Coronakrise Die Ökonomie der Maske

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Smartphones erkennen ihre Nutzer nicht

Selbst Computer müssen sich erst an die neuen Corona-Gesichter gewöhnen. Vor allem die Algorithmen von Gesichtserkennungssoftware sind mit den Maskenträgern noch lange nicht so vertraut, wie es ihren Entwicklern lieb wäre.  Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des US National Institute of Standards and Technology (NIST) in Gaithersburg, Maryland. Selbst bei den besten der insgesamt 89 untersuchten Gesichtserkennungssystemen lag die Fehlerquote bei Maskenträgern 16-mal höher als bei unmaskierten Gesichtern. 

So auch die Face ID von Apple, die als eine der ausgereiftesten Technologien am Markt gilt. Wie die meisten entwickelten Konkurrenzprodukte nutzt sie ein Raster aus Infrarotpunkten, um die Gesichtsform des Benutzers zu messen. Das so erstellte Profil ist einmalig – das Gesicht fungiert also als eine Art fälschungssicheres Passwort, mit dem der Nutzer Smartphones und Tablets entsperren, oder auf andere Funktionen wie den Bezahldienst Apple Pay zugreifen kann. Make-up, dicke Bärte und sogar Sonnenbrillen kann die Gesichtserkennungssoftware überwinden. Für Maskenträger ist sie jedoch unbrauchbar. 

Runde Masken stören am wenigsten

Lag die Fehlerquote der besten Algorithmen für Gesichter ohne Maske bei 0,3 Prozent, so stieg sie bei Maskenträgern auf rund fünf Prozent. Die meisten der untersuchten Programme schnitten noch deutlich schlechter ab: Sie verzeichneten Fehlerraten zwischen 20 und 50 Prozent bei Benutzern, die eine Maske getragen haben.

Für die Untersuchung projizierten die Forscher neun verschiedene Maskenformen digital auf insgesamt sechs Millionen Porträtfotos, die bereits in früheren Studien für Leistungstests der Algorithmen herangezogen wurden. Das Team verglich dann die Anzahl der richtig identifizierten Gesichter bei jenen Fotos, auf die eine digitale Maske gesetzt wurde, mit der Leistung der Algorithmen bei den Originalbildern. 

Ergebnis: Der Großteil der Programme kommt mit runden Masken deutlich besser zurecht als mit eckigen, der hellbaue Einweg-Mundschutz stört weniger als die schwarze Stoffmasken – und: Je mehr die Nase von der Maske bedeckt ist, desto schlechter konnten die Algorithmen das Gesicht erkennen.

Siri mag selbstgebastelte Masken nicht 

Auch Spracherkennungssoftwares tun sich mit Maskenträgern schwerer. Der Mundschutz hält neben Coronaviren auch die Verbreitung von Schall zurück – die Sprache wird gedämpft, was dazu führt, dass Wörter leiser und unverständlicher klingen. Plaudereien in der Bahn, im Supermarkt oder beim Bäcker können dann genauso schnell zur Herausforderung werden wie das Kommunizieren mit dem persönlichen Sprachassistenten.

Wer Siri und Alexa einen Gefallen tun möchte, der sollte vor allem auf selbst gebastelte Masken aus Bettlaken verzichten. Das haben Forscher der Universität Illinois in einer Studie Anfang September herausgefunden. Sie haben insgesamt zwölf verschieden Maskenmaterialien und deren Auswirkung auf den übermittelten Schall auf Ansteckmikrofone untersucht.

Getestet wurden unter anderem eine chirurgische Maske aus Polypropylen, sechs Stoffmasken aus verschiedenen Materialen, zwei Stoffmasken mit transparenten Fenstern und ein Kunststoffschild. Am stärksten dämpften Masken aus dicht gewebtem Denim sowie Leinen den Schall, gefolgt von der Stoffmaske mit transparenten Fenstern. Masken aus den Materialen Webart oder Baumwolle-Spandex veränderten die Akustik am geringsten. 

Mikrofone für die Maske 

Ob die Spracherkennung funktioniert, hängt aber nicht nur von der Lautstärke ab – auch der Winkel, in dem die Schallwellen auf das Mikrofon einfallen, bestimmt, wie gut der Assistent seinen Nutzer versteht. Je direkter man in den Lautsprecher spricht, desto besser. 


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„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Masken die Schallenergie zu den Seiten ablenken“, schreiben die Wissenschaftler. Anstatt frontal im optimalen Winkel auf das Mikrofon zu treffen, geht der Schall also über die Seiten verloren. Mikrofone an der Seite der Maske, so die Studie, könnten Sprachassistenten dabei helfen den „verlorenen gegangenen Schall“ wieder „einzufangen“. 

Wie das optisch aussehen könnte, bleibt fraglich. Ein kleiner Lichtblick: Alle Masken dämpfen den Ton „gleichmäßig“, das Gesprochene kommt also leiser, aber trotzdem immer in der etwa selben Laustärke beim Assistenten an – die Art von Dämpfung, die Sprachsoftware, so die Autoren, am leichtesten korrigieren kann.

Corona-Schminktipps gegen Kundenverlust

Tipps zum Nachbessern gibt es mittlerweile auch aus der Beautybranche. Etliche Kosmetikhersteller feilen an Rezepturen für maskenfestes Make-up. Die Marke Kolmar Korea wirbt beispielsweise mit Sonnencreme, Lipgloss und Puder, die allesamt schweißfest sind und beim Tragen von Gesichtsmasken nicht verlaufen. Artdeco verkauft „mask proof“-Lippenstifte und auch der Beauty-Konzern L’Oreal arbeitet Presseberichten zufolge an verstärkt am Ausbau seines „covid-tauglichen“ Sortiments. 

„Marken und Händler müssen schnell reagieren und neben einzelnen Produkten auch komplette Masken-Looks veröffentlichen“, sagt Sharon Kwekk, Branchenanalystin bei der Marktforschungsagentur Mintel. Europäische Marken sollten sich an der Konkurrenz aus Asien orientieren. „Asiatische Unternehmen haben das Potenzial, Innovationsführer in Sachen Masken-Make-up zu werden.“

Maskenfestes Make-up aus Asien

Weil das Maskentragen in Länder wie China oder Südkorea bereits vor der Pandemie zum Alltag gehörte, beschäftigen sich die dortigen Hersteller schon längere Zeit mit covid-tauglichen Kosmetika. „Dadurch haben sie einen Vorsprung“, so die Analystin.  Für westliche Länder lohne es sich aber auch aus einem anderen Grund,  auf östliche Produktinnovationen zu blicken: „Viele Verbraucher auf der ganzen Welt  werden auch nach der Coronakrise noch Schutzmasken tragen.“

Mehr zum Thema: Die Bundesregierung will den Konsum ankurbeln. Doch die bestehenden Coronaauflagen hemmen die Kauflaune der Bürger.

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