E-Scooter Spätstarter hofft auf Regulierung

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Mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede

Das Problem der vielen E-Scooter-Dienste ist ihre Austauschbarkeit: Bis auf die Farbgebung und den Zuschnitt der Geschäftsgebiete gleichen sich die Angebote – von den eigentlichen Rollern über die Preise bis zum App-Design. Solange ein Fahrzeug des angestammten Anbieters in Laufweite ist, gibt es für Kunden kaum einen Grund, auf einen Newcomer umzuschwenken. Hinzu kommt, dass die bereits etablierten Player damit begonnen haben, über Abo-Modelle Nutzer stärker an sich zu binden.

Spin gibt sich vor dem Europastart dennoch optimistisch. „Wir scheuen den Wettbewerb nicht“, sagt Ko. „Die Nachfrage wächst immer noch.“ Gefragt nach Alleinstellungsmerkmalen, spult der Gründer indes Argumente ab, die auch die Konkurrenten vortragen: Man habe besonders langlebige Fahrzeuge, biete ein tolles Nutzererlebnis – und arbeite eng mit Städten zusammen. Erstaunlich wortkarg ist Ko, wenn es um mögliche Synergien mit dem Mutterkonzern geht. Der hatte bei der Übernahme noch mitgeteilt, man ziele auf „nahtlose Transport-Erfahrungen für den modernen Kunden.“ Anknüpfungspunkte zu Angeboten des Mutterkonzerns gäbe es durchaus – denn auch abseits des zugekauften Start-ups probiert sich Ford als Mobilitätsdienstleister: Über eine Kooperation mit der Bahn-Tochter Flinkster bietet der Autobauer etwa in seiner „Fordpass“-App bereits Carsharing an. In Düsseldorf und Köln sponsert Ford zudem – ebenfalls von der Deutschen Bahn betriebene – Leihfahrrad-Flotten. Doch eine Integration mit Spin ist laut Ko nicht geplant.

Weiter sind da schon unabhängige Start-ups, die in den vergangenen Monaten oft die Nähe zu Stadtwerken gesucht haben: So lassen sich die E-Scooter von Circ und Voi – einem Konkurrenten aus Schweden – schon jetzt aus manchen ÖPNV-Apps heraus buchen. Und Tier Mobility versucht sich gerade als erster Anbieter in Deutschland auch an anderen Fahrzeugklassen: 5000 vom eingestellten Bosch-Angebot Coup übernommene E-Mopeds fahren künftig mit grüner Lackierung durch Berlin.

Ladestationen sollen für Ordnung sorgen

Um seinen Startnachteil wettzumachen, setzt Spin darauf, dass mehr und mehr europäische Kommunen die E-Scooter-Flut eindämmen. Die Überlegung: Wenn Stadtverwaltungen die Zahl der Anbieter begrenzen, müssen sich diese um eine Zulassung bewerben. Kommt Spin bei den Ausschreibungen zum Zuge, sieht sich das Unternehmen in der jeweiligen Stadt nur noch wenigen Konkurrenten gegenüber – und hat gute Chancen, von den Kunden wahrgenommen zu werden.

Während in Deutschland die Bürgersteige noch weitgehend allen Anbietern offenstehen, ist die Regulierung europaweit schon weit fortgeschritten. So will Paris nur noch zwei bis drei Anbieter erlauben. Unter den Bewerbern ist Spin. Erfahrungen mit solchen Ausschreibungen hat das Unternehmen im Heimatmarkt gesammelt. So konnte die Ford-Tochter sich beispielsweise in San Francisco eine von vier Lizenzen sichern. „Nachdem in Europa sich die regulatorischen Rahmenbedingungen abzeichnen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für unsere Expansion“, sagt Ko.

Eine ähnliche Strategie fährt auch Hive. Das Joint-Venture der deutschen Autobauer Daimler und BMW ist in Deutschland bisher zwar nicht aktiv, wohl aber im europäischen Ausland. Vergangenen Monat kündigte das Unternehmen seinen Rückzug aus Wien an. Man wolle sich konzentrieren auf „Städte, in denen die örtliche Regulierung eine Begrenzung der Anzahl an Anbietern und Scootern vorsieht“, gab das Unternehmen gegenüber dem ORF an.

Im Wettbewerb um die Gunst der Städte will Spin auch mit neuen Abstell- und Ladestationen punkten. Auch E-Bikes könnten dort einmal Platz finden. Tatsächlich ist das chaotische Abstellen der Fahrzeuge für viele Städte gerade das größte Ärgernis. Berlin brachte deswegen im Februar bereits einen Antrag in den Bundestag ein, der das sogenannte Free-Floating drastisch eingeschränkt hatte. Zwar ist der Vorstoß im Februar zunächst gescheitert. Kommen in diesem Sommer aber Tausende neue Tretroller hinzu, dürfte die Diskussion neu entflammen. Spin wäre mit seinen „Hubs“, die Ko explizit auch für Europa vorsieht, gut gerüstet. In den USA hat die Ford-Tochter schon vorgelegt: Aktuell gibt es dort 40 der Stationen auf privaten Grundstücken in vier Städten – sowie eine auf öffentlichem Grund. Bis zum Jahresende soll die Gesamtzahl auf tausend steigen.

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