




Bei weiteren Schritten zur Einführung der umstrittenen PKW-Maut setzt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf eine Verständigung mit der SPD. „Wir bewegen uns mit den möglichen Veränderungen innerhalb der Koalitionsvereinbarung“, sagte Dobrindt der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagsausgabe). „Deshalb glaube ich, dass wir mit der SPD zu einer gemeinsamen Linie kommen werden.“ Da die SPD die Pkw-Maut immer kritisch begleitet habe, seien die Reaktionen nicht verwunderlich.
Die SPD hatte angekündigt, einen möglichen Kompromiss zwischen Dobrindt und der EU-Kommission kritisch zu prüfen. Im Gespräch ist auch, umweltfreundliche Autos stärker als in Höhe künftiger Mautzahlungen bei der Kfz-Steuer zu entlasten. Hierfür müssten die bereits geltenden Mautgesetze geändert werden. Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens erklärte: „Hätte die SPD der Union den Mautmurks nicht durchgehen lassen, wäre sie jetzt nicht in Erklärungsnot.“
Auch neuer Widerstand aus anderen EU-Staaten wie Österreich und den Niederlanden ist nicht auszuschließen: So sieht Österreich die Annäherung zwischen Berlin und Brüssel kritisch. EU-Kommissar Günther Oettinger bot dem Bundesverkehrsminister Beratung durch Brüsseler Fachbeamte an, um das Mautmodell gegen mögliche Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof zu wappnen.
Was bei der Pkw-Maut auf die Autofahrer zukommt
Deutsche sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.
Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Im Schnitt kostet sie 74 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.
Für Ausländer gibt es neben der genauso berechneten Jahresmaut auch zwei mögliche Kurzzeittarife: Eine Zehn-Tages-Maut für 2,50, 4, 8, 14 oder 20 Euro sowie eine Zwei-Monats-Maut für 7, 11, 18, 30 oder 40 Euro.
Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden - auf den Cent genau. Bei besonders schadstoffarmen Autos (Euro 6) soll die Steuer nun sogar stärker sinken als es dem zu zahlenden Mautbetrag entspricht.
Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.
Statt an Klebe-Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.
Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Eine genaue Höhe nennt der Gesetzentwurf vorerst nicht. Geldbußen sollen auch im Ausland eingetrieben werden.
Inländer, die nachweisen wollen und können, dass sie in einem Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren sind, können die Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein Fahrtenbuch sein.
Solche Klagen seien nicht auszuschließen, sagte Oettinger der „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe). „Deswegen stehen die Fachbeamten der Brüsseler EU-Kommission bereit, um Herrn Dobrindt bei der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes zu beraten.“ Mit der Beratung der EU-Kommission dürfte die Rechtssicherheit dann sehr hoch sein. Oettinger begrüßte grundsätzlich das neue Mautmodell, auf das sich Bundesregierung und EU-Kommission einigen könnten. „Wenn auch noch eine Umweltkomponente hinzu kommt, ist die deutsche Pkw-Maut zukunftsweisend“, sagte er.
Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) erwartet nun Mautregelungen auch für weitere EU-Länder. „Logische Konsequenz ist die flächendeckende Maut für alle in Europa“, sagte er der „Neuen Westfälischen“ (Samstagsausgabe).
obrindt rechnet mit einer Einigung noch in diesem Monat. „Wir bewegen uns in wirklich konstruktiven Gesprächen aufeinander zu“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). Seien die letzten Fragen mit der EU-Kommission geklärt, müsse die technische Umsetzung wie die europaweite Ausschreibung der Maut angegangen werden. Die Abgabe werde darum erst „in der nächsten Legislaturperiode möglich sein“.
Pkw-Maut in ausgewählten europäischen Ländern
Autofahrer brauchen für die Benutzung der sogenannten Nationalstraßen, zu denen auch die Autobahnen gehören, eine Vignette. Sie gilt ein Jahr und kostet 40 Schweizer Franken
Für Autobahnen und Schnellstraßen ist eine Vignette nötig. Sie kostet für 10 Tage 8,80 Euro, für ein Jahr 85,70 Euro.
Kroatienurlauber fahren meist durch Slowenien. Für Autobahnen und Schnellstraßen brauchen sie eine Vignette, die 15 Euro pro Woche kostet
Die Autobahnen A1, A2 und A4 sind streckenweise gebührenpflichtig.
Auf fast allen Autobahnabschnitten wird eine streckenabhängige Maut fällig.
Urlauber müssen auf fast allen Autobahnen zahlen. Die Gebühr hängt auch von der gefahrenen Distanz ab.
Bei der Auffahrt auf die Autobahn bekommen Fahrer in der Regel ein Ticket, das sie beim Verlassen je nach Distanz bezahlen.
Die meisten Autobahnen kosten. Die Bezahlung erfolgt je nach Strecke an Mautstationen oder elektronisch.
Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft warnt vor erheblich mehr Bürokratie durch die Maut. Betroffen seien gleich mehrere Verwaltungen, sagte Gewerkschaftschef Dieter Dewes der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Das ist ein bürokratisches Monster.“ Die Pläne seien unausgegoren. „Es ist ein Politikum, das man durchsetzen will, punktgenau zum CSU-Parteitag - aber ohne Mehrwert.“ Unterm Strich werde die Maut keine zusätzlichen Einnahmen bringen.
Zusätzliche Arbeit komme zumindest auf das Kraftfahrtbundesamt (KBA) und die Zollverwaltung zu, warnte Dewes. Das KBA soll die Maut bei den inländischen Autobesitzern eintreiben, der Zoll ist für die Kfz-Steuer zuständig, bei der Inländer im Gegenzug entlastet werden sollen.