
„Die diesjährige Hannover Messe wird zur Weltbühne für die vernetzte Industrie“, sagt ein sichtlich zufriedener Messechef Jochen Köckler wenige Tage vor der Eröffnung der Weltleitmesse. Doch wenn US-Präsident Barack Obama am Sonntagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die fünftägige Veranstaltung eröffnen wird, droht das Kernthema ein wenig aus dem Blick zu geraten.
Denn am Montag werden in Hannover die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, den USA, Frankreich und Italien zu einem Gespräch im kleinen Kreis zusammen kommen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Präsident François Hollande sowie Großbritanniens Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi für den Nachmittag ins Schloss Herrenhausen eingeladen, teilte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Mittwoch in Berlin mit. Themen seien die „vielen Fragen der internationalen Politik“, darunter die Flüchtlingskrise und Terrorgefahren.
Die Politik dürfte die Schlagzeilen bestimmen – auch wenn sie auf der Messe selbst nur einen Randaspekt ist. In den Messehallen geht es vor allem um die „Industrie 4.0“ – im diesjährigen Partnerland USA auch bekannt als „Industrial Internet“.
Denn ob intelligente Roboter, selbstfahrende Autos, Drohnen, 3D-Drucker oder Supercomputer – die vierte industrielle Revolution hat längst begonnen und gilt als größte Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Messe ist daher ein Tummelplatz für alle wichtigen Akteure aus Maschinenbau, Elektrotechnik und Informationstechnologie.
Anders als früher stehen nicht mehr so sehr die schweren Maschinen im Vordergrund, sondern der Austausch über das, was sich heute schon von der Welt von morgen umsetzen lässt.





Durch die Digitalisierung findet ein umwälzender Wandel statt, der auch vor der Arbeitswelt nicht halt macht. Ob automatisch gemolkene Kühe oder sich selbst organisierende Kühlschränke: Alle Lebensbereiche sind betroffen. Deutschland und die USA haben Anfang des Jahres Ziele für die Zusammenarbeit bei der sogenannten Industrie 4.0 vereinbart, die einen engen Schulterschluss bei der Schaffung zuverlässiger Systeme und Infrastrukturen vorsieht.
Es geht um Innovation, es geht um Standards, es geht um Märkte und auch um Arbeitsplätze. Auf der Messe wollen die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und der US-Handelsbeauftragte Michael Froman darüber diskutieren. Im Fokus steht dabei auch das geplante transatlantische Freihandelsabkommens TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) – eins der letzten großen Projekte in der bald endenden Präsidentschaft von Barack Obama.
Rund 90 Prozent aller heutigen Arbeitsplätze könnten in den kommenden fünf bis zehn Jahren vom digitalen Wandel betroffen sein, hatte der EU-Digitalkommissar Günther Oettinger schon auf der IT-Messe CeBIT erklärt. Nach einer Prognose des Weltwirtschaftsforums könnte diese industrielle Revolution in den Industrieländern bis 2020 insgesamt mehr als sieben Millionen Arbeitsplätze überflüssig machen – vor allem in Büros und der Verwaltung mit weitgehend standardisierten Aufgaben. Der Wandel zur Fabrik von morgen rückt daher auch die Bildung in den Blickpunkt, um Arbeitsplätze zukunftsfest zu machen.
Von der Sekretärin über den Buchhalter bis hin zum Piloten: die zunehmende Automatisierung setzt hinter klassische Berufe in ihrer bisherigen Form ein großes Fragezeichen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sieht den Maschinenbau im Zentrum der Veränderungen, die das Wirtschaftsleben in den kommenden Jahren prägen werden. Er will das auf der Messe in zahlreichen Vorträgen und Diskussionen auf der diesjährigen Hannover Messe deutlich machen.





„Das Schlüsselwort für die Welt von morgen lautet Vernetzung; und keine Industriebranche ist dafür so gut aufgestellt wie der Maschinenbau – quer über alle Segmente hinweg“, erklärte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann im Vorfeld der Messe. Dank des starken Partnerlands USA hat die weltgrößte Industrieschau diesmal mehr als 5200 Aussteller aus 75 Ländern nach Hannover locken können – davon allein 465 aus den USA.