Wirtschaft von oben #303 – Welthandel: Satellitenbilder zeigen, wie Trump die Chinesen am Panamakanal verdrängt
Nachdem Donald Trump wiederholt Ansprüche auf den Panamakanal angemeldet hatte, trennt sich der Hongkonger Konzern CK Hutchison nun von zwei wichtigen Containerterminals. Er wird diese für 19 Milliarden Dollar an eine Gruppe Investoren verkaufen, die vom US-Finanzinvestor Blackrock angeführt wird, teilte das Unternehmen mit. Die Investoren erhalten im Zuge des Deals auch die Kontrolle über mehr als 40 weitere Häfen, die Hutchison rund um die Welt besitzt. Zuvor hatte die Regierung von Panama eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die den tatsächlichen Einfluss des Konzerns evaluieren sollte.
Trump hatte in den vergangenen Wochen immer wieder das Narrativ verbreitet, demnach der Kanal von China kontrolliert werde. So hatte er etwa bei seiner Antrittsrede im Washingtoner Kapitol über den Kanal gesagt: „Wir haben ihn Panama gegeben, nicht China, und wir holen ihn uns zurück“. Tatsächlich war es wie so oft bei Trump: Der Vorwurf ist überzogen, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Der Panamakanal selbst, seine Schleusen und Stauseen, werden von der staatlichen Kanalbehörde des Landes betrieben, die zu Neutralität verpflichtet ist. Jedoch betrieb bisher Hutchison, ein privates Hongkonger Unternehmen, das dem Milliardär Li Ka-shing gehört und auf das die Regierung in Peking mittelbar hätte Einfluss nehmen können, je ein Containerterminal an den beiden Enden des Kanals. Und diese Terminals bieten den Zugang zur Panamakanal Eisenbahn. Die wird seit Jahren unter anderem deshalb immer wichtiger, weil der Kanal an chronischem Wassermangel leidet.
Um die Schifffahrtsstraße trotz Niedrigwasser durchfahren zu können, müssen viele große Containerschiffe einen Teil ihrer Fracht abladen und so ihren Tiefgang reduzieren. Diese Container werden dann per Eisenbahn auf einer 76 Kilometer langen Strecke ans andere Ende des Kanals gebracht und wieder auf die Schiffe geladen.
Die Panamakanal Eisenbahn gehört einerseits zu je 50 Prozent zwei US-Unternehmen – der Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Kansas City und dem Kranhersteller Mi-Jack Products. Andererseits kontrollierte Hutchison als Hafenbetreiber mit den Terminals einen Teil des Zugangs zu jener Eisenbahn, zeigen die Aufnahmen. Und das hätte sich in Zukunft als potenzielles Problem erweisen können.
Allerdings betrieb Hutchison auch nicht alle Containerterminals dies- und jenseits des Kanals. Auf der Atlantikseite, in der Stadt Colón, war es das Terminal Cristóbal. Zwei weitere Terminals hier gehören der taiwanischen Evergreen-Gruppe und dem US-Konzern Carrix. Sie haben ebenfalls einen direkten Zugang zur Eisenbahn.
Auf der Pazifikseite war die Lage prekärer. Hier besaß Hutchison mit dem Balboa-Terminal in Panama Stadt das einzige, das einen direkten Eisenbahnzugang hat. Von einem am gegenüberliegenden Kanalufer liegenden Terminal, das dem Singapurer Hafenbetreiber PSA International gehört, müssen Container erst per Lkw über die weltberühmte Bridge of the Americas transportiert werden. Das kostet Zeit und Geld.
Hätte Hutchison in Balboa die Ladung chinesischer Schiffe, die nach amerikanischen Frachtern heute die zweitwichtigsten Kunden des Kanals sind, bevorzugt behandelt, hätte das womöglich Auswirkungen auf die Versorgung der gesamten USA mit Waren gehabt. Denn ungefähr zwei Drittel aller Waren, die in US-amerikanischen Häfen be- oder entladen werden, passieren den Panamakanal.
