Air-Berlin-Tochter Wie es bei Niki weiter geht

In der vergangenen Woche musste Niki Insolvenz anmelden, schon zwischen den Jahren soll eine Entscheidung über den Verkauf fallen. Die wichtigsten Antworten zu dem Blitz-Deal.

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Lange sah es gut aus für Niki. Als Sahnestück im Air-Berlin-Reich wurde der österreichische Ferienflieger nach der Pleite der Muttergesellschaft bezeichnet, schnell waren auch mehrere Gebote auf dem Tisch. Die anderen Teile Air Berlins, teils im innerdeutschen Business-Verkehr in direkter Konkurrenz zur Lufthansa, teils auf der teuren Langstrecke im Wettkampf mit mehreren internationalen Lowcost-Carriern, waren da deutlich weniger attraktiv als der Ferienflieger mit recht konstanter Kundschaft, einer modernen Flotte und niedrigen Kosten.

Den Zuschlag für Niki bekam zunächst die Lufthansa, die Niki und eine weitere Air-Berlin-Tochter für 210 Millionen Euro in die eigene Billig-Tochter Eurowings eingliedern wollte. Doch die Übernahme von Niki mit ihren rund 20 Flugzeugen stieß auf so große Bedenken der EU-Wettbewerbshüter, dass die Lufthansa den Plan vergangene Woche aufgab. Für dieses Szenario hatte Air-Berlin-Insolvenzverwalter Lucas Flöther bereits einen Plan vorbereitet: Der Insolvenzantrag für Niki lag ausgefüllt auf seiner Fensterbank.

Wie schnell wird über die Zukunft von Niki entschieden?

Schnell, aber nicht so schnell wie zunächst vermutet. Eine Entscheidung könnte Insidern zufolge noch zwischen den Jahren fallen. Alle eingehenden Angebote für Niki sollten noch am Donnerstag geprüft und dem Gläubigerausschuss am Freitag vorgelegt werden, erklärte Lucas Flöther am Donnerstag im österreichischen ORF. „Und dann denke ich, hoffe ich, dass es morgen im Gläubigerausschuss eine Entscheidung, zumindest eine Weichenstellung geben wird.“



Zuvor hatte das Gerücht die Runde gemacht, dass nach der Anmeldung der Insolvenz am 13. Dezember die wertvollen Verkehrsrechte der Airline nach sieben Tagen erloschen wären – also am vergangenen Mittwoch. Der Zeitdruck für eine Einigung wäre enorm gewesen, da die Fluggesellschaft ohne die Slots deutlich an Wert verloren hätte. Doch inzwischen hat die österreichische Luftfahrt-Aufsicht Austro Control bestätigt, dass „keine Fristen vorgesehen“ seien, solange das Verkehrsministerium die Insolvenz prüft.

Wer hat ein Angebot abgegeben?

Insgesamt waren in der zweiten Runde nach dem Abwinken der Lufthansa nochmal über 20 Interessenten im Datenraum. Am Ende hofft Insolvenzverwalter Flöther auf eine gute „Handvoll“ Bieter, heißt es im Umfeld der Beteiligten. Vier Parteien haben sich im Vorfeld aktiv in den Medien geäußert oder ihnen wurde ein starkes Interesse unterstellt:

Die Chronik von Air Berlin

  • Niki Lauda, Gründer der Airline, gab gegenüber der „Zeit“ an, gleich mehrere Offerten abgeben zu wollen – in welchem Umfang ist allerdings unbekannt. Der österreichische Ex-Rennfahrer hatte Niki 2003 gegründet und war 2011 ausgestiegen. Er hatte auch schon in der ersten Runde mit geboten. Doch dann war er unter Protest ausgestiegen, auch weil ihm die Zeit für ein tiefes Angebot fehlte.
  • Medienberichten zufolge hat die Thomas-Cook-Tochter Condor Gebote abgeschickt. Bei der ersten Bieterrunde für die Übernahme verschiedener Air-Berlin-Teile hatte Thomas Cook ebenfalls mitgeboten, war aber leer ausgegangen. Condor wolle die Flugkapazität auf dem deutschen Markt ausbauen und prüfe weiterhin alle Optionen einschließlich des Kaufs von Niki oder Teilen des Unternehmens, sagte ein Sprecher der Airline vergangene Woche.
  • Zudem prüft laut der Nachrichtenagentur Reuters zwei Insidern zufolge auch die British-Airways-Mutter IAG einen Kauf der insolventen Niki. Gedacht wäre das Geschäft zum Ausbau ihrer spanischen Billigflugtochter Vueling.
  • Auch aus der Schweiz kommt ein Angebot für die österreichische Airline. Die Linien- und Charterfluggesellschaft PrivatAir hat Interesse. „Ja, wir wollen Niki ganz übernehmen und möglichst alle Arbeitsplätze erhalten“, sagte Firmen-Chef Thomas Limberger der Zeitung "Presse" am Dienstag.

