Werbesprech
Quelle: imago images

Vier wichtige Lehren für Werber

Dave Trott’s Buch „The Power of Ignorance“ ist ein Lehrstück über die größten Problemlöser und kreativsten Denker, die die Welt je erlebte. Und zeigt dem großen Rest der Werber, warum ihnen der Erfolg versagt bleibt.

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Dave Trott ist eine britisch-amerikanische Werbe-Legende und einer der renommiertesten Werber der Welt. Die Werbung verdankt ihm nicht nur einzigartige Kampagnen, sondern einen Erkenntnisreichtum, ohne den die Branche deutlich ärmer wäre. Seine Beobachtungen verpackt er in spannende „real-life stories“, die er regelmäßig bloggt und in Bestseller wie „One Plus One Equals Three“, „Creative Blindness“ und „The Power of Ignorance“, die lehrreicher nicht sein könnten.

Ein paar wenige Auszüge aus „The Power of Ignorance“, vier Kapitel aus seinem Meisterwerk, zeigen uns nicht nur, wie Werbung funktioniert, sondern vor allem, warum sie so häufig nicht funktioniert. Besseres Lehrmaterial kann man sich als Werber – gleich ob erfahren oder blutjung – nicht wünschen.

Wie das Hörspiel „War Of The Worlds“ dem Radio eigentlich schaden sollte – es dann aber erst richtig erfolgreich machte

Wer kennt nicht die Anekdote um Orson Welles‘ Hörspiel „War Of The Worlds“, das bei seiner Erstausstrahlung im Radio 1938 die USA angeblich in Angst und Schrecken versetzte. Hunderttausende HörerInnen sollen es als Nachricht missverstanden haben und glaubten, es seien tatsächlich kriegswütige Marsianer auf der Erde gelandet und wollten die Menschheit auslöschen.

Dave Trott erzählt uns die Wahrheit über diesen atemberaubenden Mythos. Es war demnach nichts weiter als Fake News, verbreitet von einigen Zeitungen, die das damals noch junge Medium Radio diskreditieren wollten. Schon seit einigen Jahren stieß das kommerzielle Radio auf die Aufmerksamkeit der Werber und hatte begonnen, Mediagelder der Zeitungen für sich abzuzweigen. Blätter wie „New York Times“, „San Francisco Chronicle“ und „Chicago Herald“ wollten dem ein Ende bereiten und beschlossen, mit dieser frei erfundenen Geschichte über Wells‘ aufgeführtes Hörspiel das Radio selbst zu diskreditieren.

Der Schuss ging gehörig nach hinten los, obwohl sich der Mythos von der Massenpanik bis heute hartnäckig hält. Als die Entscheider in den Werbeagenturen davon hörten, waren sie beeindruckt von der Wirkkraft des bis dahin unscheinbaren Radios und nahmen es ernster als zuvor. Die Marke Campbell Soup sponsorte Orson Wells‘ Theater, Wells wurde zur Berühmtheit, ging nach Hollywood und drehte „Citizen Cane“ – für viele Cineasten bis heute der beste Film aller Zeiten.

Autor Dave Trott fasst das Spektakel zusammen: „Wahrscheinlich wäre das alles nicht passiert, wenn die Zeitungen nicht versucht hätten, das Radio zu vernichten.“

Was Werber daraus lernen sollten: Jedes Medium hat unverwechselbare Fähigkeiten zum Transport von Werbebotschaften. Diejenigen auszuwählen, die eine Kampagne besonders wirksam machen, ist eine Kunst. Und für Radio gilt auch 84 Jahre später: Wir haben bis heute die wahren Fähigkeiten, den medialen Schatz des Audio-Mediums weder gehoben noch ausgeschöpft.

Was passiert, wenn man Effizienz und Effektivität verwechselt – und warum Kreative und Mediaplaner enger zusammenarbeiten sollten

Schon früh entwickelte sich eine regelrechte Werbeindustrie an der Madison Avenue, dem Zentrum der amerikanischen Werbung. In den Hochhäusern der Network-Agenturen saßen Texter und Art Direktoren nunmehr getrennt voneinander in winzigen Büros vor ihren Eingangs- und Ausgangkörbchen. Sie schrieben und kreierten im Akkord. Es hatte sich als effektiver erwiesen im Vergleich zum Agenturmodell von Bill Bernbach, als die Gewerke noch zusammensaßen.

Es war nicht nur schneller und effektiver, sondern auch deutlich billiger. Das einzige Problem: die Ideen, die dabei entstanden, glichen sich wie ein Ei dem anderen. Solange die Aufgaben nicht identisch sind, sollten weder Lösungen noch Prozesse identisch sein, mahnt Dave Trott. Man könne Werbung nicht am Fließband herstellen. Nicht solange die Werbung mehr als nur die Plätze in den Medien zu füllen habe, die vor diesem „kreativen“ Prozess schon längst gebucht waren.

Das passe höchstens den vielen Kunden, die keine Zeit haben für vernünftige Kreativarbeit. Und es passt nur dann, wenn die Werbung kein Business-Ziel erreichen muss. Es passt nur dann, wenn man die Werbung nach ihrer Effizienz bewertet, statt nach ihrer Wirkung.

Was Werber daraus lernen sollten: Dave Trott beschreibt eine Entwicklung, wie sie im New York der Siebzigerjahre entstanden ist. Wir haben uns allerdings seither nicht ein Stück weiterentwickelt. Noch immer arbeiten Mediaplaner und Kreative getrennt voneinander. Noch immer werden die Medien unabhängig vom kreativen Prozess gebucht. Und noch immer bewerten wir die Werbung nach ihrer Effizienz: nach Tausend-Kontakt-Preisen, Cost per Lead oder „Cost per Something“, statt nach Wirkungskriterien. Nur wer aus diesem Prozess ausbricht, kann Kreativität entfalten und entstehen lassen und erreicht in den Medien die Menschen, die man sich als Zielgruppe und Käufer wünscht.

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