Wirtschaft von oben #145 – Hafen Odessa Der wichtigste Hafen der Ukraine steht still

23.2.2022: Am Tag, bevor Russland die Ukraine angreift, ist das Terminal vollbeschäftigt. Mehrere Schiffe liegen im Hafen. Quelle: LiveEO/Skywatch

Im Hafen von Odessa, dem wichtigsten in der Ukraine, betreibt die HHLA ein Containerterminal. Seit der Annexion der Krim ist dieses immer wichtiger geworden. Satellitenbilder zeigen, wie das Hamburger Unternehmen das Gelände in den vergangenen Jahren ausgebaut hat. Jetzt steht alles still. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Der Betrieb im Hafen von Odessa steht still. „Der Hafen von Odessa wurde heute Morgen von den ukrainischen Behörden geschlossen“, erklärte Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) am Donnerstagmittag bei einer Pressekonferenz. „Das ist ein bitterer Tag für alle friedliebenden Menschen weltweit“, sagte Titzrath. „Wir verurteilen auf das Schärfste den Einmarsch russischer Truppen in die unabhängige Ukraine.“

Die Hafenstadt Odessa gehört zu den Zielen der russischen Bombardierungen. Bereits während der Rede von Russlands Präsident Wladimir Putin sollen dort Explosionen zu hören gewesen sein. Gegen kurz nach 12 am Donnerstagmittag meldeten die ukrainischen Behörden einen Raketenangriff auf eine Militärbasis in der Region Odessa, dabei sollen 18 Menschen umgekommen sein.

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Odessa ist der wichtigste Hafen für das Land, das Putin nun in einen offenen Krieg gezogen hat. Die HHLA betreibt bereits seit 2001 das Containerterminal in Odessa. Satellitenaufnahmen von LiveEO zeigen, wie es das Unternehmen seit 2012 ausgebaut hat. Heute beschäftigt die HHLA dort 480 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.


Als den Hafen in den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 die Nachricht von einem Angriff erreicht habe, hätten die Arbeiter und Arbeiterinnen noch zwei Schiffe abgefertigt und dann den Hafen verlassen, teilte Titzrath mit. Nur noch acht Personen seien vor Ort, um die Sicherheit des Terminals zu gewährleisten. Auch die Schiffe seien ausgelaufen.

Nun gehe es um die Sicherheit der Mitarbeiter, so Titzrath. „Wir haben beschlossen, einen Monatslohn vorab auszuzahlen, damit unsere Mitarbeiter Liquidität haben und ihre eigenen Versorgungen sicherstellen können.“ In der Ukraine herrsche nun das Kriegsrecht, daher könnten auch Mitarbeiter der HHLA zum Militärdienst verpflichtet werden. „Das macht uns sehr betroffen“, erklärte Titzrath.

Mehr als 170 Millionen Dollar hat die HHLA nach eigenen Angaben in den Standort investiert. Seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 hat der Hafen weiter an Bedeutung gewonnen. Odessa liegt 300 Kilometer nordwestlich von der Krim und war für Schiffe aus Europa lange Zeit relativ gut zugänglich. Die Seeroute nach Mariupol hingegen führt durch die Meerenge von Kertsch direkt an der Krim vorbei. Dort hat die russische Flotte den Handelsverkehr in den vergangenen Jahren immer wieder behindert.

Das HHLA-Terminal in Odessa schlägt jährlich etwa 300.000 Standardcontainer (TEU) um. Auch Schüttgut und Flüssiggut wird in Odessa verladen. Für die Ukraine sei vor allem der Export von Getreide wichtig, sagte Philip Sweens, Geschäftsführer der Auslandsgeschäfte der HHLA. „Odessa ist der größte Hafen der Ukraine und der Hauptversorgungspunkt der Ukraine über das Meer, insbesondere seitdem die Krim und das Asowsche Meer nur noch schwer passierbar sind.“

HHLA-Terrain: Fürs Konzerngeschäft sei die Entwicklung in der Ukraine an diesem Donnerstag nicht besorgniserregend, der Umsatz im Terminal von Odessa liege „im sehr niedrigen einstelligen Millionenbereich“. Quelle: Presse

Die HHLA könnte nun zu den wirtschaftlichen Verlierern des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine gehören. Die HHLA betreibt nicht nur das Terminal in Odessa, das Russlandgeschäft ist auch für den Hamburger Hafen wichtig.

Noch sei es zu früh, um wirtschaftliche Folgen abzuschätzen, erklärte Titzrath. Der Konzern sei aber „in seiner Substanz durch das Kriegsgeschehen nicht gefährdet“. Der Umsatz im Terminal von Odessa liege „im sehr niedrigen einstelligen Millionenbereich“. Auch der Handel mit Russland im Hamburger Hafen habe sich bereits seit 2014 um rund ein Viertel reduziert.


Der börsennotierte Konzern gehört zu 69 Prozent der Stadt Hamburg. Damit betreffe der russische Angriff auch die Hansestadt, sagte Michael Kruse, Landesschef der Hamburger FDP, der WirtschaftsWoche. „Das HHLA-Containerterminal im ukrainischen Odessa steht vor einer ungewissen Zukunft. Ob und wie das Terminal in einem Kriegszustand weiterbetrieben werden kann, ist vollkommen unklar“, sagte Kruse. Das Terminal trage maßgeblich zur Versorgung der Ukraine bei. „Zur Stunde ist es das Allerwichtigste, dass die dortigen Mitarbeiter in Sicherheit sind und Schutz haben vor den Angriffen der russischen Schwarzmeerflotte.“ Der FDP-Politiker verurteilte den russischen Angriff auf die Ukraine und forderte härtere Wirtschaftssanktionen.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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