Populismus Gewerkschaften wollen Populismus den Kampf ansagen

Viele Deutsche fühlen sich bedroht. Sollen also die Grenzen wieder stärker abgeriegelt werden? Die Arbeitgeber und die Gewerkschaften halten gar nichts davon.

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Eine Kundgebung gegen Populismus in Berlin. Quelle: dpa

Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen populistischen Tendenzen in Deutschland verstärkt den Kampf ansagen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnten dabei vor einem Rückzug ins Nationale.

„Trotz guter Arbeitsmarktlage leben viele Menschen in Sorge und Unsicherheit, das macht sie anfällig für populistische, rückwärtsgewandte und national-soziale Antworten“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Mehr als 20 Prozent der Beschäftigten seien im Niedriglohnsektor gefangen. Langzeitarbeitslosigkeit habe sich verfestigt.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer betonte hingegen: „Deutschland ist ein Hort der Stabilität und des Wohlstands. Wir haben einen Rekord bei der Beschäftigung - noch nie waren so viele Menschen in Arbeit.“ Hinzu kämen steigende Reallöhne.

„Wir müssen diese Stabilität wieder stärker in das Bewusstsein der Menschen rücken und zugleich offen über ihre Besorgnisse reden, die oftmals mit der Globalisierung verbunden sind“, sagte Kramer der Deutschen Presse-Agentur. „Nur so wird es uns als Deutsche gelingen, wieder stärker in uns zu ruhen.“ Das schaffe auch die Gelassenheit, Herausforderungen als Chance und nicht als Bedrohung zu sehen, meinte Kramer. Klar sei dabei, dass Deutschland aus der Globalisierung einen großen Teil seiner Stärke beziehe.

Auch Hoffmann warnte: „Es wäre ein Trugschluss zu meinen, dass es uns besser geht und AfD und Pegida wieder schwächer werden, wenn wir die Grenzen wieder hochziehen. In Großbritannien erleben wir, dass Arbeitsplatzverluste drohen, wenn sich ein Land abschottet.“ Die Wohlfahrtsgewinne aus internationaler Verflechtung und Globalisierung müssten aber gerechter verteilt werden.

Gefährlich ist es aus Sicht des DGB-Vorsitzenden, wenn die AfD, aber auch die CSU behaupte, dass etwa Bulgaren nach Deutschland kämen, um die sozialen Sicherungssysteme zu plündern. „In Wahrheit weisen Bulgaren in Deutschland eine hohe Beschäftigungsquote auf.“

Hoffmann zeigte sich alarmiert über Anti-EU-Tendenzen. „Niemand kann ein Implodieren der Wirtschafts- und Währungsunion ausschließen.“ In den Bundesländern wachse die AfD. „Auch in anderen Staaten haben sich starke rückwärtsgewandte Tendenzen breit gemacht, in Großbritannien, in Österreich, in Italien.“ In Frankreich drohe in diesem Jahr ein Wahlsieg der Front National. „Etablierte Parteien erodieren.“ Mitschuld trage auch eine falsche Europapolitik in Deutschland.

Der Euro sei weiter nötig. Aber zur gemeinsamen Geldpolitik gehöre auch eine gemeinsame Fiskalpolitik. „Wir dürfen uns keinen Steuerwettbewerb in Europa erlauben, sondern müssen die Unternehmensbesteuerung harmonisieren.“ Nötig seien mehr Solidarität, ein stärkerer sozialer Zusammenhalt in Europa und mehr öffentliche Investitionen.

In dem Zusammenhang kritisierte Hoffmann Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als unbelehrbar. Vor dem Hintergrund von Schuldenbremse und Schwarzer Null zwinge Schäuble auch den südeuropäischen Ländern einen Sparkurs auf. „Den Menschen in Deutschland wird es auf Dauer aber nur gut gehen, wenn es den europäischen Nachbarn nicht schlecht geht.“

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