Der neue brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat sich beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Friedenshandlungen zwischen Russland und der Ukraine stark gemacht. Einer von Deutschland gewünschten Munitionslieferung für den von der Ukraine eingesetzten Flugabwehrpanzer Gepard erteilte er dagegen eine klare Absage.
„Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg - auch nicht indirekt”, sagte Lula auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz in Brasília zur Begründung. Stattdessen sei es notwendig, „eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird, und sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zusammensetzt.” Als mögliche Vermittler nannte Lula Brasilien und China.
Die Ukraine lehnt Verhandlungen ab, solange die russischen Truppen sich nicht vollständig von ukrainischen Gebiet zurückgezogen haben – inklusive der Krim. Die russische Führung hatte nach der Ankündigung Deutschlands und anderer westlicher Staaten, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, zuletzt ebenfalls Abstand von der Idee von Friedensverhandlungen genommen. Scholz betonte, dass es keinen Frieden über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben könne und das Land als Folge dieses Krieges kein Territorium verlieren dürfe.
30 deutsche Gepard-Panzer in der Ukraine
Um die Munition für die Gepard-Panzer hatte Deutschland sich bereits im April 2022 bemüht. Damals hoffte man auf bis zu 300.000 Schuss. Deutschland hat 30 Gepard-Flugabwehrpanzer in die Ukraine geliefert und sieben weitere zugesagt. Die Munition dafür ist allerdings knapp. Eine neue Fabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall für die Herstellung dieser Munition entsteht zwar derzeit in Niedersachsen. Die Fertigung soll aber erst im Juni beginnen. Jetzt steht fest, dass aus einer Übergangsversorgung aus Brasilien nichts wird.
Lula machte erneut die Ukraine mitverantwortlich für den russischen Angriffskrieg. „Ich glaube, Russland hat den klassischen Fehler begangen, in das Territorium eines anderen Landes einzudringen”, sagte er. „Aber ich denke immer noch: 'Wenn einer nicht will, streiten zwei nicht.'” Bereits im Mai 2022 hatte Lula in einem Interview mit dem „Time”-Magazin über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesagt: „Dieser Typ ist für den Krieg genauso verantwortlich wie Putin.” In einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung verurteilten Scholz und Lula allerdings gemeinsam den russischen Angriff auf die Ukraine.
So viele Leopard-2-Panzer haben die europäischen Nato-Staaten
Die deutsche Bundeswehr hat ihre älteren Leopard-Panzer ausgemustert oder an andere Länder abgegeben. Darunter fallen Modelle des Typs 2A4, aber auch der Leopard-1-Generation. Von den neueren Modellen hat sie rund 320, die genaue Zahl wird aber geheim gehalten.
Die Niederlande haben 18 Leopard-2A6-Panzer aus Deutschland geleast. Diese sind Teil des deutsch-niederländischen Panzerbataillons und im niedersächsischen Bergen-Hohne stationiert.
Eine genaue Anzahl der Leopard-Panzer geben Verteidigungsministerium, -kommando und die für den Einkauf zuständige Verwaltungsbehörde in Dänemark nicht preis. Jedoch wurden 14 Panzer laut Militärangaben im September erstmals auf einen internationalen Einsatz nach Estland geschickt.
Finnland ist noch kein Nato-Mitglied, hat allerdings signalisiert, einige Leopard-Panzer an die Ukraine liefern zu können. Nach Angaben des finnischen Verteidigungskommandos besitzen die Finnen rund 200 Leopard-2-Panzer.
Laut Verteidigungsministerium hat Norwegen im Jahr 2001 52 gebrauchte Leopard 2A4 von den Niederlanden gekauft. Einige davon sind im Einsatz, andere werden als Ersatzteillager verwendet oder sogar verschrottet. Wie viele Panzer genau einsatzfähig sind, sagte das Ministerium nicht.
Aus Schweden gibt es keine Angaben zur Anzahl der Leopard-Panzer. Allerdings gilt es als gesichert, dass Schweden mehr als 100 Panzer des Typs Leopard besitzt.
Griechenland hat eine im Vergleich große Zahl an Leopard-Panzern: So gibt es 170 vom Typ 2HEL, 183 vom älteren Typ 2A4 und 500 vom Typ 1A5 aus der vorhergegangenen Leopard-Generation. Die hohe Anzahl von Panzern liegt im ständigen Konflikt mit der Türkei begründet.
Das türkische Verteidigungsministerium äußert sich nicht zu Stückzahl und Bewaffnung. Nach Zahlen des International Institute for Strategic Studies (IISS) besitzt die Türkei 316 Leopard 2A4, 170 Leopard 1A4 und 227 Leopard 1A3.
