Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Digital Markets Act (DMA) hat die Europäische Union (EU) Ermittlungen gegen Apple, die Alphabet-Tochter Google und die Facebook-Mutter Meta eingeleitet. Die drei US-Technologiekonzerne hätten die unlängst in Kraft getretenen Auflagen nicht erfüllt, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Damit drohen den Firmen milliardenschwere Strafen. Reuters hatte vor einigen Tagen von Insidern über die geplanten Untersuchungen erfahren.
Die EU-Wettbewerbsbehörden wollen den Angaben zufolge unter anderem die Geschäftspraktiken von Apple und Google in ihren jeweiligen App Stores prüfen. Dem DMA zufolge müssen die Konzerne Drittanbietern von Software kostenlos ermöglichen, ihre Kunden auf Angebote außerhalb der genannten App Stores hinzuweisen.
Die Brüsseler Behörde hat Zweifel, ob Alphabet und Apple dies in vollem Umfang einhalten. Ihnen wird vorgeworfen, die Möglichkeiten der Entwickler einzuschränken, indem sie verschiedene Gebühren auferlegen. Apple betonte, die jüngste Anpassung der Richtlinien für den App Store sei aus Sicht des Unternehmens DMA-konform.
Zudem soll überprüft werden, ob Nutzer von Apple-Geräten die Möglichkeit haben, ihre Standardeinstellungen einfach zu ändern und so etwa einen anderen Browser oder eine andere Suchmaschine nutzen können. Bei Google werde zudem eine mögliche Bevorzugung eigener Angebote in den Ergebnissen der Internet-Suche unter die Lupe genommen. Der Internet-Konzern verwies auf die jüngsten Änderungen bei der Anzeige von Suchergebnissen und kündigte an, seinen Ansatz zur Umsetzung des DMA verteidigen zu wollen.
Darüber hinaus untersucht die EU das neue Abonnement-Modell von Meta, bei dem Nutzer für eine werbefreie Version der Online-Netzwerke Facebook und Instagram zahlen müssen. „Abonnements als Alternative zur Werbung sind in vielen Branchen üblich,“ erklärte Meta. Das eigene Angebot sei so angelegt, dass es den sich teilweise überschneidenden regulatorischen Auflagen entspreche. Außerdem ist die Kommission besorgt, dass Meta nicht ausreichend genug die Zustimmung der Nutzer einholt, wenn sie deren personenbezogenen Daten über verschiedene zentrale Plattformdienste hinweg kombiniert.
Laufende Verfahren gegen die US-Techriesen
Unter den Regeln des DMA muss Microsoft die Verzahnung seines Videokonferenz-Programms „Teams“ mit der Bürosoftware „Office“ lösen, um einer Kartellstrafe der EU zu entgehen. Die Behörden nehmen noch weitere Dinge genauer unter die Lupe: Das Unternehmen soll Anbieter konkurrierender Sicherheitsprogramme benachteiligt haben. Außerdem prüfen die Kartellwächter die Zusammenarbeit des Konzerns mit OpenAI und Mistral, zwei Spezialisten für Künstliche Intelligenz (KI).
Wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens im Musikstreaming-Geschäft soll Apple 1,84 Milliarden Euro zahlen. Der US-Konzern will gerichtlich gegen die Entscheidung vorgehen. Außerdem werfen die Behörden Apple seit längerem vor, Konkurrenten den Zugriff auf die NFC-Chips in iPhones zu erschweren. Diese werden unter anderem für das kontaktlose Bezahlen mit dem Handy benötigt. Die Ermittlungen dauern an.
Im langjährigen Streit um eine 2,4 Milliarden Euro schwere Strafe für Google aus dem Jahr 2017 empfahl die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Anfang 2024, den Einspruch des Suchmaschinen-Betreibers abzuweisen. Das Unternehmen habe seine Marktposition ausgenutzt, um den eigenen Preisvergleichsdienst zu bevorzugen. Inzwischen hat der Konzern seine Internet-Suche verändert, wodurch unter anderem Preisvergleichsseiten prominenter in den Suchergebnissen präsentiert werden. Daneben droht die EU Google wegen Kartellverstößen mit dem Zwangsverkauf von Teilen des lukrativen Geschäfts mit Online-Werbung.
Die Facebook-Mutter Meta bot im Juli 2023 an, die Nutzung von Werbedaten der Konkurrenz für ihren Kleinanzeigen-Dienst „Facebook Marketplace“ einzuschränken. Damit soll ein Kartellstreit mit der EU beigelegt werden. Insidern zufolge weisen die Behörden diesen Vorschlag zurück.
In einem anderen Verfahren verdonnerte die EU Meta im Mai 2023 zu einer Strafe von 1,2 Milliarden Euro wegen der Übertragung von Nutzerdaten aus der EU in die USA. Der Konzern kündigte an, in Berufung gehen zu wollen.
Im Dezember 2022 legt Amazon drei Kartellverfahren mit einem Vergleich bei. Die EU hatte unter anderem moniert, dass Amazon Marktmacht und Daten nutze, um seine eigenen Produkte zu bewerben und sich einen unfairen Vorteil gegenüber konkurrierenden Händlern zu verschaffen, die ebenfalls die Amazon-Plattform nutzen.
Seit Anfang März müssen sich Firmen an das Gesetz über digitale Märkte (DMA) halten. Es soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten und bessere Chancen für neue Rivalen sorgen. Die Grundannahme dabei ist, manche große Plattformbetreiber seien so mächtig geworden, dass sie ihre Marktposition zementieren könnten. Der DMA soll dies mit Regeln für die sogenannten Gatekeeper (Torwächter) aufbrechen. Die Kommission machte bisher 22 Gatekeeper-Dienste von sechs Unternehmen aus. Darunter sind die US-Schwergewichte Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta.
Die Kommission will das am Montag eröffnete Verfahren innerhalb eines Jahres abschließen. Je nach Ergebnis der Untersuchung müssen die betroffenen Firmen Maßnahmen ergreifen, um Bedenken der Behörde auszuräumen. Wer sich nicht an das Gesetz hält, kann mit einer Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes belangt werden. Bei Wiederholungstätern sind 20 Prozent möglich.
Auf die Frage, ob die Maßnahmen der EU nicht übereilt seien, antwortete EU-Industriekommissar Thierry Breton: „Gesetz ist Gesetz. Wir können nicht herumsitzen und warten.“ Als Reaktion auf die Ermittlungen gaben die Aktien der betroffenen Konzerne an der Wall Street vorbörslich jeweils mehr als ein halbes Prozent nach.
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