
WirtschaftsWoche Online: Herr Sandmann, wenn Bodo Ramelow am Freitag Ministerpräsident wird, sind Sie gescheitert. Haben Sie davor Angst?
Stefan Sandmann: Nein, ich bin noch nie in meinem Leben gescheitert. Wenn ich mir irgendetwas vorgenommen habe, dann habe ich das auch erreicht.
Sie lehnen ein rot-rot-grünes Bündnis ab. Wieso?
Ich halte es aus wirtschafts- und finanzpolitischen Gründen für verantwortungslos, ja sogar für einen Irrsinn, die Linkspartei in eine Regierungsverantwortung zu bringen, der sie nicht gerecht werden kann. Außerdem hat sie ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet und ist immer noch von ehemaligen Stasi-Mitgliedern durchdrungen, die heute im Parlament sitzen. Es kann nicht sein, dass Menschen, die in der DDR für das Leid von vielen Menschen verantwortlich waren und sich gleichzeitig bereichert haben, heute im Parlament Gesetze beschließen, vor allem, wenn es um Themen geht, die auch die Opfer von damals betreffen. Das kann ich absolut nicht verstehen.
Zur Person
Der gelernte Sparkassenbetriebswirt und Unternehmensberater war bis vor ein paar Tagen Vorsitzender der SPD in der südthüringischen Universitätsstadt Ilmenau. Als einer der schärfsten Kritiker einer möglichen rot-rot-grünen Regierung trat er bei der Wahl vergangene Woche nicht mehr an. Laut der Thüringer Allgemeine begründete er seinen Schritt mit der "Eskalation" im Ilmenauer Verband, die im "hasserfüllten" Schriftwechsel von Mitgliedern gipfelte.
Was erwarten Sie bei der Abstimmung am Freitag?
Ich hoffe, dass es gar nicht zu Rot-Rot-Grün kommt, weil es vernünftige Menschen aus SPD und Grünen gibt, die die Geschichte kennen – und für die Ramelow deshalb nicht wählbar sein wird. Es reicht bei der Wahl ein Abgeordneter, der Rückgrat hat und nicht für Ramelow abstimmt. Wir hoffen, dass es von denen mindestens einen oder zwei gibt, die das durchziehen – und die die Ehre von SPD und Grünen retten. Ich glaube fest, dass Ramelow verhindert werden kann, sonst würden wir das alles nicht machen. Wir können Thüringen – ein Land, das sich so wunderbar entwickelt hat – doch nicht kaputt machen.
Wie wollen Sie einen linken Ministerpräsidenten verhindern?
Wir werden am 4.12.2014 um 19:00 Uhr vor dem Landtag, in einer friedlichen Demonstration, gemeinsam mit Grünen, SPD-Mitgliedern und einigen Bürgerrechtlern auf die Straße gehen. Vielleicht können wir so den einen oder anderen SPD- oder Grünen-Abgeordneten noch umstimmen.
Mögliche Abweichler
Der Abgeordnete ist seit 2013 Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie des Freistaats Thüringen und Vize-Präsident des Landtags. Er hat sich vor und nach der Wahl gegen ein rot-rot-grünes Bündnis ausgesprochen. Er werde mit seinem "Kreuz verantwortungsvoll umgehen" – bis zuletzt hatte er offengelassen, ob er für Ramelow stimmen wird.
Schon bei einer Abstimmung im Landesvorstand der Linken stimmte sie gegen Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen, weil sie „nicht mit allen Ergebnissen der Sondierungsgesprächen“ zufrieden sei. Im Thüringer Landtag saß sie bereits 2004 bis 2009 und nun wieder seit 2012. Zwischen 1979 und 1992 war sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. Heute fungiert sie als Sprecherin für Agrarpolitik und regionale Entwicklung.
Können Sie Namen nennen, die wackeln?
Nein, das kann ich nicht. Aber ich glaube, dass es sehr spannend werden wird. Dem Fraktionszwang zu folgen halte ich in dieser Situation für falsch, weil jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen und dem Wohl der Thüringerinnen und Thüringern gegenüber verpflichtet sein sollte.
Glauben Sie nicht, dass ein linker Ministerpräsident für das Land einiges bewegen könnte?
Nein, weder in Thüringen noch in Deutschland. In Nordkorea und in China könnte er etwas werden, aber bei uns kann er nichts tun. Diese menschenverachtende Ideologie, die er durch seine kommunistischen Züge an den Tag legt, die ist allein schon deshalb verwerflich, weil sie so viele Menschen auf dem Gewissen hat. Herr Ramelow ist ein Kommunist durch und durch, der schon zu seinen Zeiten in Marburg als Gewerkschafter die DKP unterstützt hat. Er ist, meiner Meinung nach, bis heute ein Verfechter dieser menschenverachtenden Ideologie, er setzt sich beispielsweise für eine Aufhebung des KPD-Verbotes ein – für mich ist das ein Ausschlusskriterium für einen Ministerpräsidenten in einem demokratischen Land.