Northvolt-Beteiligung VW erkauft sich Vorsprung bei Batteriefertigung

VW treibt seine Bemühungen in der E-Mobilität voran. Quelle: dpa

VW treibt seine Bemühungen in der E-Mobilität voran: Der Autobauer beteiligt sich am schwedischen Start-up Northvolt und plant eine Batteriefabrik in Niedersachsen. Doch ein Konkurrent aus Bayern will Schritt halten.

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Volkswagen legt bei seiner Elektro-Offensive noch einen Gang zu: Der Konzern wird sich mit 20 Prozent am schwedischen Northvolt beteiligen. Das gab VW am Mittwoch bekannt. Das Start-up Northvolt wurde erst vor etwa drei Jahren gegründet und plant derzeit den Bau einer ersten Batteriefabrik im hohen Norden Schwedens. Doch Volkswagen genügt das offenbar nicht: Im Laufe des Jahres solle ein Gemeinschaftsunternehmen zum Bau für eine Fabrik für Akkus mit einer Jahreskapazität von 16 Gigawatt-Stunden gegründet werden.

Diese Fabrik für Lithium-Ionen-Batteriezellen soll dann auf deutschem Boden im niedersächsischen Salzgitter entstehen. Der Bau solle frühestens 2020 beginnen, sofern alle notwendigen Rahmenbedingungen erfüllt seien, teilte VW mit. Ein endgültiger Start ist dann um den Jahreswechsel 2023/2024 geplant. Bereits Anfang des Jahres haben VW und Northvolt die „European Battery Union“ ins Leben gerufen. Sie leiten diese Forschungsvereinigung seitdem als Partner.

Den neuesten Schritt in der „Elektrifizierungsstrategie“, die Konzernchef Herbert Diess im März ausrief, lässt sich VW teuer zu stehen kommen: Rund 900 Millionen Euro investiert der Konzern. Ein Teil davon geht für die Firmenanteile und einen Platz im Aufsichtsrat direkt an Northvolt – ein anderer fließt in das Joint Venture für den Bau der Batteriefabrik. So konkret sind die Maßnahmen anderer europäischer Autobauer in der Batteriefertigung bislang nicht. Selbstredend geht VW mit der Beteiligung an einem so jungen Unternehmen, das bislang nicht einmal mit dem Bau der Fabrik in Schweden begonnen hat, ein hohes unternehmerisches Risiko ein. Doch das kalkuliert Volkswagen offenbar ganz bewusst ein, um sich gegenüber der Konkurrenz einen klaren Vorsprung zu sichern, der nicht so leicht aufholbar sein wird.

Und außerdem sind die finanziellen Bemühungen auch dringend notwendig, um den Bedarf der Wolfsburger an Batteriezellen zu stillen: „Der Volkswagen Konzern hat im Rahmen seiner Elektrifizierungsstrategie allein in Europa einen jährlichen Bedarf von mehr als 150 Gigawattstunden ab 2025“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

„Mit Northvolt haben wir einen europäischen Partner gefunden, mit dem wir auch in Deutschland die Zell-Herstellung vorantreiben können“, kommentierte VW-Vorstand Stefan Sommer den Einstieg des geschichtsträchtigen deutschen Autobauers beim ambitionierten Start-up aus Schweden.

Im Interview mit der WirtschaftsWoche sagte der Northvolt-CEO Peter Carlsson im April voraus, dass es 2030 mindestens zehn Gigafactories in Europa geben werde. Da heute noch keine einzige steht, ist das Ziel durchaus ambitioniert. „Ich denke, dass Europa einfach in der Lage sein muss, den Bedarf an Batterien von Volkswagen und anderen europäischen Herstellern zu decken – möglich ist das“, sagte Carlsson. Es erfordere allerdings einen enormen Aufwand und Fokus von allen Beteiligten.

Unternehmen reißen sich um Northvolt

Gelernt hat Carlsson diesen Optimismus gemeinsam mit seinem Mitgründer Paolo Cerruti beim Elektroautobauer Tesla und dessen Firmenchef Elon Musk. Die beiden Gründer waren vor der Zeit bei Northvolt Manager bei Tesla. CEO Carlsson äußerte sich zum Einstieg von VW und einer Finanzierungsrunde, die fast eine Milliarde Euro an frischem Kapital gebracht hat, nun fast staatsmännisch: „Der heutige Tag ist nicht nur ein wichtiger Meilenstein für Northvolt, sondern auch ein wichtiger Moment für Europa.“

Zwar dürfte der Einstieg von VW den größten unternehmerischen Erfolg für Northvolt bedeuten. Doch das erste Unternehmen, das ein Auge auf Northvolt und die Aktivitäten in Schweden geworfen hat, ist Volkswagen nicht: 2018 hat VW-Konkurrent BMW bereits eine Allianz mit dem Start-up und der belgischen Firma Umicore gegründet. Und BMW hat in der aktuellen Finanzierungsrunde nun Kapital nachgeschossen: Somit scheinen zwei riesige deutsche Autobauer von dem Ansatz des schwedischen Start-ups überzeugt zu sein.

An der aktuellen Finanzierungsrunde ist auch die US-amerikanische Bank Goldman Sachs beteiligt. Die Industrieunternehmen Siemens und ABB unterstützten Northvolt schon vor längerer Zeit mit einer vergleichsweise kleinen Summe von jeweils 10 Millionen Euro.

Als wäre dieses Kapital noch nicht genug, bewirbt sich Northvolt gleichzeitig auch noch um Förderungen des Bundeswirtschaftsministeriums für den Bau einer Batteriezellenfabrik in Deutschland – das tun auch 30 weitere Unternehmen. Wer weiß: Vielleicht sind Partner wie BMW oder VW für Northvolt ja ein Argument, um die Ausschreibung zu holen? „Diese Entscheidung überlasse ich Berlin. Die Bundesregierung war in unseren Gesprächen immer sehr vorwärtsdenkend und wird eine weise Entscheidung treffen“, sagte Northvolt-CEO Peter Carlsson im Interview. Und selbst, wenn nicht: Durch die VW-Beteiligung und die jüngste Finanzierungsrunde hat Northvolt erst einmal genug Geld auf der hohen Kante.

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