Schutzmission USA bitten Deutschland förmlich um Beteiligung an Hormus-Einsatz

Die US-Regierung möchte, dass sich Nato-Partner Deutschland an einer Schutzmission im Persischen Golf beteiligt. Die Maßnahme träfe den Iran.

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Die Straße von Hormus ist eine der weltweit wichtigsten Schifffahrtspassagen für den Öltransport. Quelle: dpa

Berlin Die USA haben Deutschland nach eigenen Angaben darum gebeten, sich an der Sicherung des Handelsverkehrs in der Straße von Hormus zu beteiligen. „Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen“, teilte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit.

Großbritannien war zuvor aus dem Verband der europäischen Verbündeten ausgeschert und hatte sich für eine Schutzmission unter Einbeziehung der US-Streitkräfte eingesetzt. Ein „europäisch geführter Ansatz unterstützt von den USA“ sei der beste Weg, erklärte das neu formierte britische Außenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in London.

Nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch iranische Revolutionsgarden in der Straße von Hormus hatte vor gut einer Woche der damalige britische Außenminister Jeremy Hunt eine europäische Militärmission vorgeschlagen. Nur drei Tage später kürte die Konservative Partei Johnson zum neuen Parteichef und damit auch Premierminister. Hunt wurde inzwischen vom einstigen Brexit-Minister Dominic Raab abgelöst.

Großbritannien hatte zuvor am 4. Juli in Gibraltar den Tanker „Grace1“ mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Straße von Hormus den britischen Öltanker „Stena Impero“. Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten sprachen von „Piraterie“. Einen Austausch der Schiffe lehnten die Staaten ab.

Der neue Kurs der Briten könnte die Allianz der Europäer in der Iran-Frage gefährden. Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchen gemeinsam, das Atomabkommen mit Teheran trotz des Ausstiegs der USA zu retten. Nach dem Vorstoß Hunts für eine europäische Militärmission ging die Bundesregierung deswegen auch nicht gleich in Abwehrhaltung. Jede Anfrage müsse „aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte“ beantwortet werden, betonte die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. „Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist.“

Wie ein Militäreinsatz aussehen könnte, ist bisher noch unklar. Die Optionen reichen von einem Beobachtungseinsatz bis hin zur Eskorte von Öltankern durch Kriegsschiffe.

Möglicher Koalitionsstreit

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann David Wadephul forderte die britische Regierung auf, Klarheit über ihre Pläne zu schaffen. „Großbritannien, dessen Tanker in iranischer Hand ist, muss klar Farbe bekennen, ob es eine europäische Mission anstrebt“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Wir empfangen auch Signale, dass London sich unter dem neuen Premier Johnson eher in Richtung einer Beteiligung an einer US-Mission bewegt.“

Wadephul betonte, dass die Diskussion über einen Bundeswehreinsatz im Persischen Golf ohne konkrete Anfragen und Szenarien verfrüht sei. Deutschland müsse aber grundsätzlich dazu bereit sein, sich an der Sicherung der freien Seefahrt weltweit zu beteiligen. „Die Wahrung der Freiheit der Seefahrt ist für ein global so vernetztes und wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland lebenswichtig“, sagte der CDU-Politiker. „In der Vergangenheit wurde das bei uns viel zu wenig diskutiert und es wurden auch nur bedingt die notwendigen sicherheitspolitischen Schlüsse gezogen.“

Die sozialdemokratischen Koalitionspartner stehen einem Militäreinsatz grundsätzlich skeptischer gegenüber. Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid hat den Kurswechsel der Briten bedauert, die USA bei einer europäischen Militärmission in der Straße von Hormus mit einbinden zu wollen. „Wir haben als Europäer großen Wert darauf gelegt, uns von der militärischen Konfrontationslogik der Amerikaner in der Region abzusetzen und den Schwerpunkt auf Diplomatie zu legen“, sagte er am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. „Und deshalb macht eine wie auch immer geartete europäische Mission nur Sinn, wenn dieser Abstand zu dem sehr robusten Vorgehen der USA gewahrt bleibt.“

Die britische Regierung wolle „den amerikanischen Weg gehen, und der ist voller Gefahren“, warnte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Denn je mehr Militär am Persischen Golf unterwegs sei, umso größer sei die Gefahr von Fehlkalkulationen oder Missverständnissen. „Ein Schuss kann dann schon einen großen Konflikt auslösen. Und dann ist man an der Seite der USA in einem Krieg gegen den Iran, und das kann sich niemand wünschen“, so Schmid.

Mehr: Deutschland muss militärisch ein zuverlässiger Partner sein – für sinnvolle Missionen.

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