Coronavirus-Krise Bundesbank sieht zusätzliches Konjunkturrisiko

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht in der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ein zusätzliches Risiko für die abgeschwächte deutsche Konjunktur. Quelle: REUTERS

Die deutsche Wirtschaft verliert an Fahrt, die Coronavirus-Krise könnte sie nun zusätzlich belasten. Maßnahmen der Notenbanken halten aber weder Bundesbank-Chef Weidmann noch EZB-Chefin Lagarde für nötig.

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Die Bundesbank sieht in der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ein zusätzliches Risiko für die abgeschwächte deutsche Konjunktur. „Nach den derzeitigen Informationen erwarte ich, dass dieses Risiko sich zum Teil auch materialisieren dürfte“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Freitag in Frankfurt. Wie groß dieser Effekt sein könnte, lasse sich derzeit aber kaum seriös abschätzen.

„Insgesamt könnte das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr in Deutschland etwas geringer ausfallen, als unsere Experten im Dezember vorausgeschätzt haben“, sagte Weidmann. Die Bundesbank war zuletzt von einem Wachstum von kalenderbereinigt 0,6 Prozent ausgegangen.

Aktuell sieht der Bundesbank-Präsident aber keine Notwendigkeit, mit geldpolitischen Maßnahmen auf die Folgen des Virus zu reagieren. „Ich sehe derzeit keinen akuten Handlungsbedarf.“ Ähnlich hatte sich die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, in der „Financial Times“ (Donnerstag) geäußert. Die Krise sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass sie einen nachhaltigen Einfluss auf Angebot und Nachfrage sowie die Inflation habe.

Weidmann zufolge dürfte die Epidemie die Wirtschaftsleistung in China im ersten Quartal drücken und sich damit auch spürbar im globalen Wachstum niederschlagen. China mache inzwischen fast ein Fünftel der Weltwirtschaft aus. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde ist ein wichtiger Markt für Waren „Made in Germany“. Deutsche Firmen produzieren auch in großem Stil in dem Land.

Mittlerweile hat sich das Virus in vielen anderen Ländern ausgebreitet. Wirtschaftliche Beeinträchtigungen gebe es derzeit vor allem in Südkorea und Italien, sagte Weidmann. „Das dürfte auch auf die deutsche Wirtschaft ausstrahlen. Beispielsweise über geringere Nachfrage nach Waren, ausbleibenden Touristen oder Lieferschwierigkeiten bei wichtigen Zwischenprodukten.“

Unsicherheiten für die exportorientierte deutsche Wirtschaft etwa mit Blick auf den internationalen Handel sieht Weidmann auch nach dem Abschluss eines ersten Abkommens im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Außerdem seien die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union (EU) und Großbritannien nach dem EU-Austritt des Landes noch nicht generell geregelt.

Im vergangenen Jahr hatten globale Handelsstreitigkeiten und die Abkühlung der Weltkonjunktur Europas größte Volkswirtschaft belastet. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt stieg um 0,6 Prozent. Das war deutlich weniger als in den beiden Vorjahren.

von Benedikt Becker, Sophie Crocoll, Jacqueline Goebel, Peter Steinkirchner

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kann sich unterdessen über einen besonders großen Scheck aus Frankfurt freuen. Die Deutsche Bundesbank überwies dem Bund am Freitag für das vergangene Jahr 5,85 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es noch 2,4 Milliarden Euro. Es war den Angaben zufolge der höchste Bilanzgewinn seit 2008.

Der Jahresüberschuss der Notenbank legte 2019 auf rund 5,83 Milliarden Euro (2018: 2,5 Mrd.) zu. „Hinter dem kräftigen Anstieg des Jahresüberschusses steht insbesondere eine niedrigere Risikovorsorge“, sagte Weidmann. Durch die Auflösung von Rücklagen ergab sich ein Bilanzgewinn von 5,85 Milliarden Euro. Das Finanzministerium plant traditionell einen Bundesbankgewinn in Höhe von 2,5 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt ein. Was darüber hinausgeht, fließt in der Regel in den Schuldenabbau.

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