G7-Finanzministertreffen Diplomatie in Zeiten des Handelskriegs

Der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) Quelle: dpa

Die US-Strafzölle überschatten das Treffen der G7-Finanzminister in Kanada. Wichtig sind dort vor allem die Themen, die nicht auf der offiziellen Tagesordnung stehen.

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Er war gerade gelandet, da musste Olaf Scholz bereits das erste Statement abgeben. Unterwegs, auf dem zehnstündigen Flug nach Kanada, hatte der deutsche Finanzminister und Vizekanzler erfahren, dass US-Präsident Donald Trump jetzt Ernst macht. Dass er keine weitere Frist gewährt. Dass stattdessen ab Juni europäische Unternehmen beim Export von Stahl und Aluminium in die USA Zölle zahlen müssen. Dass auch für Kanada und Mexiko keine Ausnahme mehr gilt.

Und so wiederholte Scholz noch vor Beginn des Treffens der G7-Finanzminister und Notenbankchefs in Whistler, was seine Kabinettskollegen in Berlin wenige Stunden zuvor erklärt hatten: „Das ist kein guter Tag für die transatlantischen Beziehungen“, sagte der SPD-Politiker. Die Entscheidung der Trump-Regierung sei „falsch und rechtswidrig“, die Europäische Union aber darauf vorbereitet. Man werde klug reagieren.

Nur wenig später konnte Scholz diese Ankündigung der US-Regierung persönlich überbringen: Bei einem Gespräch mit seinem amerikanischen Amtskollegen Steven Mnuchin, von dem es heißt, Donald Trump höre auf ihn. Scholz schätzt den US-Finanzminister als einen Gesprächspartner, mit dem er offen und ehrlich sprechen könne, ist aus Umfeld des SPD-Politikers zu hören.

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Für Scholz bleibt es trotzdem eine schwierige Situation: Er soll helfen, den Handelsstreit möglichst schnell zu beenden – obwohl er weiß, dass dieser Prozess lange dauern wird.

Rund 40 Minuten sprach Scholz mit Mnuchin, hieß es anschließend aus Regierungskreisen. Dabei habe er deutlich gemacht, dass die EU Gegenpart und Verhandlungspartner der USA sei, nicht die einzelnen Mitgliedsstaaten. Diese Botschaft sei angekommen.

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von Silke Wettach

Die Strafzölle sind nicht das einzige Thema, bei dem sich Europa und die USA voneinander entfremden. Seit Trump das Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt hat, fürchtet die EU, dass europäische Firmen vom US-Markt ausgeschlossen werden, wenn sie weiter Geschäfte mit dem Iran betreiben. Auch das habe Scholz mit Mnuchin besprochen, hieß es nach dem Gespräch. Sein Vorwurf: Mit Sanktionen für europäische Unternehmen greifen die USA die Souveränität Europas an. Das sei nicht legitim.

Der direkte Austausch mit Mnuchin war erst der Auftakt mehrerer bilateraler Gespräche, die Scholz in Whistler führen will. Denn bei Treffen wie diesem läuft es meistens so: Es gibt das, was auf der Tagesordnung steht. Oft sind das Debatten zu ökonomischen Entwicklungen, von langer Hand geplant und vorbereitet. In Whistler diskutieren die Minister etwa den Umgang mit Kryptowährungen, den Schutz vor Cyberangriffen auf IT-Infrastruktur im Finanzsektor, oder die Frage nach finanziellen Rücklagen für Naturkatastrophen.

Und dann gibt es es das, was die Aktualität diktiert. Neben den Strafzöllen und dem geplatzten Iran-Deal steht momentan aus europäischer Sicht vor allem die Lage in Italien im Fokus. Es wird daher erwartet, dass Scholz unter anderem mit Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire eine gemeinsame Haltung zur neuen italienischen Regierung abstimmen wird.

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