Umstrittener 5-Punkte-Plan Wie Spohr Eurowings auf den Kopf stellt

Seite 2/2

Weniger Jets, dafür mehr Extras – aber reicht das?

3. Neues Netz, weniger Jets
Knapp sechs Prozent weniger Kosten sollen die neuen Pläne für die Flotte bringen. Dabei muss Eurowings seltener als bisher die von der Mutter abgelegten, teilweise 28 Jahre alten und im Betrieb teureren Jets nutzen. Stattdessen bekommt nun auch endlich die Billigtochter neue Flieger und vor allem die besonders sparsamen Modelle der Airbus A320neo-Familie. Gleichzeitig sollen die neuen Maschinen produktiver fliegen. Sie sollen nicht nur bis zu 20 Prozent mehr Sitze haben, sondern mindestens eine Stunde am Tag länger in der Luft sein. Das Plus soll Eurowings aber nicht für mehr Wachstum von zuletzt rund 20 Prozent pro Jahr nutzen. Stattdessen will die Linie den heutigen Flugplan statt wie bislang mit 139 mit nur noch 110 bis 120 Maschinen abfliegen – einem Fünftel weniger. Dabei soll Eurowings-Chef Dirks auch möglichst viele der für den Fall von technischen Problemen vorgehaltenen neun Ersatzmaschinen möglichst auf null runterfahren.

Dazu will Dirks das Netz kappen. Statt vieler Nebenstrecken möchte er sich künftig wie Easyjet auf die großen Flughäfen wie Düsseldorf, Hamburg, Köln und Stuttgart mit aufkommensstarken Strecken konzentrieren. Dort will das Unternehmen künftig durch Geld und seine Marktmacht Easyjet und Ryanair kleinhalten, „wie es uns bereits auf der Strecke Köln- Berlin gelungen ist“, so Dirks und schwärmt: „Das erlaubt uns bald höhere Preise.“

4. Endlich einfach
Der größte Unterschied zwischen Eurowings und Billigfliegern wie Easyjet oder Ryanair war bisher die extrem komplizierte Organisation des Flugbetriebs. „Das war der Preis für unser Wachstum“, so Dirks. Durch die Übernahme von Teilen der Air Berlin und um den Einfluss der deutschen Gewerkschaften klein zu halten, hatte Eurowings gut ein halbes Dutzend Töchter mit jeweils eigener Flugerlaubnis. Die sind bis heute so streng getrennt, dass sie bei Flugpannen nicht untereinander mit Flugzeugen oder Personal aushelfen dürfen. Easyjet hat nur zwei solcher Ableger.

Das will Eurowings-Chef Dirks nun ändern. Galt bisher noch als Ziel, an keinem Flughafen mehr als zwei der Töchter landen zu lassen, will er künftig den ganzen Flugbetrieb unter einer Betriebserlaubnis abwickeln. Welche, will er nicht sagen. „Aber es kommt eigentlich nur die günstigste in Frage, also Eurowings Europe“, vermutet ein Insider. Dazu will er nach dem Vorbild von Easyjet die Verwaltung verkleinern, nicht zuletzt durch die Automatisierung der Abläufe.

5. Digital für mehr Extras
Da Sparen allein das Unternehmen nicht rettet wird, will Dirks von seinen Konkurrenten auch in einem anderen Bereich lernen: dem Verkauf von Dingen abseits des Flugtickets. Den Anfang hat er bereits Anfang des Monats gemacht, als er für alle Kunde abseits der Biz-Sektion am vorderen Ende der Kabine die Gratis-Verpflegung stricht. „Die Zukaufangebote machen Kunden zufriedener“, begründet er den Schnitt, zur Überraschung vieler Kunden.

Das soll jedoch erst der Anfang sein. Künftig möchte er über seine Internetseite wie ein Warenhaus alles rund um die Reise anbieten, etwa Mietwagen oder Übernachtungen. Das war bereits sein Ziel, als er im Sommer 2017 seinen Job antrat. Doch es geriet angesichts der vielen Betriebsprobleme unter die Räder. Dazu sollen weitere digitale Angebote kommen, wie Ausflüge oder Geschenke. „Hier werden wir bis 2022 um zehn Prozent im Jahr zulegen“, verspricht Dirks, „und beim Ergebnis noch stärker.“ Denn bei den Einnahmen von heute rund 350 Millionen Euro und wahrscheinlich 500 Millionen im Jahr 2022 bleibt in der Regel mehr als ein Drittel als Gewinn in der Kasse. Die möglichen 160 Millionen würden dann einen größeren Betrag zu den versprochenen 300 Millionen Euro Gewinn leisten, als es der Ticketverkauf kann.

Erfolgschancen? Durchwachsen

So gut sich der Plan auf dem Papier liest, ihn umzusetzen wird für Spohr und Dirks nicht ganz leicht. Denn die Verbesserungen hängen im Wesentlichen davon ab, ob die Belegschaft mitspielt. Schließlich sollen die Beschäftigten mehr arbeiten, und das bei bestenfalls gleichbleibenden Löhnen. Dagegen hat Konzernchef Spohr vor dem Investorentreffen bereits höhere Dividendenzahlungen angekündigt.

Darum machen die Arbeitnehmervertreter bereits reichlich Stimmung gegen das Konzept Dividenden statt Gehaltsaufschläge. So hat die Kabinengewerkschaft UFO bereits vor den heutigen Maßnahmen Streiks angekündigt. „Und die Bereitschaft zum Ausstand ist jetzt sicher nicht gesunken“, erklärt ein Insider. Bei der Konkurrenzgewerkschaft Verdi ist die Stimmung kaum besser: „Eurowings hat Teile des jüngsten Tarifvertrags noch nicht umgesetzt und will nun schon wieder Geld“, so ein Gewerkschafter.

Die Streiks kann sich die Lufthansa nicht leisten. Die Ausstände sorge nicht nur für Einnahmeausfälle und höhere Kosten, etwa in Form von Entschädigungen für gestrandete Kunden. Sie vergrätzen auch gleichermaßen Kunden wie Investoren, deren Stimmung mit den vielen Flugabsagen und den Kursverlusten der vergangenen Monate in den Keller ging. „Auch wenn ein möglicher Streik einen begrenzten Einfluss auf das Ergebnis der Lufthansa hat, so zeigt er doch die Schwierigkeiten, die Kostenstruktur bei Eurowings zu verbessern“, warnt Daniel Roeska von Bernstein Research.

Damit könnte Spohr am Ende sowohl Beschäftigte als auch Investoren verärgern.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%