Elektroautos Wie BMW vom Zauderer zum Zauberer wurde

Quelle: imago images

BMW gibt sich skeptisch bei E-Autos und zieht nun beim E-Auto-Absatz an Audi und Mercedes vorbei. Damit vollendet der Konzern eines der erstaunlichsten Kunststücke in der Autoindustrie. Ein Kommentar.

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Oliver Zipse hatte es in den letzten Jahren nicht leicht. Was der BMW-Chef sagte und was sich bei BMW abspielte, verdichtete sich zu einer schlüssigen und für Zipse recht unerfreulichen Story: BMW war vor zehn Jahren ein Vorreiter bei der Elektromobilität, doch das Geschäft mit dem elektrischen Karbonauto i3 lief nicht wie gewünscht. Also bekamen sie bei BMW Angst vor dem eigenen Mut, kassierten ihre großen Elektropläne und redeten das E-Auto fortan klein.

Wenn Zipse gegen das Verbrenner-Aus in der EU wetterte, für Technologieoffenheit trommelte und seine Ingenieure auch am Wasserstoffauto arbeiten ließ, dann bestätigte er jedes Mal diese Story. BMW, das waren die Zauderer, die sich nicht für eine Antriebstechnik entscheiden konnten, die sich mit ihrer Technik-Vielfalt womöglich auf fatale Art und Weise verzettelten. Mercedes und der Volkswagen-Konzern mit seinen BMW-Konkurrenten Audi und Porsche hingegen bekannten sich mutig und eindeutig zur Elektromobilität, preschten in bester Elon-Musk-Manier in die Zukunft.

Auch wir, die WirtschaftsWoche, haben diese Story erzählt. Sie war richtig - und doch unvollständig. Im Vergleich zu VW, Porsche, Audi oder Mercedes war BMW tatsächlich weniger entschlossen, weniger mutig. Und trotzdem muss die Geschichte neu geschrieben werden, weil wir nun die erstaunlichen Ergebnisse der unterschiedlichen E-Strategien kennen: Ausgerechnet das „Team Vorsicht“ aus München trocknet bei E-Autos die Konkurrenz ab. BMW verkaufte 2023 über 500.000 Autos mit Stecker (reine E-Autos und Plug-in-Hybride), Mercedes rund 370.000, Audi nur gut 250.000. Ausgerechnet die technologieoffenen Bayern wirken an der Verkaufsfront technologiefokussiert: Audi schaffte im vergangenen Jahr beim Absatz einen Anteil reiner E-Autos von neun Prozent. Bei Mercedes kamen die Stromer auf elf Prozent. BMW dagegen glänzt mit 15 Prozent.

BMW hat geschafft, was die anderen angekündigt haben. Ausgerechnet die Konkurrenten mit den lautesten Elektro-Tönen sind hingegen plötzlich vorsichtig. Aus seinem Plan, 2030 fast nur noch E-Autos zu verkaufen, machte Mercedes-Chef Ola Källenius kürzlich ein 50-Prozent-Ziel. Die nur teilelektrischen Plug-in-Hybride rechnet er mit ein und senkt die Hürde damit zusätzlich ab. Bei Audi stehen die Ziele noch – im Prinzip. Audi-Vorstandschef Gernot Döllner sagte bei der Vorstellung der Bilanz für 2023, dass er an dem ursprünglichen Audi-Plan für den Verbrennerausstieg festhalten wolle.



Audi peile für 2033 den vollständigen Ausstieg aus Benzin- und Diesel-Modellen an. Davor aber werde es „darauf ankommen, zusätzlich mit hocheffizienten Verbrennern und Plug-in-Hybriden an den Start zu gehen“.  So könne Audi „auf unterschiedliche Kundenanforderungen reagieren“ – BMW-Techno-Mix, jetzt auch in Ingolstadt.

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Aus Oliver Zipse, dem Zauderer, wird nun ein Zauberer. Glückwunsch! Und ein Vorschlag: Geben Sie Ihren Widerstand gegen das Verbrenner-Aus 2035 auf, Herr Zipse. Es gibt den Herstellern die Planungssicherheit, die sie brauchen. BMW ist der einzige deutsche Autobauer, der es in Frage stellt. Dabei muss er es am wenigsten fürchten.

Lesen Sie auch: Von wegen unbezahlbar: Die billigen E-Autos sind längst da

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