Rohe Faszination Das Geschäft mit dem Mittelalter

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Mittelalter treibt Filmbranche an

Den Reibach machen vor allem internationale Unterhaltungskonzerne. Denn längst hat das Mittelalter alle Bereiche des Entertainments erobert: Kino, Fernsehen, Bücher, Online-Spiele und Musik.

„Inzwischen gehört der Mittelalterrock zu den Stützen der Musikindustrie“, sagt Thorsten Steer vom Fachmagazin „Musikmarkt“. Bands wie Schandmaul, Subway to Sally oder In Extremo, die zu Gitarren und Schlagzeug gern Instrumente wie Schalmei, Drehleier oder Marktsackpfeife kombinieren, dürften insgesamt geschätzt eine halbe Million Musikfans auf sich vereinen. Ihre Alben verkaufen sich 100.000-fach.

Erst kürzlich wechselte Schandmaul – die sechsköpfige Band reüssiert mit Texten über Könige, Narren, Trinkgelage sowie Trauergesängen („Euch zum Geleit“) – vom kleinen Label F.A.M.E. Artist Recordings zu Universal Music. Subway to Sally und In Extremo stehen dort bereits unter Vertrag.

Für die Musikkonzerne sind die Mittelalterbands ein Glücksgriff: Die Anhänger der Düsterlinge geben mehr und ausdauernder Geld aus als etwa die Fans der Rock- und Popkultur. Hohe Marketingausgaben können sich die Konzerne bei einer so treuen Kundschaft sparen. Der typische Mittelalterfan gönnt sich auch mal eine teure CD statt billiger Downloads, sagt Branchenexperte Steer.

Diese Apps erweitern Ihre Realität
Wikitude World Browser (Android)Der Wikitude World Browser gibt jede Menge Hilfestellung für die Umgebung - vom Museum bis zum Bummel durch die Straßen fremder Städte. Beim Scannen der Umgebung erhält der Nutzer Informationen zu allen Sehenswürdigkeiten, die sich vor der Kameralinse befinden. So lassen sich beispielsweise auch interessante Orte finden und erklären, die der Reisende eventuell gar nicht auf der Liste hatte. Zusätzlich bietet die App eine Standortsuche, mit der sich Pizzerien, Cafés und Bars in der Umgebung aufspüren lassen.Acrossair AR Browser (iOS) Acrossair ist besonders vielseitig. Hält man sein iPhone horizontal, zeigt es den aktuellen Standort auf einer Karte an. Danach kann der User entscheiden, welche Informationen er angezeigt bekommen möchte. Wahlweise werden Kinos oder Hotels und Restaurants in der Umgebung eingeblendet. Außerdem lassen sich Wikipedia-Einträge zu bestimmten Orten anzeigen oder lokale Twitter-Nachrichten aufrufen. Mit einem digitalen Pin lässt sich der Standort speichern - zum Beispiel falls man sich das Café merken möchte, vor dem man steht. Sobald der Weg weiter geht, werden Informationen rechts und links des Weges in Form halbdurchsichtiger Ballons eingeblendet. Quelle: dpa
SnapShot Showroom (iOS)Neue Möbel für die Wohnung suchen, macht mit dieser App richtig Spaß. Denn Snapshop ermöglicht es, die neuen Möbel in der Wohnung anzusehen, ohne die vorhandenen Möbel dafür extra auszuräumen. Dafür muss der Nutzer nur ein Bild von einem Möbelstück aus einem großen Katalog der angesagtesten Marken auswählen und beim iPhone die Livekamera aktivieren. Jetzt lässt sich die Größe der Möbelteile verändern und Sofa, Tisch und Stühle auf dem Bildschirm verschieben. Auch Farbe und Muster lassen sich verändern. Über die App lassen sich die gewünschten Möbel auch direkt bestellen. Quelle: dpa
Golfscape GPS Rangefinder (iOS)Im Wettbewerb ist diese App sicher nicht erlaubt. Für Freizeitsportler kann sie eine große Hilfe sein. Der Golfscape Rangefinder zeigt den Standort auf dem Golfplatz an. Außerdem kann der Nutzer den gewünschten Landeplatz des Balles angeben. Die App berechnet dann den idealen Weg zum Ziel Insgesamt sind über 35.000 Golfplätze weltweit in der Anwendung hinterlegt. Quelle: AP
Star Chart (iOS und Android)Beim Blick in den Himmel wäre manch Sternengucker gerne schlauer. Wer wissen will, welchen Stern er gerade anschaut, sollte sich die App Star Chart anschaffen. Einfach die Kamera gen Sternenhimmel richten und den gewünschten Stern antippen. Neben dem Namen gibt die App auch an, wie weit der Stern entfernt und wie hell das Exemplar ist. Quelle: dpa
Theodolite (iOS)Diese App ist ein Muss für Wanderer und Aktivsportler. Sie enthält einen Kompass, GPS-Werkzeug, eine Zoom-Kamera, einen Abstandsfinder und eine Zweiachsenneigungs-Anzeige und ist ein elektronischer Ansichtsfinder. Für Nutzer, die noch mehr wollen, bietet die App zusätzlich eine Taschenrechnerfunktion mit der Höhen, Entfernungen und Zielpositionen bestimmt werden können. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Peaks (iOS)Peaks ist eine praktische AR-App für alle, die im Gebirge unterwegs sind. Einfach mit der Kamera des iPhone auf den Berg zeigen. Die App verrät dann die Höhe bis zum Gipfel und wie weit er entfernt liegt. Die Infos werden auch automatisch zu Fotos vom Berg hinzugefügt. Quelle: dpa
AR Basketball (iOS)Die macht das digitale Basketball-Erlebnis überall möglich. Einfach eine Paper-Markierung auf einen Tisch legen und die Kamera des iPhones auf den Marker richten. Auf dem iPhone wird das Papier als Basketballring zu sehen sein. Ein digitaler Ball lässt sich dann mit einer Wischbewegung über den Bildschirm werfen. Quelle: REUTERS

