Trotz der drohenden Winterrezession greifen die Unternehmen anders als in der Coronakrise bislang nicht in großem Stil auf Kurzarbeit zurück. Im Dezember seien 186.000 Menschen in Kurzarbeit gewesen und damit etwa 2000 weniger als im November, wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Schätzungen des Ifo-Instituts auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.
Das entspreche 0,6 Prozent der Beschäftigten. „Dass die Kurzarbeit auf niedrigem Niveau bleibt, scheint ein Hinweis darauf zu sein, dass die erwartete Winterrezession sehr mild ausfällt“, sagte Ifo-Forscher Sebastian Link. Die meisten Ökonomen gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft Ende 2022 und im laufenden ersten Quartal 2023 schrumpft.
Besonders hoch ist der Anteil in der Papier-, Leder- und Textilindustrie mit 4,5 Prozent oder 16.000 Kurzarbeitenden. Es folgt die Autobranche mit 4,0 Prozent oder 38.000 Menschen. 3,2 Prozent sind es in der Metallerzeugung und -bearbeitung, was 9000 Beschäftigten entspricht.
Schneller schlau: Rezession
Der Begriff Rezession bedeutet Rückgang und stammt aus dem Lateinischen. Es handelt sich um eine Rezession, wenn die Wirtschaft nicht wächst, sondern schrumpft – sich also in einem Abschwung beziehungsweise Rückgang befindet. Für die Bemessung der Konjunktur dient das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Offiziell tritt eine sogenannte technische Rezession ein, wenn das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahresquartalen nicht wächst, sondern zurückgeht.
Die Rezession ist eine der vier Phasen, die der Konjunkturzyklus einer Volkswirtschaft durchlaufen kann. Sie folgt auf die Phase der Hochkonjunktur und kann im schlimmsten Fall in eine Depression übergehen. Auf eine Depression folgt dann früher oder später ein Aufschwung.
Eine Rezession zeichnet sich durch unterschiedliche Merkmale aus. Dazu gehören unter anderem:
- Rückgang der Nachfrage
- überfüllte Lager
- Abbau von Überstunden und beginnende Kurzarbeit
- Entlassung von Arbeitskräften
- ausbleibende Investitionen
- teilweise Stilllegung von Produktionsanlagen
- stagnierende oder sinkende Preise, Löhne und Zinsen
- fallende Börsenkurse
Zu den Ursachen einer Rezession gehören unterschiedliche Punkte, die sich nur schwerlich verallgemeinern lassen. Aktuell wirkt sich etwa der Krieg in der Ukraine erheblich auf die Konjunktur in Europa und den USA aus.
In einer Rezession halten Unternehmen und private Haushalte ihr Geld in der Regel beisammen. Zu den Folgen einer Rezession zählen steigende Arbeitslosenzahlen, außerdem arbeiten mehr Menschen in Kurzarbeit. Beides führt zu geringerer Nachfrage. Denn wenn die Bürger weniger Geld verdienen, konsumieren sie auch weniger. Dies ist wiederum schlecht für Unternehmen, die dadurch weniger verkaufen und auf ihren Lagerbeständen sitzen bleiben. Die fehlenden Einnahmen können zu weiteren Entlassungen führen, sodass die Arbeitslosigkeit weiter steigt.
Auch Menschen, die auf der Suche nach einem neuen Job sind, stehen in einer Rezession vor Problemen. Denn wer sich um eine neue Stelle bewirbt, dürfte während einer Rezession Schwierigkeiten haben eine entsprechende Stelle zu finden – denn geht es Unternehmen wirtschaftlich schlechter, stoppen sie Neueinstellungen.
Durch eine steigende Inflation sinkt die Kaufkraft der Menschen. Durch eine sinkende Kaufkraft sinkt wiederum die Konsumbereitschaft der Menschen, da sie ihr Geld beisammen halten, statt es für Waren und Güter auszugeben.
Bei den Herstellern von Metallprodukten sind 3,0 Prozent oder 25.000 Menschen betroffen. Danach kommen Chemie/Pharma/Gummi mit 2,6 Prozent (23.000 Menschen) und die Druckereien mit 2,5 Prozent (3000 Menschen).
„Im Vergleich zu den Coronawintern ist das Niveau der Kurzarbeit sehr gering“, sagte Link. Im Dezember 2021 lag die Gesamtzahl bei 770.000 Kurzarbeitenden oder 2,3 Prozent. Beim Höchststand im April 2020 waren es sogar sechs Millionen oder 17,8 Prozent. Kurzarbeit ist eine Art von Teilzeit-Arbeitslosigkeit, vor allem bei Auftragsmangel. Beschäftigte erhalten Kurzarbeitergeld für die ausfallenden Stunden.
Der Arbeitsmarkt hält sich bislang ungeachtet der Energiekrise, hoher Inflation, Materialengpässen und geopolitischer Unsicherheiten wie des russischen Kriegs gegen die Ukraine erstaunlich robust. Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland erreichte im November sogar ein Rekordhoch: Mit rund 45,9 Millionen standen so viele Personen in Lohn und Brot wie nie zuvor, wie das Statistische Bundesamt ermittelte.
Experten gehen allerdings davon aus, dass der Höhepunkt bei der Beschäftigung schon bald erreicht werden dürfte, da die geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) das Rentenalter erreichen.
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