Im heiß umkämpften Markt der Cloud-Dienste hat sich der US-Konzern IBM für eine neuartige Strategie entschieden: Weil viele europäische Kunden sich Sorgen um die Sicherheit ihrer Daten machen, hat IBM sein deutsches Cloud-Zentrum in Frankfurt für Zugriffe aus Übersee abgeriegelt.
„Es ist nicht möglich, von außerhalb der EU Zugriff auf die Daten zu haben“, sagte Yasser Eissa, der Vizechef für das IBM-Cloudgeschäft in Europa, am Mittwoch in München. Ausgenommen sind demnach lediglich die Mitarbeiter der Kundenfirmen selbst.
Damit reagiert IBM unter anderem auf Befürchtungen in der europäischen Kundschaft, US-Geheimdienste könnten sich Zugriff auf sensible Kundendaten und Betriebsgeheimnisse verschaffen. Auch die US-Regierung fordert aktuell von Microsoft vor Gericht die Herausgabe von persönlichen Daten eines Kunden in Europa. Das anstehende Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA, das für Sommer erwartet wird, bereitet Unternehmen, Verbänden und der Politik in Europa zunehmend Sorgen.
Cloud-Geschäfte
Es geht auch ohne Updates: Software aus der Cloud, die Nutzer meist über den Browser öffnen, ist immer aktuell. Die Anbieter kümmern sich um die Pflege und Administration, was Kunden die Arbeit erleichtert. Ob Textverarbeitung, Marketing oder Kundenverwaltung – der Markt für „Software as a Service“ (SaaS) wächst in diesem Jahr nach einer Einschätzung von Gartner auf 58,6 Milliarden Dollar.
Unternehmen brauchen heute keine eigene IT-Infrastruktur. Speicherplatz, Netzwerkkapazitäten und Rechenleistung können sie über die Cloud mieten. Abgerechnet wird nach Nutzung, auf die Minute genau. Marktführer Amazon startete sein Cloud-Geschäft vor zehn Jahren. Der Markt wächst nach Einschätzung von Gartner dieses Jahr kräftig auf 45,8 Milliarden US-Dollar.
Entwickler bekommen im Netz nicht nur Rechenleistung und Speicherplatz, sondern auch Programmierwerkzeuge. „Platform as a Service“ (PaaS) ist damit weiter gefasst als „Infrastructure as a Service“ (IaaS). Entwickler können mit ein paar Mausklicks eine Datenbank einrichten oder Daten auswerten. Amazon und Microsoft investieren hier massiv. Der Markt wächst nach Einschätzung von Gartner in diesem Jahr auf 11,4 Milliarden Dollar.
„Wir sagen jeglicher Behörde in den USA, das sind nicht unsere Daten, wir haben keinen Zugriff darauf“, sagte Eissa. „Wir geben keine Kundendaten raus.“ Europa sei für IBM ein extrem wichtiger Markt. Microsoft hatte sich aus Anlass des Gerichtsverfahrens in Deutschland für ein Treuhänder-Modell mit der Telekom entschieden und hat ebenfalls selbst keinen Zugriff auf die Daten seiner Kunden.
IBM will das Cloudgeschäft zu einem wichtigen Standbein des Konzerns machen. Cloud bedeutet, dass die Kunden ihre Daten und Anwendungen auf Plattformen externer Anbieter speichern und dort jederzeit darauf zugreifen können. Dadurch sparen sie teure Hardware und einen Teil ihres IT-Personals. Weltweit setzte IBM 2017 bereits 17 Milliarden Dollar mit Cloud-Dienstleistungen um. Als weltweite Nummer eins im Cloud-Geschäft gilt Amazon, auch Microsoft und Google konkurrieren mit IBM um die vorderen Plätze.