Freytags-Frage
Welche Zukunft hat der Welthandel? Quelle: imago images

Welche Zukunft hat der Welthandel?

Der Welthandel steht vor einem grundlegenden Wandel. Wenn die Reform der Welthandelsorganisation WTO nicht gelingt, droht die Regellosigkeit. Daran kann eigentlich auch Amerika kein Interesse haben.

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Handel und Handelspolitik spielten in der abgelaufenen Woche eine zentrale Rolle. Sowohl auf multilateraler als auch auf regionaler Ebene wird recht intensiv an der Zukunft des Welthandelssystems gearbeitet. Beginnen wir mit der regionalen Ebene:

Am Sonntag einigten sich die Vereinigten Staaten (USA) und Kanada auf eine Neuauflage des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA), das nun als USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA) firmiert. Dieses Abkommen sieht auf den ersten Blick wie eine Fortsetzung der NAFTA aus, was insofern verwundert, als dass Präsident Trump dieses alte Abkommen als eines der schlechtesten aller Zeiten bezeichnet hat, während er das neue Abkommen für phantastisch hält.

Mit Superlativen sollte man in der Regel vorsichtig umgehen, so auch hier, denn beides stimmt nicht, auch aus rein amerikanischer Perspektive. Was die Amerikaner vor allem erreicht haben, ist besserer Marktzugang für ihre Milchprodukte in Kanada, Beschränkungen für Freihandelsabkommen mit sogenannten „Non-Market Economies“ – gemeint ist wohl vor allem China – sowie schärfere Ursprungsregeln für Automobile. Damit sie als in der Freihandelszone produziert gelten, muss der Anteil der in der USMCA geschaffenen Wertschöpfung für Autos höher als bisher sein. Er steigt schrittweise in den nächsten Jahren von 62,5 Prozent auf 75 Prozent an.

Die Amerikaner haben es nicht geschafft, die Kanadier davon zu überzeugen, das Schlichtungsverfahren bei Handelsstreitigkeiten einzustellen; sie haben die Menge der importierten Autos, ab der es zu Zollerhebung auf den Import von Automobilen aus Kanada und Mexiko so hoch angesetzt, dass es gegenwärtig und auf absehbare Zeit keine Zölle geben wird. Allerdings werden die Stahl- und Aluminiumzölle gegen kanadische Hersteller nicht zurückgenommen. Das Abkommen hat ein Ablaufdatum, vor dem es überprüft werden muss.

Auch wenn noch viele Details unklar sind und sich Maximalforderungen der USA nicht durchsetzen ließen, atmet der Vertrag doch den Geist von administriertem Handel („Managed Trade“). In einer Welt des „Managed Trade“ wird es immer der stärkere Partner sein, der sich durchsetzt. Es ist ja die erklärte Haltung des Präsidenten, mit jedem Land einzelne Abkommen („Deals“) abzuschließen und dabei durchaus mit harten Drohungen zu operieren. Damit steht er in starkem Kontrast zum regelbasierten System des Welthandles, wie es in der Welthandelsorganisation (WTO) und deren Verträgen kodifiziert ist. Dieses System wurde im Übrigen auf amerikanische Initiative nach den Erfahrungen der 1930er und 1940er Jahre eingeführt, um genau dies zu verhindern.

Dieser Kontrast war auch eines der Themen des für den Welthandel zweiten wichtigen Ereignisses dieser Woche, des WTO Public Forums 2018, zu dem die WTO von Dienstag bis Donnerstag nach Genf eingeladen hatte. Dort trafen sich Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen, der Wirtschaft und der Wissenschaft, um in über einhundert Sitzungen unterschiedlichste Aspekte der Zukunft der WTO zu verhandeln. Wesentliche Themen waren die Herausforderungen durch die Digitalisierung und den Klimawandel, das entwicklungspolitische Potential der WTO und die Bedeutung des Handels mit Dienstleistungen in der Zukunft. Es wurde offenkundig, dass die tägliche Arbeit der WTO relativ reibungslos verläuft. Sämtliche Mitglieder scheinen recht kooperativ in der täglichen Routine mitzuwirken; so jedenfalls konnte man die Stimmung und einzelne Aussagen aus der WTO interpretieren.

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