Stelter strategisch

Chips vom Tisch?

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Egal wie die Italiener am Sonntag abstimmen - es wird Zeit, die Risiken zu begrenzen. Die kommenden Wochen könnten eine gute Gelegenheit für vorsichtige Anleger bieten, ihre Chips im Börsenkasino einzusammeln.

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Italienische Euro-Münze Quelle: dpa

Was für eine Zeit! Donald Trump gewinnt die Wahlen, die Engländer stimmen für den Brexit, die Zinsen steigen, obwohl wir das nicht gebrauchen können und am kommenden Wochenende stimmen die Italiener über eine Verfassungsreform ab, die dem Land mehr Stabilität verleihen soll, stattdessen jedoch den Anfang vom Ende des Euro einleiten könnte. Spätestens seit Premier Matteo Renzi sein persönliches politisches Schicksal mit dem Ausgang der Abstimmung verbunden hat, ist das Referendum zu einem Votum über seine Popularität und Italiens Zukunft im Euro geworden.

Italien hat im Euro keine Chance

Meine Meinung zur Zukunft Italiens habe ich an anderer Stelle schon vor Jahren dargelegt: Am vernünftigsten wäre es, wenn Deutschland aus dem Euro austreten würde, bevor Italien es tut. Geschähe dies in einem geordneten Prozess, ließe sich der Schaden nicht verhindern, so doch begrenzen und vor allem gerecht verteilen. Doch das scheint politisch undenkbar, weshalb wir uns auf die Folgen eines chaotischen Endes des Euro einstellen müssen.

Fakten zum Italien-Referendum

Denn – so hart es klingt: Italien hat bei nüchterner Betrachtung keine Chance, innerhalb des Euros wieder wettbewerbsfähig zu werden, die Reste der Industrie im Norden zu retten und die Staatsschulden unter Kontrolle zu bekommen. Zu dieser Erkenntnis gelangen mittlerweile immer mehr Italiener, die in Umfragen nach den Franzosen bereits die größte Skepsis zum Euro und Europa an den Tag legen. Es ist also nicht die Frage „ob“, sondern nur „wann“ es zum Austritt eines Landes aus dem Euro kommt, mit der von den Politikern zu Recht befürchteten Kettenreaktion.

Wie eine solche Paniksituation aussehen könnte, habe ich in dieser Kolumne schon im letzten Jahr skizziert. Die damalige Einschätzung gilt auch heute noch: Was wäre, wenn der Euro platzt?

Daran ändert das Ergebnis der Volksabstimmung nichts. Stimmen die Italiener für die Reform, bedeutet dies nicht, dass der Euro gerettet ist. Stimmen sie dagegen, noch lange nicht, dass schon bald Schluss ist. Egal, ob Renzi dann abtritt oder - wie ich erwarte - doch nicht. Es ist so oder so nur ein Schritt auf einem langen Weg.

Also müssen wir uns als Kapitalanleger auf die Folgen einstellen. Nach dem Brexit Votum fielen die Börsen deutlich, um kurz danach zu steigen; bei der Wahl Donald Trumps fielen sie nur kurz, um dann zu neuen Höhenflügen anzusetzen. Könnte gut sein, dass die Börsen in Europa und der Welt positiv auf eine Niederlage Renzis reagieren würden. Egal, ob er bleibt oder abtritt.

Die Logik der Märkte wäre dann die: Vor die Wahl gestellt, ein Ende des Euro zuzulassen oder die Helikopter der EZB zu nutzen, um Europa mit einem Programm à la Trump zu beglücken, dürfte den Politiker – gerade auch den deutschen, die sich nichts mehr wünschen, als Ruhe vor der Wahl 2017 – die Entscheidung nicht schwer fallen.

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