Die dänische Reederei Maersk hatte Anfang vergangenen Jahres sogar angekündigt, dass einige ihrer Schiffe den Panamakanal gar nicht mehr durchfahren werden. Ihre Ladung wird stattdessen komplett auf der einen Seite gelöscht, per Eisenbahn auf die andere Seite gebracht und dort auf ein anderes Schiff geladen. Das spart offenbar Kosten, lässt allerdings die Relevanz der Hafenbetreiber hier für den Welthandel noch einmal deutlich wachsen.
Die Panamakanal Eisenbahn kann zurzeit etwa 800.000 Container pro Jahr transportieren. Bei Bedarf ließe sich das sogar auf zwei Millionen Container steigern. Die Bedeutung der Strecke hat vor allem in den vergangenen Jahren zugenommen, weil in der Regenzeit zu wenig Niederschlag gefallen ist. Da der Kanal, insbesondere der künstliche See Gatun, höher liegt als die Meere auf beiden Seiten, muss das Wasser, welches über die Schleusen abläuft, mithilfe des Alajuela-Stausees wieder aufgefüllt werden.
Doch zuletzt war der in den trockenen Monaten des Jahres nahezu leer gelaufen. Die Behörden mussten den Zufluss zum Kanal reduzieren, was die Schiffe zwang, mit weniger Ladung durchzufahren. Zudem wurde die Anzahl der Durchfahrten reduziert, damit weniger Wasser über die Schleusen abläuft.
Zwar plant die panamaische Regierung nun, einen zweiten Stausee anzulegen, um die Wasserprobleme in den Griff zu bekommen. Doch bis das soweit ist, werden wohl noch viele Jahre ins Land gehen.
Neben den durchaus begründeten Sorgen aus den USA angesichts der direkten, chinesisch beeinflussten Präsenz am Kanal gibt es noch weitergehende Anschuldigungen, die jedoch deutlich schwerer zu belegen sind. So wird aus dem Trump-Kosmos auch der Vorwurf laut, China kontrolliere die technologische Infrastruktur am Kanal. Das aber lässt sich so nicht halten. Was jedoch zutrifft: Panama gehört zu den wenigen lateinamerikanischen Ländern, in denen der besonders scharf kritisierte Konzern Huawei eine größere Rolle spielt. Ein großer Teil des 5G-Ausbaus im Land wird im Auftrag des Konzerns Más Móvil mit Huawei-Technologie umgesetzt. Diese bietet zumindest theoretisch ein Einfallstor für hybride Angriffe auf den Kanal.
Gleiches gilt für die vierte Brücke über den Panamakanal, die derzeit im Bau ist. 2028 soll sie fertig werden, derzeit liegt das Projekt jedoch deutlich hinter dem Zeitplan. Umgesetzt wird es von einem Konsortium unter der Leitung der chinesischen Firmen China Communications Construction Company (CCCC) und China Harbour Engineering Company (CHEC). Die Mahnung aus den USA besagt nun, China könnte diesen Zugriff nutzen, um die Brücke einstürzen zu lassen und so den Kanal blockieren.
Spätestens hier betritt man jedoch das Feld wilder Spekulationen. Anzeichen für solche Absichten gibt es keine. Stattdessen bleibt die Erkenntnis: Chinas Bedeutung für die Infrastruktur rund um den Panamakanal ist tatsächlich erstaunlich vielschichtig und umfassend. Über weitergehende Motive dahinter ist jedoch wenig bekannt. Dennoch sollte es im Interesse vor allem eines Landes sein, diesen Einfluss zu verringern, um sich nicht einseitig abhängig zu machen: Panamas.
Klar ist allerdings nach dem Verkauf der zwei Containerterminals an das Blackrock-Konsortium, dass die USA nun wieder mehrere sehr wichtige Teile des Panamakanals kontrollieren, neben drei Häfen unter anderem auch die Eisenbahnstrecke.
Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 23. Januar 2025 bei der WirtschaftsWoche. Wir haben ihn aufgrund der neuen Entwicklungen am 4. März 2025 aktualisiert.
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