    Er wisse um den enormen Zeitdruck und die damit verbundene Schwierigkeit, sich ein Bild von der Airline zu machen und die nötige Finanzierung aufzustellen. „Aber wir wollen es versuchen.“ Ihm sei klar, dass es vor allem um die Start- und Landerechte (Slots) geht. Ob und wie viele Flugzeuge PrivatAir übernehmen könne, sei indes noch nicht ganz klar. Die PrivateAir ist den Angaben zufolge eine Schweizer Linien- und Charterfluggesellschaft mit acht Flugzeugen. Sie bietet anderen Airlines beziehungsweise Unternehmen ihre Maschinen an.

Der Billigflieger Ryanair hat entgegen einer früheren Ankündigung doch kein Gebot für die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki abgegeben. „Leider gab es nicht genug Klarheit über die Vermietung von Lufthansa-Flugzeugen an Niki, das konnten wir nicht rechtzeitig lösen“, teilte das Unternehmen zur Begründung mit.

Die Angebote waren wohl unter dem LH-Deal

Wie hoch waren die Angebote?

Darüber schweigt Insolvenzverwalter Flöther. Aber in jedem Fall dürften sie weit unter den rund 180 Millionen Euro liegen, die Lufthansa dem Vernehmen nach auf den Tisch legen wollte. Dafür sorgen vor allem die operativen Verluste, die laut Lufthansa-Kreisen zuletzt bei rund 10 Millionen Euro pro Woche lagen.

Wie ist die finanzielle Lage bei Niki?

Ohne die zugesicherten Gelder der Lufthansa für den Betrieb der Flotte hat Flöther schnell den Notausgang gewählt. Geld ist noch da, aber es ist knapp. Er gehe davon aus, dass möglicherweise bis Anfang Januar Zeit bleibe. „Aber dann muss der Investor feststehen, weil uns sonst unabhängig von den Genehmigungen das Geld ausgeht“, sagte Flöther Anfang der Woche. Obwohl Niki den Flugbetrieb bereits am 14. Dezember einstellte, muss noch der operative Betrieb erhalten und bezahlt werden: „Sie können ein Flugzeug nicht einfach wie ein Auto hinstellen, Schlüssel abziehen und das war es.“ Denn auch ohne Betriebskosten laufen etwa die Leasinggebühren für die Flugzeuge, Personalkosten sowie Verwaltungsausgaben wie die IT-Systeme weiter.

Was steht bei Niki zur Übernahme?

Bis zur Insolvenz umfasste die Flotte von Niki 32 Jets, zu drei Vierteln aus der A320-Familie von Airbus, der Rest zwei verschiedene Varianten der Boeing 737. Die Boeing-Flieger wurden zuletzt von TUIfly betrieben und waren nicht Teil des geplatzten Lufthansa-Deals. Zur Übernahme stehen jetzt 21 Airbus-Jets. Der Haken: Derzeit liegen die Jets noch bei der Lufthansa. Die Frankfurter haben zwar angekündigt, die Flieger „zu marktüblichen Konditionen“ an einen möglichen Niki-Käufer weiterzureichen. Ob dieser aber die Konditionen akzeptiert oder es zu keiner Einigung kommt, steht noch nicht fest.

Mit dem Sommerflugplan 2017 war die Rolle von Niki im Air-Berlin-Verbund nochmals aufgewertet worden. Vom reinen Ferienflieger von österreichischen Zielen aus wurde das Angebot auf den ganzen deutschsprachigen Raum ausgeweitet. Unter der Marke Air Berlin wurden dann nur noch innerdeutsche Flüge und die Langstreckenflüge durchgeführt. Die Verbindungen von deutschen Flughäfen zu vornehmlich südeuropäischen Ferienzielen fiel komplett Niki zu – und damit auch die wertvollen Slots. Das sollte die Lücken schließen durch die Übernahme der ersten rund 30 Maschinen durch die Lufthansa ab Februar.

