Aus der Nische heraus ist das soziale Netzwerk Pinterest groß geworden, das als virtuelle Pinnwand startete, auf die Nutzer Inhalte pinnen und sich somit im Internet mit ihren Kollektionen präsentieren konnten. Diese Idee bescherte Pinterest 1,3 Milliarden Dollar an Wachstumskapital. Sein Wert beträgt jetzt rund elf Milliarden Dollar.
Noch rasanter verlief der Aufstieg von Instagram. Der Bilderdienst startete 2010, vier Jahre nach Twitter – im Netzzeitalter eine halbe Ewigkeit. Doch mit 400 Millionen Nutzern ist das Netzwerk längst am Nachrichtendienst vorbeigezogen. Denn Instagram ist der ideale Kanal für die Generation Selfie und sticht Twitter aus, indem es eine alte Weisheit in neuem Gewand präsentiert: Ein Bild sagt oft mehr als 140 Zeichen.
Bei Instagram zeigt sich zudem Mark Zuckerbergs Gespür für Trends. Der Facebook-Gründer kaufte das gerade zwei Jahre alte Netzwerk 2012 für eine Milliarde Dollar. Viele Beobachter wunderten sich da über die Summe – angesichts der heutigen Bewertungen war es geradezu ein Schnäppchen.
Wie stark die Preise seither angezogen haben, zeigt Snapchat: Mit 16 Milliarden Dollar ist es eines der am höchsten gehandelten Start-ups der Welt. Und aktuell der einzige potenzielle Rivale für Facebook. Denn der 2011 gestartete Bilder-, Video- und Messagingdienst ist vor allem bei Teenagern beliebt. Bei den sogenannten Millennials in den USA ist es bereits seit einigen Jahren das am schnellsten wachsende Netzwerk. Auch in Deutschland hat Snapchat bei den am häufigsten heruntergeladenen Apps inzwischen Facebook und Instagram abgehängt.
Anfang dieses Jahres hat Präsident Barack Obama einen Account gestartet und sendet seither Bilder und Videos aus dem täglichen Leben im Weißen Haus. Obama wird auch als „Social-Media-Präsident“ bezeichnet und gilt als Indikator dafür, wann neue Dienste in den Mainstream übergehen. Die Massenwirksamkeit von Snapchat symbolisiert selbst das aktuelle US-„Playboy“-Cover. In dem historischen Heft verzichtet das Magazin erstmals auf ein nacktes Model. Stattdessen ziert den Titel eine mit Unterwäsche bekleidete Schöne im typischen Snapchat-Selfie-Look.
Was Snapchat erfolgreich macht
In Deutschland experimentieren Unternehmen wie Sixt oder ProSieben inzwischen ebenfalls mit dem Facebook-Konkurrenten. Politiker wie die Spitzenkandidatin der Grünen, Claudia Dalbert, oder Oliver Lindner (SPD) werben in Sachsen-Anhalt um Stimmen im Landtagswahlkampf. Zahlreiche Fußballvereine versorgen inzwischen ihre Fans mit Snaps.
Es ist eine simple Idee, die Snapchat so erfolgreich macht: Bilder und Videos, die sich die Nutzer schicken, sind nur für eine begrenzte Zeit sichtbar. Der Druck, das möglichst perfekte Selfie zu posten, fällt weg und auch die Frage, ob bestimmte Beiträge dauerhaft im Netz stehen.
In Zeiten da Gerichte und Gesetzgeber von Google und Co. ein digitales „Recht auf Vergessen“ einfordern, ist Vergänglichkeit zum Wert geworden. Auch die permanent auf unzähligen Onlinekanälen aktiven Digital Natives sind sich durchaus bewusst, welche bleibenden Spuren sie dabei hinterlassen. So viel sie auch von sich preisgeben, so sorgfältig pflegen sie die eigene Identität im Netz. Ein immer größerer Teil der Kommunikation verlagert sich daher von den mehr oder weniger öffentlichen Plattformen auf privatere soziale Medien. Und was einst den Reiz von Zuckerbergs Netzwerk ausmachte, Partybilder und andere private Einblicke, landet immer häufiger auf Snapchat oder bei WhatsApp.