Deutscher Innovationspreis Ein Blick auf die Nominierten

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Start-ups: Photonscore, Inveox, Blickfeld

Start-up - Photonscore: Eine Million Bilder pro Sekunde

Der Quantendetektor von Photonscore sieht zwar aus wie eine gewöhnliche Kompaktkamera. Er kann aber noch einiges mehr. Das Gerät macht etwa eine Million Aufnahmen pro Sekunde, wobei immer nur ein einziges Lichtteilchen, ein sogenanntes Photon, erfasst wird. Aus ihnen lassen sich am Rechner Bilder zusammensetzen, die Wissenschaftlern neue Erkenntnisse liefern.

Astronomen richten die Superkameras namens LINCam auf den Nachthimmel, um Neuigkeiten aus dem All zu empfangen. Werner Zuschratter, Mitgründer von Photonscore und Hirnforscher, untersucht damit, wie Moleküle innerhalb der Synapsen miteinander interagieren. In Zukunft sollen die Kameras Tumorgewebe im Frühstadium aufspüren. Und seit einigen Monaten entdecken Quantenphysiker die LINCam, weil sie ideal für die Quantenkryptografie ist.

Bei dieser Verschlüsselungsmethode geht es um Datenschlüssel, die heute nicht einmal von extrem leistungsfähigen Quantencomputern zu knacken sind. Sie sollen unter anderem per Laserstrahl von Satelliten aus an Sender und Empfänger einer Nachricht verschickt werden. Mit den Kameras lassen sie sich auslesen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für das Gerät haben die zwei Kernphysiker Yury Prokazov und Evgeny Turbin vor einigen Jahren in Russland gelegt. Am Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg entwickelten sie die Idee weiter und gründeten 2017 zusammen mit dem Wissenschaftler Zuschratter Photonscore aus, um die Kameras zu bauen und zu verkaufen.

Start-up - Inveox: Für das bessere Labor

Wenn ein Arzt einem Patienten eine Gewebeprobe entnimmt, um etwa zu prüfen, ob er an Krebs erkrankt ist, dann legt er der Probe ein Datenblatt bei – und schickt das Paket an ein Labor. Kommt es dort an, müssen Mitarbeiter die Probe erfassen und die Daten vom Papier in den Computer übertragen: wichtige Angaben zum Patienten und zum Gewebe, zur Erkrankung und zur genauen Verortung des entnommenen Gewebes.

Bis zu 3000 solche Proben muss ein Labor am Tag verarbeiten. Kein Wunder, dass dabei Zettel verloren gehen, vertauscht oder nicht korrekt abgetippt werden, etwa weil jemand die Handschrift des Arztes nicht entziffern kann. Studien zeigen, dass die Quote von solchen Fehlern im Labor bei bis zu 15 Prozent liegt.

Das Start-up Inveox aus München löst dieses Problem, indem es den Prozess fast vollständig automatisiert. Der Arzt gibt die Daten in seiner Praxis oder der Klinik in ein System ein, das mit dem System des Labors vernetzt ist. Und er verknüpft die Patienteninformationen mit einem neuen Spezialbehälter für die Probe, der mit einem Barcode ausgestattet ist.

Nachdem ein Kurier die Probe ins Labor gebracht hat, wird sie von einem Spezialgerät automatisch erfasst. „Eine intelligente Software kontrolliert per Bilderkennung ihre Größe und andere Merkmale“, sagt Wirtschaftsingenieurin Maria Sievert. Sie und Dominik Sievert, Molekular-Biotechniker und Betriebswirt, haben das Unternehmen mit heute 40 Mitarbeitern vor zwei Jahren gegründet. „Die Software könnte künftig sogar bestimmen, mit welchen Chemikalien die jeweilige Probe behandelt werden sollte, damit eine genaue Diagnose möglich wird“, sagt Sievert.

Bis dahin sorgt Inveox schon mal dafür, dass im Labor weniger Fehler passieren. Und die Bearbeitung der Proben beschleunigt wird. Zwei Mitarbeiter können mit der digitalen Hilfe 2000 Proben pro Tag abwickeln. Patienten, die auf eine Diagnose warten, kann so schneller geholfen werden.

Allein in Deutschland gibt es 500 Labors, die insgesamt rund 100 Millionen Proben pro Jahr verarbeiten.

Genug zu tun also für Inveox.

Start-up - Blickfeld: Das Auge des autonomen Autos

Selbstfahrende Autos orientieren sich durch Kameras, Schallimpulse und Radiowellen. Damit sie auch lernen, bei schlechtem Wetter und Dunkelheit Hindernisse zentimetergenau zu erkennen, setzen die meisten Hersteller zusätzlich auf Lidar. Dabei sendet ein Laserstrahler pro Sekunde mehrere Impulse aus. Ein kleiner Spiegel fängt sie wieder ein, wenn sie von Objekten oder Lebewesen reflektiert werden. Aus der Zeit, die die Laserstrahlen unterwegs sind, berechnet das Lidar-System Abstand, Position und mögliche Bewegungen der Hindernisse.

Der Vorteil: Im Gegensatz zu Kameras funktioniert Lidar auch bei Dunkelheit; die Laser erkennen sogar unter Schnee oder Laub verborgene Bordsteinkanten. Doch es gibt auch zwei gravierende Nachteile der Technologie: Es fallen sehr große Datenmengen an, und die Geräte sind extrem teuer. Zurzeit kosten sie bis zu 25 000 Euro – zu teuer für Serienfahrzeuge.

Das will Blickfeld ändern. Das Münchner Start-up hat ein Festkörper-Lidar entwickelt. Es kommt ohne die aufwendige Mechanik der bisher im Auto genutzten Systeme aus, bei denen sich ein kleiner Spiegel sehr schnell dreht, um ein 360-Grad-Bild zu erzeugen. Stattdessen nutzt Blickfeld ein mikroelektronisches System, dessen Spiegel extrem klein sind und wie ein Chip aus Silizium bestehen. Ist die Chipentwicklung abgeschlossen, lassen sich Lidars in großen Stückzahlen herstellen – und werden billiger. Und weil es keine beweglichen Teile gibt, sind die Systeme von Blickfeld auch weniger anfällig.

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