Apple-Zahlen Zurück in der Erfolgsspur: Apple kann wieder glänzen

Apple hat die Schwäche im iPhone-Geschäft überwunden und das vergangene Weihnachtsgeschäft mit Rekordzahlen abgeschlossen Quelle: REUTERS

Vor gut einem Jahr schockte Apple die Märkte mit einer Gewinnwarnung. Jetzt, etwa ein Jahr später, ist der kalifornische Konzern wertvoller zurück denn je. Doch auch in der neuen Stärke liegen Schwächen.

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Bei Apple ist immer alles perfekt geplant. Die Telefonkonferenz von Apple CEO Tim Cook und Finanzchef Luca Maestri mit Wall-Street-Finanzanalysten startete am Dienstag pünktlich um 14 Uhr kalifornischer Zeit. Wer sich früher einschaltete, wurde mit Wartemusik beschallt, natürlich von Apples hauseigenem Streaming-Service Apple Music. Am Dienstag hätten statt aktueller Hits Klassiker besser gepasst. Beispielsweise über das beliebte Thema wie schnell sich die Zeiten zum Besseren wenden können. So wie Dinah Washingtons Version des Evergreens „What a Diff’rence a Day Makes”.

In dem Lied ist es ein Tag. Bei Apple ist es ein Jahr. Am 2. Januar 2019 musste Apple-Chef Tim Cook eine Gewinnwarnung wegen zu zäher iPhone-Verkäufe herausgeben – zum ersten Mal unter seiner Ägide. Und bei den vier Wochen später folgenden Quartalszahlen einen Umsatzrückgang von fünf Prozent vermelden. Vor allem wegen sinkender iPhone-Umsätze, die mindestens 15 Prozent unter den eigenen Vorgaben lagen. Es war laut Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi der „größte Umsatzrückgang in der Geschichte des iPhones.“ Als Chef eines der größten Konzerne der Welt darf Cook keine Schwächen eingestehen. Und so tröstete er sich damals damit, dass „wir das innovativste Unternehmen der Welt sind.“

Zu Beginn des Jahres 2020 kann Cook wieder in tatsächlichen Erfolgen schwelgen. Im gerade zu Ende gegangenen Quartal, welches vor allem durch das wichtige Weihnachtsgeschäft geprägt ist, hat Apple mit 91,8 Milliarden Dollar Umsatz einen neuen Rekord hingelegt. Und dabei 22,2 Milliarden Dollar verdient – ebenfalls eine neue Bestmarke. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 84,3 Milliarden Dollar Umsatz und 19,9 Milliarden Dollar Gewinn. Den Unterschied machte zum einen die neue iPhone-11-Reihe aus, dessen teures Pro-Modell mit seinen Kamerafähigkeiten glänzt. Hier gelang ein Umsatzzuwachs von knapp zehn Prozent. Zum anderen der beeindruckende Sprung beim Zubehör von 7,3 Milliarden Dollar im Vergleichsquartal auf nun 10 Milliarden Dollar.

Auch bei den Services legte Apple von 10,8 Milliarden Dollar auf 12,7 Milliarden Dollar zu. Immerhin zwei Milliarden Dollar mehr. Allerdings sei hier beachtet, dass darin der Start des Videostreamingdienstes Apple TV Plus enthalten ist, der mit viel Aufwand und Starbesetzung von Steven Spielberg bis Jennifer Aniston vermarktet wurde. Der Sprung hätte also noch deutlich größer ausfallen können. Jedoch startete Apple TV Plus mit einem Kampfpreis von lediglich 4,99 Dollar, der Käufern von Apple-Hardware für ein Jahr erlassen wird. Das erklärt, warum die Servicesparte vom Umsatz her nicht stärker zulegte.

Umsatzrückgänge gab es nur bei den Macs und beim iPad, der in diesem Jahr sein zehntes Jubiläum feiert. Die Zahl der weltweit genutzten Apple-Geräte stieg 2019 um mindestens 100 Millionen auf nun über 1,5 Milliarden. Nicht ganz so stark wie im Jahr zuvor, allerdings hält sich Apple hier mit genauen Zahlen zurück.

Zwar macht das iPhone immer noch den Löwenanteil des Apple-Umsatz aus, ist also weiter der Anker des Konzerns, doch darum gruppieren sich die wachsenden Services und nicht zu vergessen das Zubehör.

Der Gewinnrückgang 2019 scheint tatsächlich ein Ausrutscher gewesen zu sein, den die WirtschaftsWoche schon vergangenes Jahr als große Chance für Apple und interessierte Anleger wertete, weil das Potential für einen neuerlichen Aufstieg gegeben war. Damals war der Börsenwert von einer Billion Dollar im August 2019 auf 730 Milliarden Dollar Ende Januar 2019 abgestürzt. In dem Zuge hatten wir daran erinnert, dass es die letzte große Gewinnwarnung im Juni 2002 gegeben hatte.

