Deutsche Produktion sinkt erneut „Eine spürbare Erholung bleibt bisher aus“

Konjunktur: Überraschend schwache Zahlen Quelle: dpa

Deutsche Unternehmen stellten im November überraschend weniger her – das heizt die Sorge um den Aufschwung an. Denn es ist bereits der dritte Produktionsrückgang in Folge. Wirtschaftsminister Altmaier wiegelt ab.

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Überraschend schwache Konjunkturdaten säen Zweifel am Aufschwung in Deutschland. Die Unternehmen drosselten ihre Produktion im November zum dritten Mal in Folge und so stark wie seit Juli nicht mehr, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte. Demnach stellten Industrie, Bau und Energieversorger zusammen 1,9 Prozent weniger her als im Vormonat. Einige Ökonomen befürchten sogar, dass die Wirtschaft zum Jahresende 2018 in eine sogenannte technische Rezession gerutscht sein könnte.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hingegen warnte davor, die Lage schlechtzureden, und gab sich optimistisch: „Die deutsche Wirtschaft als solche ist in einer sehr guten Verfassung, die Auftragsbücher sind voll“, sagte er in der ARD.

Die Wirtschaft war im Sommerquartal um 0,2 Prozent geschrumpft und damit erstmals seit Anfang 2015. Grund war vor allem ein Schwächeln der Autoindustrie. Da die Branche mit der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP zu kämpfen hat, drosselten viele Autobauer ihre Produktion. Für Oktober und November hatten Experten mit einem Aufholeffekt gerechnet. „Eine spürbare Erholung der Kfz-Produktion bleibt bisher aber aus“, erklärte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Für die künftige Entwicklung stimmten zudem die schwächeren Investitionsabsichten bedenklich. „Die heutigen Daten stärken nicht das Vertrauen in den Aufschwung in Deutschland“, sagte auch BayernLB-Ökonom Stefan Kipar.

Der Chefvolkswirt der ING-Diba, Carsten Brzeski, warnte sogar: „Die Produktionsdaten haben das Risiko einer technischen Rezession in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2018 deutlich erhöht.“ Von einem solchen Fall sprechen Experten, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge sinkt. Dies hatte es zuletzt zum Jahreswechsel 2012/13 gegeben. Allerdings betonte Brzeski, dass Ausgaben der Verbraucher und des Staates „noch das Potenzial haben, die Rezessionskräfte auszugleichen“.

In der Großen Koalition gibt es angesichts der Wirtschaftsentwicklung eine Debatte zwischen Union und SPD, ob, wann und wo steuerliche Entlastungen möglich und nötig wären. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Forderungen der Union nach einer vollständigen Abschaffung des Soli bereits mit dem Hinweis auf nicht mehr so stark steigende Steuereinnahmen zurückgewiesen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) fordern dagegen mit Blick auf die gute Haushaltslage schon jetzt steuerliche Entlastungen. „Ich als Wirtschaftsminister sehe auch meine Rolle darin, die Stimmung nicht schlechtzureden und kaputtzureden“, sagte Altmaier nun. Er bezog sich auf eine Äußerung von Scholz, wonach „die fetten Jahre vorbei“ seien. Scholz sagte jüngst: „Die schöne Zeit, in der der Staat immer mehr Steuern einnimmt als erwartet, geht zu Ende.“

Die Stimmung in der Wirtschaft der Euro-Zone hat sich vor der Jahreswende ebenfalls deutlich eingetrübt. Das Barometer fiel im Dezember den zwölften Monat in Folge und zwar auf den niedrigsten Wert seit Januar 2017. Es sank um 2,2 Zähler auf 107,3 Punkte, wie die EU-Kommission am Dienstag mitteilte. Bei den Verbrauchern, in der Industrie und bei den Dienstleistern gab es einen deutlichen Rückgang. Am Bau sank das Barometer moderat, während es für die Einzelhändler stieg. In Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien trübte sich die Stimmung in der Wirtschaft deutlich ein, während sie sich in den Niederlanden kaum verschlechterte.

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