Bundeswehr Streit um Gratis-Bahnfahrten: Wehrbeauftragter Bartels fordert mehr Wertschätzung für Soldaten

Der Wehrbeauftragte des Bundestags pocht auf Gratis-Zugfahrten für Soldaten, aber die Gespräche zwischen Ministerium und Bahn sind schwierig.

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Für geschätzte 400.000 bis 800.000 Freifahrten von Soldaten pro Jahr veranschlagt die Bahn laut „Spiegel“ rund 38 Millionen Euro.

Berlin Das Ringen um Gratis-Bahnfahrten für Soldaten in Uniform stößt beim Wehrbeauftragten des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), auf Unverständnis. „Von 450 Bundesbürgern ist einer Soldat. Wenn man für deren besonderen Dienst eine besondere Wertschätzung der Nation zum Ausdruck bringen will, kann das ja wohl nicht an der Frage der Kostenrechnung eines besonders staatsnahen Unternehmens scheitern“, sagte Bartels den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Der Bahnvorstand sollte da in eigener Verantwortung entgegenkommend sein. Ein symbolischer Kostenbeitrag aus dem Verteidigungshaushalt sollte reichen. Der Bund zahlt schließlich schon zig Milliarden für den Ausbau des Schienennetzes.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer setzt auf eine rasche Einigung mit der Bahn. „Wir wollen sehr zügig zu einer Lösung kommen mit der Bahn, in der klar ist, wenn jemand mit Uniform und Dienstausweis Bahn fährt, dann soll er das auch frei machen können“, sagte die CDU-Vorsitzende am Montag im ZDF. Dabei gehe es um Anerkennung und darum, deutlich zu machen, wofür die Soldatinnen und Soldaten stünden. „Ich glaube, das Minimum, was sie erwarten können von uns, ist, dass sie die Bahn frei nutzen können.“

Kramp-Karrenbauer bestätigte, dass aktuelle Berichte über die Pläne den Verhandlungsstand wiedergäben. Die Verteidigungsministerin hatte die Idee der Fahrten in ihrer Regierungserklärung Ende Juli ins Gespräch gebracht, um die Sichtbarkeit der Bundeswehr zu erhöhen. Dabei geht es nicht um Freifahrten im eigentlichen Sinne: Die Soldaten könnten nur umsonst fahren, weil die Bundeswehr für den Transport bezahlt.

Nach Informationen des „Spiegels“ gestalten sich die Gespräche zwischen Verteidigungsministerium und Bahn schwierig. Der geplante Startschuss Anfang 2020 sowie das Projekt als Ganzes seien in Gefahr, berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf Bahn-Kreise. Strittig sind dem Bericht zufolge vor allem die Buchungskonditionen. Die Bahn will Soldaten demnach nur in nicht stark ausgelasteten Zügen befördern, für die sie normalen Kunden rabattierte Sparpreis-Tickets anbietet.

Die Bahn bestehe zudem darauf, dass Soldaten nur Fernverkehrszüge wie den ICE, aber keine Regionalverbindungen nutzen dürften, da diese oft durch private Firmen oder regionale Tarifverbünde bedient würden. Nur 40 Prozent des Regionalverkehrs werden von der Bahn betrieben. Zudem müsste aufwendig ein eigenes Buchungssystem programmiert werden. Dies würde Jahre dauern und 26 Millionen Euro kosten. Für geschätzte 400.000 bis 800.000 Freifahrten von Soldaten pro Jahr veranschlagt die Bahn laut „Spiegel“ rund 38 Millionen Euro. Die Bundeswehr sei anfangs von deutlich weniger ausgegangen.

Von der Bahn hieß es, man wolle sich zwar mit der Bundeswehr einigen. Eine weitere Belastung auf stark genutzten Strecken durch die Soldaten sei jedoch nicht hinnehmbar. Im Interesse der zahlenden Kundschaft müssten „übervolle Züge verhindert werden“, heißt es demnach in einem internen Bahn-Papier.

„Absurd bis peinlich“

Der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner nannte den Vorgang „absurd bis peinlich“: Es sei irritierend, dass niemand die Kapazitäten der Bahn durchgerechnet habe, bevor Kramp-Karrenbauer und vor ihr ihre Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen seien, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: „Die Gespräche sind weit fortgeschritten, derzeit werden letzte Details geklärt. Die nächste Verhandlungsrunde findet nach der Sommerpause statt.“ Die CSU im Bundestag hatte bereits bei einer Klausurtagung im Januar auf Initiative Dobrindts einen Beschluss gefasst, wonach sie kostenlosen Nah- und Fernverkehr für Soldaten in Uniform will.

Mehr: Lesen Sie mehr über die erste Regierungserklärung der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

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