Als Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub im Juli die Bilanz seiner Unternehmensgruppe vorstellte, merkten Beobachter auf: Die Geschäfte beim Textildiscounter Kik und der Baumarktkette Obi liefen zwar gut, doch die Supermärkte Kaiser’s Tengelmann bereiteten ihm Sorge. Er kündigte Entlassungen, Filialschließungen und eine Analyse zu den Optionen an. Ein Komplettverkauf sei aber das, „was die Familie am wenigsten gerne in Erwägung ziehen würde", so Haub damals.
Seit heute ist der Komplettverkauf beschlossene Sache. 451 Filialen mit knapp 16.000 Mitarbeitern sollen ab Sommer 2015 zum Reich von Deutschlands größtem Lebensmittelhändler Edeka gehören.
Die größten Discounter der Welt 2014
Dollar Tree belegt den zehnten Platz unter den weltgrößten Discountern. Das US-Unternehmen erzielte 2013 einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro.
Auch aus Skandinavien kommt ein Discounter, der es unter die Top Ten der weltgrößten geschafft hat: Rema 1000 gehört zum Konzern Reitangruppen. 2013 setzte das Unternehmen 6,8 Milliarden Euro um.
Der US-Discounter Family Dollar verkaufte 2013 Waren im Wert von 8,2 Milliarden Dollar und belegt damit weltweit den achten Platz unter den größten Discountern.
Auch der siebtgrößte Discounter der Welt findet sich auf der Iberischen Halbinsel: Biedronka stammt aus Portugal und wird von JMR Jerónimo Martins Retails betrieben. 2013 setzte die Kette 8,3 Milliarden Euro um. Zum Vergleich: Aldi erwirtschaftete im gleichen Zeitraum mehr als den siebenfachen Betrag.
Die sechstgrößte Discountkette der Welt stammt aus Spanien. Das Unternehmen mit dem Namen Dia (zu Deutsch „Tag“) setzte 2013 11,4 Milliarden Euro um.
Auf dem fünften Platz findet sich wieder ein deutsches Unternehmen: Der Discounter Penny, der zur Rewe-Gruppe gehört. 2013 betrug der Umsatz des Discounters laut Ranking von Planet Retail 12,1 Milliarden Euro.
Erst an vierter Stelle ist ein nicht-deutsches Unternehmen zu finden. Die US-Kette Dollar General verkaufte 2013 Waren im Wert von 13,9 Milliarden Euro.
Mit großem Abstand folgt der drittgrößte Discounter der Welt: Netto. Die Kette gehört zur Edeka-Gruppe und erzielte 2013 14,2 Milliarden Euro Umsatz.
Der Discounter Lidl, der zur Schwarz Gruppe gehört, belegt im Ranking der weltgrößten Discounter den zweiten Platz. 2013 betrug der Brutto-Außenumsatz der Supermarktkette 59 Milliarden Euro.
Aldi ist die Nummer eins im Ranking von Planet Retail (Juni 2014) im weltweiten Discounter-Markt. 2013 machte das deutsche Unternehmen einen Brutto-Außenumsatz von 61,1 Milliarden Euro.
„Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. „Mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent sind wir mit unseren Supermärkten zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben.“
Tatsächlich spielen die Tengelmann-Märkte mit zuletzt 1,8 Milliarden Euro Netto-Umsatz nur eine untergeordnete Rolle im Kampf der Branchenschwergewichte Aldi, Lidl, Rewe und Edeka.
Bundeskartellamt muss entscheiden
Dennoch ist die Entscheidung ein Paukenschlag für den ohnehin stark konzentrierten deutschen Lebensmittelhandel. Nachdem Haub schon 2008 den Discounter Plus verkauft hat, zieht sich die Unternehmensgruppe nun endgültig aus dem traditionsreichen Geschäftsfeld zurück.
Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, sagt Haub: „Zu erkennen, dass der Verkauf unseres Supermarktunternehmens letztlich unausweichlich wurde, war für meine Familie und mich persönlich sehr schwer. Mit diesem Schritt können wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immerhin eine Zukunftsperspektive bieten“, sagt Haub dazu.
Ob der Verkauf tatsächlich wie geplant stattfinden kann, hängt allerdings vor allem vom Bundeskartellamt ab. Die Behörde hatte schon den Verkauf von Plus an Edeka nur widerwillig und mit hohen Auflagen – etwa der Abgabe zahlreicher Standorte an Rewe – genehmigt. Ähnliches droht nun auch bei der Veräußerung der Supermärkte, heißt es in der Branche.
Erst vor wenigen Tagen hatte das Amt eine Untersuchung zur „Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel“ vorgelegt. „Der Lebensmitteleinzelhandel ist hochkonzentriert. Die Marktstruktur droht sich noch weiter zu verschlechtern“, heißt es darin. Die Wettbewerbsbedingungen würden demnach von vier zentralen Unternehmen – darunter Edeka – dominiert. Ihr Anteil in Deutschland beträgt sowohl beim Absatz als auch beim Einkauf rund 85 Prozent.
Um die entsprechenden Vorteile der Branchenriesen zu kompensieren, soll „die strenge Linie in der Fallpraxis des Bundeskartellamtes“ fortgesetzt werden, heißt es in dem Bericht.
Bedeutet im Klartext: „Jeder wesentliche Erwerb eines Lebensmitteleinzelhändlers in Deutschland durch eines der großen Handelsunternehmen Edeka, Rewe und Schwarz Gruppe wird vertieft geprüft.“