Hohe Energiepreise So will die Bundesregierung die Haushalte entlasten

Die steigenden Heizkosten bereiten vielen Haushalten Probleme. Quelle: dpa

Der Ukraine-Krieg hat die Heizkosten noch einmal deutlich angetrieben. Die Ampel verdoppelt nun den Heizkostenzuschuss für Geringverdiener und bringt steuerliche Entlastungen auf den Weg. Die Maßnahmen im Überblick.

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Bürger mit wenig Einkommen, aber auch alle Steuerzahler und Unternehmen, bekommen staatliche Hilfe wegen der dramatisch gestiegenen Energiekosten. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch mehrere Entlastungsmaßnahmen auf den Weg, auf die sich SPD, Grüne und FDP bereits vor dem Ukraine-Krieg grundsätzlich geeinigt hatten. Außerdem beschlossen die Ampelfraktionen, den geplanten Heizkostenzuschuss für Haushalte zu verdoppeln.

Doch schon jetzt ist klar: Auch dabei soll es nicht bleiben. Denn seit dem Krieg sind die Kosten noch einmal in die Höhe geschossen – am deutlichsten sieht man das an der Tankstelle. Seit Tagen bereits ringt die Koalition um weitere Hilfen vor allem für Autofahrer. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat einen direkten Zuschuss auf der Tankquittung ins Spiel gebracht, die Grünen ein Energiegeld. Die oppositionelle Union fordert niedrigere Steuern auf Benzin und Diesel. Hier stand eine Einigung am Mittwoch noch aus. Die SPD drängt zudem auf Hilfen für Familien, die keinen Anspruch auf Wohngeld haben. „Wir werden noch diese Woche über weitere Entlastungsmöglichkeiten mit den Koalitionspartnern beraten“, kündigte FDP-Fraktionschef Christian Dürr an.

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Folgende Maßnahmen dagegen wurden angestoßen – sie müssen allerdings im Bundestag und teilweise auch im Bundesrat noch beschlossen werden, bevor sie in Kraft treten können:

Verdopplung des Heizkostenzuschusses

Wohngeldempfänger sowie viele Studenten und Auszubildende sollen einen deutlich höheren Zuschuss zu den Heizkosten bekommen als bisher geplant. Die Ampelfraktionen einigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch wegen der im Zuge des Ukraine-Kriegs explodierten Preise auf eine Verdopplung. Im Bauausschuss wurde am Vormittag ein entsprechender Beschluss gefasst.

Unterstützung soll es für Wohngeldbezieher, für Studenten mit Bafög, Bezieher von Aufstiegs-Bafög und Berufsausbildungsbeihilfe geben. Wohngeldbezieher, die alleine leben, bekommen 270 Euro, Zwei-Personen-Haushalte 350 Euro. Für jeden weiteren Mitbewohner sind noch einmal 70 Euro vorgesehen. Studenten, Auszubildende und andere Berechtigte erhalten pauschal 230 Euro.

Nach früheren Angaben profitieren davon rund 2,1 Millionen Bürger, etwa Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende oder Menschen, die wenig verdienen. Sie sollen das Geld ohne Antrag direkt auf ihr Konto überwiesen bekommen.

SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz begründete die Erhöhung mit der Preisentwicklung für Energie und Wärme. „Wir wissen, dass gerade einkommensschwächere Haushalte unter den steigenden Energiepreisen leiden“, sagte sie der dpa. „Doch niemand sollte in einer kalten Wohnung leben müssen, darum bringen wir den Zuschuss noch in dieser Woche auf den Weg.“ Er soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden.

Sie rechne mit einer Auszahlung spätestens zum Ende des Jahres, wenn die Nebenkostenabrechnungen anstehen, sagte Hubertz. Es müssten allerdings noch weitere Entlastungsschritte folgen, etwa für Familien, die keinen Anspruch auf Wohngeld hätten und für Unternehmen, die unter hohen Energiepreisen litten.

