Grün würde ohne Zweifel nachhaltig und grenzenlos geliebt – im Ausland.

Mehr zum Thema: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist aus Ruinen auferstanden und feiert ein unerwartetes Comeback. Dass die trübe Bilanz des Finanzministers und Vizekanzlers im Wahlkampf bisher kaum eine Rolle spielt, ist sein großes Glück.

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