Röser ist so frei
Quelle: imago images

Der Wettbewerb um die Besten ist längst eröffnet

Wollen wir doch mal loben: Das neue Einwanderungsgesetz ist ein guter, ein wichtiger Schritt. Aber auch nur der erste. Deutschland macht sich noch lange nicht attraktiv genug für High-Potentials. Eine Kolumne.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Endlich setzt die Bundesregierung die richtigen Meilensteine für den Wettstreit um die besten und klügsten Köpfe. Endlich ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit der Chancenkarte zumindest im Kabinett beschlossen. Endlich ist das seit Jahren drängende Fach- und Arbeitskräfteproblem der Unternehmen nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch langsam in konkrete Politik gemündet. 

Der Wermutstropfen ist, dass die Zeitarbeitsbranche – obwohl in ihr die Spezialisten für Personalrekrutierung bei der Fachkräftezuwanderung sitzen – außen vor bleibt. Doch zumindest die Chancenkarte kommt. Atmet die Wirtschaft mit der Verabschiedung des Gesetzes auf? Etwas. Aber eben nicht kurzfristig und langfristig auch nur, wenn generell an Deutschlands Standortattraktivität gearbeitet wird. 

Denn jeder Unternehmer weiß, dass mit diesem Gesetz nur der erste Stein ins Rollen gebracht wird. Interessierte Zuwanderer werden aber auch künftig das Gesamtpaket des Standorts Deutschland gründlich abwägen bevor sie herkommen. Es wird seine Zeit dauern und bedarf dringend weiterer Schritte, bis wir als Zuwanderungsland für die heißbegehrten „Fach- und Arbeitskräfte“ auch attraktiv sind. 

Denn die besten gesetzlichen Regelungen nützen nichts, wenn unsere Verwaltungsverfahren weiterhin so lange dauern, dass Qualifizierte, die an echter Zuwanderung interessiert sind, sich allein deshalb genervt abwenden. Oder noch weiter: lieber Länder wie die USA oder Neuseeland ansteuern, die attraktivere Chancen bieten. Das gilt für die Anerkennungsverfahren wie für die Visaverfahren.

Nun gilt es, die Ärmel hoch zu krempeln und den Fachkräftemangel wirklich anzugehen. Denn der Trend wird sich auch trotz vereinfachter Einwanderung verschlimmern. Allein der demografische Wandel entzieht unserem Arbeitsmarkt jedes Jahr 400.000 Mitarbeiter aus den Betrieben.

Zur Relation: Mit dem bisherigen Fachkräfteeinwanderungsgesetz prognostizierte die Bundesregierung, dass rund 20.000 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr nach Deutschland kommen würden. Tatsächlich waren es 2021 laut Bundesagentur für Arbeit nur rund 3.200 ausländische Fachkräfte, die unterstützt wurden, nach Deutschland zu kommen. Diese Zahlen reichen bei weitem nicht aus, damit die Fachkräftezuwanderung aus dem Nicht-EU-Ausland einen nennenswerten Beitrag leistet.

Lesen Sie auch: Gesetzesentwurf gegen den Fachkräftemangel

Denn gleichzeitig betrifft der Fachkräftemangel nahezu alle europäischen Mitgliedstaaten – der Wettbewerb um die Besten ist also längst eröffnet. Damit Deutschland mithalten kann, ist spätestens jetzt die Zeit, weitergehende Lösungen umzusetzen. Wir müssen daran arbeiten, dass Deutschland nicht weiter abschreckend auf Fachkräfte aus dem Ausland wirkt.

Bisher ist unsere Standortattraktivität eher von einer toxischen Mischung geprägt: Deutschland ist Höchststeuer- und -abgabenland mit einem angespannten Wohnungsmarkt und einer höchst ausbaufähigen Betreuungsinfrastruktur, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oft unmöglich macht. 

Werkzeughersteller Russland enteignet Maschinenbauer DMG Mori

Weil die Bundesregierung eine Investitionsgarantie gab, fordert der Konzern jetzt Schadensersatz. Der Vorfall in Russland ist aber nicht das einzige Thema, das am Standort in Bielefeld derzeit für Wirbel sorgt.

Gehalt „Wer pfiffige Ideen hat und hart arbeitet, sollte dafür auch belohnt werden“

In Unternehmen herrscht ein verqueres Leistungsdenken, sagt Interimsmanager Ulvi Aydin. Er fordert, High Performern mehr zu zahlen als den Chefs: „Es gibt Leute, die mehr leisten als andere – das sollte man anerkennen.“

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Deutschland muss sich daher besonders anstrengen, um im Wettbewerb zu bestehen. Für den jetzt nötigen Aufbruch wünsche ich mir von der Regierung deutlich mehr Realitätssinn, mehr Elan und mehr Tempo. Verpassen wir diese Chance, wird auch das beste Fachkräfteeinwanderungsgesetz keine Wirkung zeigen.

Lesen Sie auch: „Die Situation im deutschen Zuwanderungssystem ist nur noch peinlich“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%