Fast eine halbe Billion Euro umfasst das erste Ampel-Budget. Die Verteidigungsausgaben stagnieren, das Nato-Ziel wird weiter verfehlt. Dagegen bleibt der mit Abstand größte Posten der für Arbeit und Soziales.
von Christian Ramthun

Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, er sei froh, dass die Ampelkoalition schnell reagiere und zusätzliche Entlastungen schaffe. Der Zuschuss vor allem für Geringverdiener sei ein wichtiger erster Schritt. „Wir werden noch diese Woche über weitere Entlastungsmöglichkeiten mit den Koalitionspartnern beraten“, kündigte er an.

Höhere Pendlerpauschale für Fernpendler

Das Kabinett beschloss, dass die eigentlich 2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler – ab dem 21. Kilometer – wegen der gestiegenen Spritpreise vorgezogen wird. Befristet und rückwirkend zum 1. Januar sollen nun 38 Cent abgerechnet werden. Derzeit beträgt die Pauschale bis zum 20. Kilometer 30 Cent, ab dem 21. Kilometer 35 Cent. Die Maßnahme war vor allem bei den Grünen umstritten. Die Koalition hat aber verabredet, die Pendlerpauschale noch in dieser Legislaturperiode völlig neu zu denken und ökologisch-soziale Belange besser zu berücksichtigen.

Höhere Freibeträge in der Steuererklärung

Davon profitieren alle Arbeitnehmer, die eine Steuererklärung einreichen: Die Werbekostenpauschale – offiziell Arbeitnehmerpauschbetrag – wird nach einem Beschluss des Kabinetts rückwirkend zum Jahresbeginn um 200 Euro auf 1200 Euro erhöht. Außerdem steigt der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von derzeit 9984 Euro auf 10 347 Euro. Alle steuerlichen Maßnahmen zusammen kosteten den Staat laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) rund 4,5 Milliarden Euro.

Sofortzuschlag für Familien mit Kindern und kleinen Einkommen

Das Kabinett segnete auch Hilfen für ärmere Familien ab. Ab Juli sollen Kinder und Jugendliche in Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, 20 Euro mehr im Monat bekommen. Insgesamt wird der Zuschlag rund 2,9 Millionen Menschen zugutekommen – auch etwa 200.000 Kindern von Asylbewerbern.

Einmalzahlung für besonders bedürftige Erwachsene

Erwachsene, die Arbeitslosengeld II, Grundsicherung oder Sozialhilfe beziehen, sollen im Juli eine sogenannte Corona-Einmalzahlung von 100 Euro bekommen. Das Geld ist auch als Ausgleich für coronabedingte Zusatzbelastungen wie Käufe von FFP2-Masken gedacht. „Klar ist, der Sozialstaat steht den Menschen in schwierigen Zeiten weiter zur Seite“, erklärte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Zuschuss an der Tankstelle?

Noch nicht beschlossen ist der von Finanzminister Christian Lindner vorgeschlagene befristete staatlichen Zuschuss an der Tankstelle. Er will den Spritpreis damit auf unter zwei Euro pro Liter Diesel oder Benzin drücken. Die konkrete Ausgestaltung ist offen. In der „Rheinischen Post“ rechnete der FDP-Politiker vor, 40 Cent Entlastung pro Liter für drei Monate würden den Staat 6,6 Milliarden Euro kosten.



Kritik daran kommt unter anderem von seinen Koalitionspartnern, aber auch von Ökonomen. „Statt reichen SUV-Fahrern die Tankfüllung zu bezahlen, sollten wir besser ein Mobilitätsgeld für ökologisch ausgerichtete Mobilität an wirklich Bedürftige zahlen“, sagte Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, der „Rheinischen Post“. Ein Tankrabatt sei ökonomisch und ökologisch unsinnig, teuer und sozial ungerecht.

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