Insgesamt kommt Niki auf rund 1000 Mitarbeiter. Ob und wie viele davon selbst bei einer Übernahme um ihren Job bangen müssen, ist nicht klar.

Wie sieht es bei den anderen früheren Air-Berlin-Töchtern aus?

Licht und Schatten. Nach Informationen der WirtschaftsWoche ist auch die Air Berlin Touristik Service GmbH pleite. Für die Gesellschaft mit Sitz in Berlin, die bis Ende Oktober unter dem Namen „NIKI Service GmbH“ firmierte, sind rund 50 Beschäftigte tätig. Der Antrag steht dem Vernehmen nach in engem Zusammenhang mit der Insolvenz der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki, für die das Berliner Unternehmen als Dienstleister tätig war.

Besser sieht es für die Luftfahrtgesellschaft Walter aus, die für Air Berlin eine Flotte von Bombardier-Regionalfliegern betrieben hatte. Nach mehreren Zugeständnissen hat die Lufthansa grünes Licht aus Brüssel bekommen und darf LGW übernehmen. Für den Deal muss die Lufthansa laut Insidern Start- und Landerechte am Flughafen Düsseldorf abgeben und auch zusagen, sich keine zusätzlichen Slots in Düsseldorf zu sichern, sollten in Zukunft welche frei werden.

Walter wurde erst im Juni 2017, also rund zwei Monate vor der Insolvenz, von Air Berlin übernommen, hatte aber schon zuvor Flüge für Air Berlin durchgeführt. Die Flotte von 20 Propeller-Maschinen und einem Airbus A320 sind jetzt für Eurowings im Wetlease (also Leasing der Flugzeuge samt Besatzung, Wartung und Versicherung) unterwegs, einige Maschinen sind sogar bereits in Eurowings-Farben umlackiert.

Auch mit dem Verkauf wäre Niki nicht gerettet

Angenommen, der Insolvenzverwalter findet einen Käufer für Niki. Ist die Airline dann gerettet?

Das ist mehr als unklar. Denn dazu fehlen Niki mindestens drei Voraussetzungen.

Das ist Air Berlin

  • Um unter eigenem Namen Flüge anzubieten, braucht das Unternehmen einen eigenen Vertrieb. Bislang hat den Verkauf die Mutter Air Berlin mit erledigt. Ob es einer Niki 2.0 gelingt, das in kürzester Rekordzeit wieder aufzubauen, ist fraglich. Dazu ist die Frage, wie schnell die Kunden nach dem überraschenden Ende des Flugbetriebs der Linie wieder ihr Geld anvertrauen.
  • Für einen richtigen Geschäftsbetrieb, braucht Niki eine komplette Verwaltung. Hier hat Niki zwar in der Zentrale in Wien einige Beschäftigte, die unter anderem für die technische Seite des Flugbetriebs zuständig waren. Doch auch hier hat Air Berlin in den vergangenen Jahren zuletzt wichtige Dinge wie Rechnungswesen übernommen, die ein neuer Eigentümer nun schnell wieder aufbauen müsste.
  • Um weiter zu fliegen, braucht Niki Maschinen und Personal. Zwar hatte Niki auf dem Papier genug Leute und Jets. Doch die Frage ist, ob sie die auch nutzen kann. Die Lufthansa hat sich einen Teil der Flotte gesichert und auch den Mitarbeitern Jobs angeboten. Da ist die Frage, ob die Leasinggeber ihre Flugzeuge an einen wirtschaftlich wackeligen Neuling vergeben wollen. Zumal im kommende Jahr das Umfeld weniger freundlich werden dürfte. Denn die wieder steigenden Spritkoten machen gerade einer vergleichsweise kleinen Linie das Leben besonders schwer. Dazu dürfte auch vielen Mitarbeitern ein Job im Lufthansakonzern sicherer erscheinen als einer bei der neuen Niki.

Wie stehen nun die Chancen?

Nicht sehr gut. Aber wenn die turbulenten Zeiten in diesem Jahr eines gezeigt haben, dann dass in der Fliegerei alles möglich ist. Denn trotz spektakulärer Pleiten wie Air Berlin oder der britischen Monarch kam laut einer Statistik in diesem Jahr des Schweizer Datendienstleistes CH-Aviation auf jede Insolvenz fast zwei Neugründungen. Doch die meisten davon sind keine klassischen Linienairlines, sondern nicht zuletzt Linien, die ihre Jets mit Besatzung an andere Airlines vermieten, wenn bei denen Not am Mann ist.

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