Auch einer anderen bedrohten Branche hilft das Mittelalter ein wenig aus der Bredouille: dem Buchhandel. Mittelalterromane, gerne auch angereichert mit Fantasy-Elementen („Herr der Ringe“, „Das Lied von Eis und Feuer“), zählen zu den Wachstumssegmenten der Branche. Die Reihe der Bestseller ist lang, von der „Pestmagd“ bis zur „Wanderhure“-Reihe. Hinzu kommen Klassiker wie „Die Säulen der Erde“ des Briten Ken Follett über den Bau einer mittelalterlichen Kathedrale, der in Deutschland 3,8 Millionen Exemplare verkaufte.

Der verstorbene Münchner Filmmogul Bernd Eichinger verfilmte bereits 1986 „Der Name der Rose“ nach dem Roman von Umberto Eco. Das Kloster-Epos spielte 77 Millionen Dollar ein, bei geschätzten Produktionskosten von 17 Millionen Dollar. 20 Jahre später gelang Eichinger ein ähnlicher Coup mit „Das Parfüm“ nach dem Roman von Patrick Süskind.

Inzwischen hat sich der Potsdamer Filmproduzent Nico Hofmann, Chef der Bertelsmann-Tochter Ufa Fiction, zum Marktführer für verfilmte Mittelalter-Epen aufgeschwungen: Hofmann verantwortete die Kinoversion des „Medicus“, die Ende 2013 lief (100 Millionen Euro Einnahmen, geschätzte Kosten 26 Millionen Euro), brachte Anfang des Jahres „Die Pilgerin“ ins ZDF und will im Spätherbst dieses Jahres mit „Götz von Berlichingen“ bei RTL punkten.

Längst hat jeder Sender sein Mittelalterdrama im Programm: ProSiebenSat.1 strahlte im Frühjahr die Wikinger-Saga „Vikings“ aus. Auf Sky läuft seit Juni die vierte Staffel von „Game of Thrones“. Die Serie wurde bereits in mehr als 80 Länder auf allen fünf Kontinenten verkauft.

Im Frühjahr 2016 soll „World of Warcraft“ in die Kinos kommen, basierend auf dem gleichnamigen Online-Spiel von 2005. Zu seinen besten Zeiten sorgte das mittelalterliche Rollenspiel des kalifornischen Entwicklers Blizzard mit weltweit zwölf Millionen Spielern für Jahresumsätze von mehr als einer Milliarde Dollar. Heute spielen noch 7,6 Millionen mit.

Stattdessen läuft jetzt „Clash of Clans“ auf den Bildschirmen. Die Spieler verteidigen eine Festung oder attackieren sie – als feindliche Truppen oder Barbaren. Wie bei anderen Rollenspielen, etwa „Baldur’s Gate“ oder „Gothic“, tauchen neben Kriegern mit Schild und Schwert auch Fabelwesen wie Drachen, Zwerge, Elfen oder Trolle auf – inspiriert von Tolkiens „Herr der Ringe“ oder Rollenspiel-Urvater „Dungeons and Dragons“ aus den Siebzigerjahren.

Mit „Clash of Clans“ verdient der finnische Hersteller Supercell mehr als zwei Millionen Dollar – pro Tag. Ende 2013 stieg der japanische Medienriese Softbank beim skandinavischen Shootingstar ein – zum Preis von 1,5 Milliarden Dollar für 51 Prozent. Und das, obwohl die Finnen neben den Clankämpfen bislang nur ein weiteres Spiel veröffentlicht haben. Der Clou: „Clash of Clans“ läuft auf dem Smartphone und ist bald auf 100 Millionen mobilen Endgeräten installiert – für echte Mittelalterfans, die sich in der fernen Epoche ihre Auszeit von der digitalen Welt nehmen, in etwa so authentisch wie ein Palio-Reiter mit Googles Datenbrille.

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