Polen besitzt laut polnischem Verteidigungsministerium 247 Leopard-Kampfpanzer in den Versionen 2A4 und 2A5 sowie in der modernisierten Version PL.
Die Slowakei besitzt einen Leopard-Panzer. Bis Ende 2023 sollen es im Rahmen eines Ringtauschs insgesamt 15 werden. In die Ukraine wird davon wohl keiner geliefert.
Deutschland stellt Tschechien im Rahmen eines Ringtauschs 14 Leopard 2A4-Kampfpanzer und Bergepanzer Büffel zur Verfügung. Diese sind der Ersatz für an die Ukraine gelieferte Panzer sowjetischer Bauart. Aktuell besitzt Tschechien erst einen der 14 Leopard-Panzer. Ministerpräsident Petr Fiala betonte jüngst, dass man bei der Abgabe eigener Militärtechnik an die Grenze der Möglichkeiten gekommen sei.
Ungarn hat laut übereinstimmenden Medienberichten im Jahr 2020 zwölf Panzer vom Typ Leopard 2A4 vom Hersteller Kraus-Maffei gemietet, die Ausbildungszwecken dienen sollen. Dazu sollen in diesem Jahr 44 neue Leopard 2A7 kommen. Eine Lieferung an die Ukraine ist aufgrund der guten Beziehungen zwischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sehr unwahrscheinlich.
Vom portugiesischen Verteidigungsministerium gibt es keine Auskunft über die Leopard-Bestände. Laut Medienberichten haben die portugiesischen Streitkräfte 37 Leopard 2A6 im Einsatz.
Spanien nennt 347 Leopard-Panzer sein eigen. Davon gehören 108 zur älteren Variante 2A4 und 239 Leoparden zum Typ 2A6. Jedoch sind einige Panzer nicht einsatzbereit - manche sollten in die Ukraine geliefert werden. Nachdem es wochenlang Spekulationen über diese Lieferung gab, sagte Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles im August, die Panzer seien in „einem absolut desolaten Zustand“. Die Lieferung kam nicht zustande.
Albanien, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Montenegro, Nordmazedonien, Rumänien, Slowenien, das Vereinigte Königreich und Zypern.
Lula setzte sich gegen „Donald Trump der Tropen” durch
Der 77-jährige Linkspolitiker Lula hatte sich im Oktober in einer Stichwahl gegen den rechten Jair Bolsonaro durchgesetzt, der auch als „Donald Trump der Tropen” bezeichnet wird. Am 1. Januar wurde Lula in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vereidigt. Scholz war jetzt der erste Regierungschef, der den neuen Präsidenten seit dem Amtsantritt in der Hauptstadt Brasília besuchte.
Lula hat sich zur Bekämpfung des Klimawandels bekannt und will dafür die Abholzung des Regenwaldes bremsen. Scholz sagte ihm dafür Unterstützung zu und sprach von einer neuen Partnerschaft gegen den Klimawandel. Für den Herbst kündigte der Kanzler eine Wiederaufnahme der deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen an, die nach der Premiere 2015 während der Regierungszeit Bolsonaros ausgesetzt wurden.
Brasilien „zurück auf der Weltbühne”
Scholz sagte, er wolle „ein neues Kapitel” in den Beziehungen zum größten und bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas aufschlagen. „Wir freuen uns alle, dass Brasilien zurück auf der Weltbühne ist”, sagte Scholz. „Ihr habt gefehlt, lieber Lula.” Er freue sich nun auf eine gute und lange Zusammenarbeit, betonte Scholz. Lula umarmte ihn nach diesen Worten spontan.
Mit Blick auf die Angriffe auf Regierungsinstitutionen in Brasília am 8. Januar dieses Jahres sicherte Scholz dem Präsidenten die Unterstützung bei der Verteidigung der Demokratie zu. „Demokratinnen und Demokraten müssen eng zusammenstehen”, sagte er.
Am 8. Januar hatten Tausende Bolsonaro-Anhänger das Regierungsviertel in Brasília gestürmt. Sie brachten kurzzeitig die Schaltzentralen der wichtigsten Staatsgewalten des Landes unter ihre Kontrolle: Sie drangen in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein, randalierten in Büros und Sitzungssälen und hinterließen eine Spur der Zerstörung. Beim Besuch des Kanzlers im Präsidentenpalast waren die Spuren noch zu sehen. Die Fensterfront war an einigen Stellen mit Holzplatten ausgebessert.
Lesen Sie auch: Deutsche Wirtschaft sucht neuen Anlauf in Südamerika