Bund und Länder einig beim CO2-Preis Was kommt auf die Bürger zu?

Klimapaket: Bund und Länder erzielen Durchbruch bei Klima-Vermittlung Quelle: dpa

Erst traten die Länder auf die Bremse, jetzt geht alles ganz schnell. Bund und Länder haben sich in den Verhandlungen zum Klimapaket geeinigt. Worum genau geht es?

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Nun soll es doch noch eine Klima-Bescherung geben. Der UN-Klimagipfel in Madrid ist kaum vorangekommen – die Politik in Deutschland zeigt mehr Handlungsfähigkeit und kann nach langem Gezerre Fortschritte präsentieren. Bund und Länder haben in schwierigen Verhandlungen über das Klimapaket dicke Brocken aus dem Weg geräumt. Die Kernergebnisse: Ein höherer CO2-Preis beim Heizen und Tanken – im Gegenzug Entlastungen für Pendler und beim Strompreis. Für Bahnkunden bedeutet die Einigung: zum neuen Jahr sinken die Preise im Fernverkehr, denn die Mehrwertsteuersenkung kommt nun.

Was der Kompromiss politisch bedeutet:

Von einem „gordischen Knoten“ war die Rede, den Bund und Länder bei ihren Verhandlungen durchschlagen mussten. Bis 1.30 Uhr am frühen Montagmorgen saßen Ministerpräsidenten mit Vertretern der Bundesregierung zusammen. Die Gemengelage war schwierig: vor allem die Grünen drängten auf einen höheren CO2-Einstiegspreis – weil die bisher veranschlagten zehn Euro pro Tonne ab 2021 viel zu wenig seien für mehr Klimaschutz. Nur wenn der Preis steigt, wollten sie einer Anhebung der Pendlerpauschale zustimmen.

Die Union wiederum war dem Vernehmen nach offen für einen höheren CO2-Preis, pochte aber auf Entlastungen für Pendler. Und die SPD? Zwar hatten sich die neuen SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans für einen höheren Einstiegspreis ausgesprochen. Bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sei davon aber nicht viel zu spüren gewesen, hieß es in Teilnehmerkreisen. Wurde in der SPD doch als Gefahr gesehen, dass gerade bei der SPD-Stammklientel Belastungen beim Autofahren oder Heizen nicht so gut ankommen?

von Jacqueline Goebel, Martin Seiwert, Thomas Stölzel

Aber auch für die Grünen ist der Kompromiss nicht einfach zu verkaufen: Die wollen eigentlich einen noch viel höheren CO2-Preis und müssen auch gegenüber Umweltverbänden und der Bewegung Fridays For Future liefern. Die Grünen handelten aber nun nach dem Motto: besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Parteichefin Annalena Baerbock sagte: „Natürlich wäre viel, viel mehr nötig, aber wir sitzen nicht in der Bundesregierung.“

Höherer CO2-Preis:

Der CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden soll zum 1. Januar 2021 mit 25 Euro pro Tonne starten – bisher war ein Einstiegspreis von 10 Euro vorgesehen. Der Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln. Ein Preis von zehn Euro pro Tonne CO2 hätte Benzin um etwa drei Cent pro Liter verteuert, so Berechnungen von Experten. Ein Einstiegspreis von 25 Euro bedeutet nun, dass Benzin um etwa 7,5 Cent teurer wird.

Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 55 Euro erhöht werden – bisher vorgesehen waren 35 Euro. 2026 dann soll ein Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 55 Euro pro Emissionszertifikat und einem Höchstpreis von 65 Euro festgelegt werden. Im Frühjahr soll die Bundesregierung einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes einbringen.

Anhebung der Pendlerpauschale:

Die Pendlerpauschale soll ab 2024 noch einmal steigen - um zumindest für Arbeitnehmer auszugleichen, dass Diesel und Benzin über den CO2-Preis teurer werden. Nach den bisherigen Planungen sollte ab 2021 die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer - also für längere Strecken – um fünf Cent pro Kilometer steigen. Ab 2024 soll die Pauschale nun um weitere drei Cent auf dann insgesamt 38 Cent pro Kilometer ab dem 21. Entfernungskilometer erhöht werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, es sei besonders wichtig für den ländlichen Raum, dass die Pendlerpauschale nicht nur erhalten bleibe, sondern sogar noch eine Schippe draufgelegt werde. Von der Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler profitieren rund 11,74 Millionen Steuerpflichtige, wie aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht.

Entlastung bei der EEG-Umlage:

Die Einnahmen aus dem nun höheren CO2-Preis sollen zur Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms verwendet und so den Bürgern zurückgegeben werden. Dies bedeute für 2021 eine Senkung der EEG-Umlage von 5,4 Milliarden Euro, wie die dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Je höher der CO2-Preis dann steigt, desto höher sind die Entlastungen bei der EEG-Umlage. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil beim Strompreis, der nun also sinken soll. Das Klimakabinett der Bundesregierung hatte sich auf eine Senkung verständigt, aber in einem aber viel kleineren Umfang.

Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn:

Anfang 2020 sinken die Preise im Fernverkehr der Bahn – wenn dann wie im Nahverkehr nur noch sieben Prozent statt 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden. Die Bahn hat bereits angekündigt, ihre Preise im Fernverkehr um rund 10 Prozent zu senken. Das soll mehr Bürger dazu bringen, vom Auto oder dem Flugzeug auf die Bahn umzusteigen.

Mehr Geld für die Länder:

Die Länder hatten kritisiert, die Steuervorhaben aus dem Klimapaket sorgten für Belastungen, während der Bund Mehreinnahmen habe. Die Länder sollen nun für den Zeitraum von 2021 bis 2024 insgesamt 1,5 Milliarden Euro als Ausgleich erhalten. Damit sei eine faire Einnahmenverteilung zwischen Bund und Ländern erreicht, hieß es.

Was noch offen ist – und wie es weiter geht:

Geplant ist ab Anfang 2020 auch ein Steuerbonus bei der energetischen Sanierung von Wohnhäusern, also für neue Fenster, Heizungen oder Isolation. Wie genau diese Förderung genau aussehen soll, ist aber noch offen – genau so, ob es auch für Fernbusse eine Mehrwertsteuersenkung geben soll.

Die Vorschläge soll gesamte Vermittlungsausschuss am Mittwoch absegnen. Stimmt das Gremium zu, müssen Bundestag und Bundesrat noch zustimmen – der Bundestag am Donnerstag, der Bundesrat am Freitag. Dieser Fahrplan ist nötig, damit die Mehrwertsteuerentlastung bei der Bahn zum 1. Januar wirksam werden kann.

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