Wie phänomenal der Aufstieg im Jahr 2019 sein sollte, konnte jedoch niemand ahnen. Am Dienstag, vor Bekanntgabe der Quartalszahlen war Apple knapp 1,4 Billionen Dollar wert – also fast das Doppelte vom Vorjahr. Der Wert könnte in den nächsten Tagen noch steigen, weil Apple-Finanzchef Luca Maestri eine optimistische Prognose auf das gemeinhin schwächere aktuelle Quartal von 63 bis immerhin 67 Milliarden Dollar abgibt. Das sind fast vier Milliarden Dollar mehr als Finanzanalysten schätzten. Die große Spanne begründet Konzernchef Cook mit der Unsicherheit über die Ausbreitung des Corona-Virus, die in nächster Zeit vor allem in China Einfluss auf Fertigungsstätten und den zugleich wichtigen Absatzmarkt des Konzerns haben könnte.

Statt weiterer Lobgesänge auf Cook, die er sich ohne Zweifel verdient hat, ist für Apple-Anleger ein Blick auf die potenziellen Schwächen wichtiger. Ein Börsenwert von 1,4 Billionen Dollar – also 14 Mal Volkswagen – schien bis vor kurzem noch unvorstellbar. Diese Entwicklung liegt allerdings nicht nur an Apple.

Apples potenzielle Schwächen

Ein solcher Börsenwert ist möglich, weil infolge der Flut des billigen Geldes Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Dabei werden vor allem globale Marken attraktiv – wie das Schwergewicht Apple, das nicht nur profitabel wächst, sondern sogar noch Dividenden zahlt und gleichzeitig mit Milliarden von Dollar die eigenen Aktien rückkaufen kann. Aber wie viel Raum ist noch vorhanden? Vor allem, wenn eine lange überfällige Kurskorrektur im Markt einsetzt? Oder pumpen die nicht vorhandenen Zinsen Apple auf weitere Höhen?

Meisterhaft hat Cook es verstanden, beim Gerangel von Donald Trump mit China nicht unter die Räder zu kommen. Zwar sind die Wogen mittlerweile etwas geglättet und Apples Geschäfte im Reich der Mitte laufen wieder wie geschmiert. Doch Trump fordert von seinem Freund Tim noch immer, dass dieser ihm bei der Auseinandersetzung mit Huawei als angebliches Spionageinstrument der chinesischen Regierung hilft und in den Markt für 5G-Netzinfrastruktur einsteigt. Das ist zwar unwahrscheinlich, weil es Apple aus vielerlei Gründen in die Klemme bringen würde. Doch ein Boykott amerikanischer Marken in China, gerade wegen Huawei, ist weiterhin im Bereich des Möglichen. Das würde Apple am empfindlichsten treffen.

Umso stärker, da 5G der neue Hoffnungsträger ist und der wichtigste Absatzmarkt zunächst Asien sein wird, weil die USA und Westeuropa beim Netzausbau hinterherhinken. Das fördert die ohnehin große Abhängigkeit von China und verkompliziert Apples Portfolio. Zudem ist noch unklar, ob die frühen Anwender tatsächlich in großer Zahl auf 5G umsteigen, was nicht nur vom Gerätepreis, sondern auch von den angebotenen Dienstleistungen und den Kosten dafür abhängen wird. Apple wird wahrscheinlich im Herbst seine ersten 5G-Smartphones vorstellen.

Ein weiteres großes Fragezeichen im Apple-Universum – und eine große potenzielle Schwäche – ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Die großen Silicon-Valley-Konzerne überbieten sich momentan bei KI-Investitionen. Wo Apple dort rangiert, ist wegen der Geheimniskrämerei des Konzerns schwer abzuschätzen. Doch die Marktführerschaft bei digitalen Assistenten, die Apple einst mit Siri hatte, ist längst an Google und Amazon abgetreten.

Cook schwört zudem darauf, die Daten seiner Kunden nicht nutzen zu müssen, weil er sein Geschäft mit Hardware macht. Je stärker er jedoch in Dienstleistungen einsteigt, umso mehr machen auf den Kunden zugeschnittene Angebote Sinn. Dieser Balanceakt wird immer schwieriger. Bislang hat ihn Cook mit Bravour gemeistert.

Der von Steve Jobs höchstpersönlich ausgesuchte Nachfolger wird im November 60 Jahre alt. Für Spitzenmanager ein immer noch mehr als rüstiges Alter. Aber die Nachfolgediskussion setzt bereits ein. Seine rechte Hand, Operativchef Jeff Williams ist nur drei Jahre jünger. Der Stabwechsel ist eine weitere Unsicherheit. Vor allem weil diesmal kein Apple-Gründer die Weihen vornimmt. Oder vielleicht doch. Steve Wozniaks Fürsprache würde in jedem Fall die Apple-Fans ermutigen. Die Wall Street ist allerdings schwieriger zu beeindrucken.

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