Verkauf an Edeka Tengelmann will Kaiser's loswerden

Der Handelskonzern Tengelmann will seine traditionsreichen Supermärkte Kaiser's Tengelmann loswerden und an Edeka verkaufen – und provoziert den Widerstand des Bundeskartellamtes.

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Eine weiße Kaffeekanne auf rotem Hintergrund – das Logo der deutschen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann. Quelle: dpa

Als Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub im Juli die Bilanz seiner Unternehmensgruppe vorstellte, merkten Beobachter auf: Die Geschäfte beim Textildiscounter Kik und der Baumarktkette Obi liefen zwar gut, doch die Supermärkte Kaiser’s Tengelmann bereiteten ihm Sorge. Er kündigte Entlassungen, Filialschließungen und eine Analyse zu den Optionen an. Ein Komplettverkauf sei aber das, „was die Familie am wenigsten gerne in Erwägung ziehen würde", so Haub damals.

Seit heute ist der Komplettverkauf beschlossene Sache. 451 Filialen mit knapp 16.000 Mitarbeitern sollen ab Sommer 2015 zum Reich von Deutschlands größtem Lebensmittelhändler Edeka gehören.

Die größten Discounter der Welt 2014

„Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. „Mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent sind wir mit unseren Supermärkten zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben.“

Tatsächlich spielen die Tengelmann-Märkte mit zuletzt 1,8 Milliarden Euro Netto-Umsatz nur eine untergeordnete Rolle im Kampf der Branchenschwergewichte Aldi, Lidl, Rewe und Edeka.

Bundeskartellamt muss entscheiden

Dennoch ist die Entscheidung ein Paukenschlag für den ohnehin stark konzentrierten deutschen Lebensmittelhandel. Nachdem Haub schon 2008 den Discounter Plus verkauft hat, zieht sich die Unternehmensgruppe nun endgültig aus dem traditionsreichen Geschäftsfeld zurück.

Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, sagt Haub: „Zu erkennen, dass der Verkauf unseres Supermarktunternehmens letztlich unausweichlich wurde, war für meine Familie und mich persönlich sehr schwer. Mit diesem Schritt können wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immerhin eine Zukunftsperspektive bieten“, sagt Haub dazu.

Ob der Verkauf tatsächlich wie geplant stattfinden kann, hängt allerdings vor allem vom Bundeskartellamt ab. Die Behörde hatte schon den Verkauf von Plus an Edeka nur widerwillig und mit hohen Auflagen – etwa der Abgabe zahlreicher Standorte an Rewe – genehmigt. Ähnliches droht nun auch bei der Veräußerung der Supermärkte, heißt es in der Branche.

Die wertvollsten europäischen Einzelhändler
Bereits zum vierten Mal veröffentlicht Interbrand die Studie Best Retail Brands, die sich dem Einzelhandelssektor widmet. Der Report listet die wertvollsten europäischen Retail-Marken auf. Es folgen die zehn ersten Plätze des Rankings.Platz 10: Sephora Das französische Unternehmen Sephora schafft es mit einem Marktwert von 2,1 Milliarden US-Dollar auf den zehnten Platz im Ranking. Der 1970 gegründete Kosmetikkonzern verkauft über 100 verschiedene Marken. Seit 1998 erobert er auch den amerikanischen Markt. Quelle: imago images
Platz 9: AldiDer einzige deutsche Einzelhändler in den Top Ten ist Aldi. Die Einzelhandelskette konnte ihren Markenwert nach den hohen Markenwertverlusten der letzten Jahre wieder leicht steigern und rangiert mit 2,9 Milliarden US-Dollar auf Platz neun. Quelle: dpa
Platz 8: BootsMit einem Marktwert von 3,3 Milliarden US-Dollar schafft es Boots auf den achten Platz. Der Konzern ist einer der bedeutendsten Pharmagroßhändler Europas. In Großbritannien ist er der größte Konzern, der Pharmazieprodukte verkauft. Quelle: dapd
Platz 7: AuchanAuchan belegt den siebten Platz mit einem Marktwert von 3,6 Milliarden US-Dollar. Die Warenhauskette aus Frankreich ist noch in 13 weiteren Ländern vertreten. Auchan ist in Frankreich mit seinem Drive-Through-Format sehr erfolgreich. Und um noch näher am Kunden sein zu können, haben in den letzten Jahren Anbieter wie Rewe oder die Hypermarktanbieter Carrefour, Auchan und Casino zudem kleinere Stores meist in zentraler Lage eröffnet – meist in zentraler Lage. Der Trend geht zu „Markenshops“, die das Unternehmen selbst zelebrieren. Auch gemischte Konzepte wie etwa ein Laden inklusive eines Cafés entstehen vermehrt. Quelle: rtr
Platz 6: Marks & SpencerDie Supermarktkette Marks & Spencer rangiert auf dem sechsten Platz mit einem Marktwert von 5,6 Milliarden US-Dollar. In ganz Großbritannien betreibt das Einzelhandelsunternehmen mehr als 375 Einkaufsläden. Quelle: dapd
Platz 5: TescoRund neun Milliarden US-Dollar ist Tesco wert. Die britische Supermarktkette ist mittlerweile weltweit vertreten und beschäftigt insgesamt mehr als 530.000 Mitarbeiter. Außerhalb des Landes sind Tesco-Märkte unter anderem in Polen, Irland, Tschechien, USA und der Türkei zu finden. Quelle: dpa
Platz 4: CarrefourDer Marktwert von Carrefour beträgt 10,2 Milliarden Euro, was dem Einzelhändler den vierten Platz im Ranking beschert. Das französische Unternehmen ist Europas größtes Einzelhandelsunternehmen und nach Wal-Mart das zweitgrößte der Welt. In zahlreichen Ländern betreibt der Konzern insgesamt knapp 15.000 Filialen. Quelle: REUTERS

Erst vor wenigen Tagen hatte das Amt eine Untersuchung zur „Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel“ vorgelegt. „Der Lebensmitteleinzelhandel ist hochkonzentriert. Die Marktstruktur droht sich noch weiter zu verschlechtern“, heißt es darin. Die Wettbewerbsbedingungen würden demnach von vier zentralen Unternehmen – darunter Edeka – dominiert. Ihr Anteil in Deutschland beträgt sowohl beim Absatz als auch beim Einkauf rund 85 Prozent.

Um die entsprechenden Vorteile der Branchenriesen zu kompensieren, soll „die strenge Linie in der Fallpraxis des Bundeskartellamtes“ fortgesetzt werden, heißt es in dem Bericht.

Bedeutet im Klartext: „Jeder wesentliche Erwerb eines Lebensmitteleinzelhändlers in Deutschland durch eines der großen Handelsunternehmen Edeka, Rewe und Schwarz Gruppe wird vertieft geprüft.“

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