Rolf Hollander hat es erlebt – wie die Digitalisierung ein jahrzehntealtes Geschäftsmodell in kürzester Zeit hinwegfegt: Im Jahr 2000 kauften die Deutschen noch vier Millionen analoge Kameras und etwas mehr als eine halbe Million digitale Fotoapparate. Vier Jahre später standen sieben Millionen Digitalgeräten 1,3 Millionen klassische Kameras gegenüber. „Unser traditionelles Geschäft ist regelrecht implodiert“, erinnert sich Hollander, seit 2002 Chef des Fotodienstleisters Cewe.
Es hätte das Todesurteil für das Oldenburger Unternehmen bedeuten können. Schließlich hatte Cewe seit Anfang der Sechzigerjahre sein Geld mit dem Entwickeln von Filmen und Belichten von Abzügen verdient. Traditionsfirmen wie Agfa, Konica Minolta oder Kodak gingen damals pleite oder gaben ihr Fotogeschäft weitgehend auf.
Cewe schaffte es dagegen, sich neu zu erfinden. Das Unternehmen betreibt heute 20.000 Fotokioske in Drogerien und bei anderen Einzelhändlern, mit deren Hilfe sich Kunden Bilder ausdrucken können. Zudem verdient es prächtig an Kalendern und Fotobüchern, die Kunden am Rechner selbst erstellen können.
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Mit dem Digital Champions Award zeichnen WirtschaftsWoche und Telekom Deutschland Mittelständler aus, die ihr Geschäft erfolgreich digital transformiert haben - und von deren Erfahrungen andere profitieren können. Eine Jury aus erfahrenen Praktikern und renommierten Forschern kürt Sieger in den Kategorien "Transformation Mittelstand", "Kundenerlebnis", "Prozesse" und "Produkte und Dienstleistungen". Zudem wählt sie den "Digitalisierungsmacher". Weitere Infos: digitalchampionsaward.wiwo.de
Die Bände sind die Fotoalben des Digitalzeitalters. Sechs Millionen Stück verkaufte Cewe vergangenes Jahr – gerade weil die Menschen heutzutage so viel mit dem Smartphone fotografieren und ihre Schnappschüsse im Netz teilen. Das gedruckte Bild bekommt dadurch wieder einen neuen Wert.
Anders als Cewe stehen viele deutsche Unternehmen noch vor dem Sprung ins digitale Zeitalter. Für sie taugt der Fotodienstleister als Vorbild – davon ist jedenfalls die Jury des Digital Champions Awards (DCA, siehe Kasten) überzeugt. „Ich gebe jedem den Tipp, seine Produkte selbst infrage zu stellen, bevor es jemand anderes tut“, sagt Hagen Rickmann, Leiter des Geschäftskundenbereichs bei der Telekom Deutschland und einer der Juroren. Genau das hat Cewe getan und wurde deshalb in der Kategorie Digitale Transformation ausgezeichnet. „Cewe ist ein Beleg für die Innovationskraft deutscher Unternehmen, auch gegenüber US-amerikanischen Playern“, sagt Rickmann.
Doch noch immer zögern viele Unternehmer und Manager, ihre Firmen digital neu zu erfinden. Was zum existenziellen Risiko zu werden droht.
So haben sich Unternehmen auf die Digitalisierung vorbereitet
Mehr als in Drittel aller Unternehmen bereitete sich durch digitales Management der Personalverwaltung vor. In der Studie waren Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Edenred-Ipsos-Barometer 2015, "Wohlbefinden & Motivation der Arbeitnehmer"
An zweiter Stelle steht die Virtualisierung der Arbeitsplätze (28 Prozent), etwa durch virtuelle Desktops oder eine Ausstattung für Telefonkonferenzen.
Den dritten Platz teilen sich zwei Maßnahmen: die Einrichtung eines sozialen Firmennetzwerks sowie das Angebot von E-Learning (jeweils 25 Prozent).
18 Prozent der Unternehmen trafen Vereinbarungen zur Telearbeit
16 Prozent der befragten Unternehmen haben an ihrer Webseite gearbeitet.
13 Prozent der Unternehmen haben sonstige Maßnahmen ergriffen
Fünf Prozent der Unternehmen haben eine "BYOD" (bring your own device) Politik eigeführt.
Ein Drittel der befragten unternehmen gab an, keine der aufgeführten Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Digitalisierung umgesetzt zu haben
Dem jüngsten Mittelstandsbarometer der Beratung EY zufolge spielen für 46 Prozent digitale Technologien wie Cloud Computing und Big Data noch keine Rolle für das Geschäftsmodell. Gleichzeitig erwarten drei Viertel der 3000 befragten Führungskräfte, dass sich das in den kommenden fünf Jahren ändern wird. „Wenn unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft auch künftig ihre Marktposition behaupten will, muss sie jetzt zu einem Digitalisierungssprung ansetzen“, fordert Matthias Wahl, Präsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft.
Doch fehlt es oft am notwendigen Know-how: Nach einer Erhebung der Hamburger Managementberatung Doubleyuu bei mehr als 1000 Unternehmen gestehen nur 14 Prozent der Mitarbeiter ihren Chefs eine hohe Digitalkompetenz zu.