Riedls Dax-Radar
Quelle: imago images

Trumps Handelskrieg erwischt die Märkte eiskalt

Konjunkturschwäche, Notenbankprobleme und Trumps Handelskrieg belasten den Dax. Dazu besteht ein Bewertungsdilemma: Gute Aktien sind teuer, billige wenig aussichtsreich. Die Gefahr weiterer Kursrückschläge ist groß.

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Kaum hatten sich die Aktienmärkte von der Enttäuschung erholt, dass die Fed mit ihrem jüngsten Zinsschritt nicht so expansiv war wie gewünscht, funkt der US-Präsident dazwischen. Mit neuen Zöllen entzündet Donald Trump den Konflikt mit dem Rivalen China wieder. An den Aktienmärkten wurden die meisten Anleger davon kalt erwischt. Die Eskalation drückte den Dax am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 12.000 Zählern.

In der Kommentierung der Zinsschritte von Fed-Chef Jerome Powell gab es brisante Erklärungen und Zwischentöne, die auf einen tiefen Konflikt hindeuten. Powell gab indirekt zu verstehen, dass die US-Wirtschaft eigentlich robust sei, jedoch vor allem durch die problematische Zollpolitik von Trump gebremst werde. Genau in diese Kerbe schlägt Trump nun, indem er neue Zölle ankündigt.

Egal, ob wie ernst der Konflikt zwischen Trump und der Fed nun wirklich ist – der Bruch zwischen beiden ist offensichtlich. Formal kann Powell nicht einfach (wie es etwa in der Türkei Staatschef Erdogan mit seinem Notenbankchef gemacht hat) abberufen werden. Doch deshalb ist erst recht mit weiteren Querschüssen von Trump gegen die Fed zu rechnen.

Für die Arbeit der Notenbank ist das eine Hypothek. Die Wirkung geldpolitischer Maßnahmen auf die Wirtschaft ist indirekt und zeigt sich in den realen Zahlen in der Regel erst mit einer Verzögerung von etlichen Monaten. Durch Trump wird diese Wirkung noch untergraben.

Für die Märkte ist das desaströs. Mehr als bei den Aktien zeigt sich das auf den Rohstoffmärkten. Der Ölpreis hat in den vergangenen Tagen einen der stärksten Rückschläge seit Jahren hinnehmen müssen. Obwohl die politische Situation um das große Förderland Iran angespannt ist, steht der Ölmarkt derzeit unter enormen Druck. Kurzfristig können die Notierungen für ein Fass Brent bis auf 60 Dollar abdriften. Wenn sie da nicht halten, was durchaus möglich ist, wäre die nächste Station das Tief vom Dezember, also Preise zwischen 50 und 55 Dollar. Auch der Kupferpreis wackelt und hat Mühe, das wichtige Niveau von 5800 Dollar je Tonne zu verteidigen.

Wenn die zwei wichtigsten Rohstoffkurven, der Preis für Öl und der Preis für Kupfer, schwer angeschlagen sind, ist das ein schlechtes Zeichen für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft.

Siemens, Daimler, BASF – Industrieikonen drücken den Aktienmarkt

Der Dax bekommt das direkt zu spüren – wie die Prognosesenkung von Siemens zeigt, der wichtigste, breit aufgestellte Industriekonzern der deutschen Börse. Dabei sind die bisherigen Zahlen von Siemens gar nicht so schlecht. Was die Anleger derzeit irritiert, sind die eingetrübten Aussichten. Für Siemens ist das umso problematischer, weil der Konzern gerade in einer Restrukturierungsphase steckt und Anleger eigentlich Hoffnung schöpfen wollten.

Daimler hat schon enttäuscht und bietet bisher keine Aussicht auf eine schnelle Wende. BASF wurde in den vergangenen Monaten von der abflauenden Chemiekonjunktur stärker erwischt als erwartet. Siemens schraubt nun seine Prognosen zurück. Das heißt: Die wichtigsten deutschen Industriekonzerne stecken in einer schweren konjunkturellen und strukturellen Krise. Und sogar der Hightech-Konzern SAP, der sich im Cloud-Geschäft vielversprechend entwickelt, ist in den vergangenen Wochen außer Tritt geraten.

Wenn die wichtigsten Industrieunternehmen im Dax in einer problematischen Verfassung sind, ist das eine schwere Hypothek für den Gesamtmarkt. Da hilft es wenig, dass Finanzprimus Allianz gut verdient, zumal auch seine Aktie in der aktuell unsicheren Marktsituation eher verkauft wird.

Die Konjunktur wird sich weiter abschwächen, die Notenbanken stecken in einer schwierigen Lage, die Krisenbranchen schlagen auf den Dax durch, und das Dilemma der Aktienmarktbewertung – gute Aktien sind teuer, billige Aktien wenig aussichtsreich – setzt sich fort. Allein das Risiko eines wieder steigenden Euro besteht derzeit noch nicht. Der Abwärtstrend der EU-Währung gegenüber dem Dollar ist intakt, in den nächsten Monaten wären sogar Kurse um 1,05 Dollar für den Euro möglich. Fragt sich nur, wie lange Trump noch zusieht, dass der Dollar immer stärker wird.

Im Dax hat die Ballung von Risiken tiefe Spuren hinterlassen. Innerhalb einer Woche krachte der Index von 12.470 Punkte auf unter 12.000 Punkte. Der seit Anfang des Jahres bestehende Aufwärtstrend wurde gebrochen, die wichtige Unterstützungszone bei 12.200 Punkten gerissen. Bei 11.640 Punkten verläuft die 200-Tage-Linie, immerhin leicht steigend. Bei 11.700 Punkten liegt das jüngste Tief von Ende Mai. Angesichts der nervösen Märkte ist ein Rückschlag in diesen Bereich kurzfristig durchaus möglich.

Selbst an den US-Märkten werden die Einschläge heftiger. Nach der Fed-Enttäuschung und der Trump-Schelte ist der Dow unter die wichtige Marke von 27.000 Punkten gerauscht. Hier lag das Hoch vom Oktober vergangenen Jahres. Die Heftigkeit der Kursbewegung ist dabei ein Warnsignal. Der Nasdaq 100 hält sich etwas besser, dennoch ist das Scheitern an der 8000er-Hürde kein gutes Zeichen.

Fazit für Anleger: Die Risiken im Dax werden sich nicht von heute auf morgen in Luft auflösen. Die Märkte müssen dies erst verarbeiten. Eine Stabilisierung im Dow Jones um 26.500 Punkte wäre für den Dax eine wichtige Hilfe; darauf jetzt schon zu setzen, ist verfrüht. Die zuletzt hohe Dynamik deutet darauf hin, dass die Börsen wahrscheinlich mehrere Wochen für eine Bodenfindung brauchen. Wer vorsichtig ist, muss nicht vorgreifen.

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